Bronzezeit-Schatz von Bernstorf:Zu sehr Gold, um wahr zu sein

Goldfund in Bernstorf

Alles echt. Alles original. Zweifellos. Damit dürfte die Debatte um die Bernstorfer Goldfunde endgültig beendet sein.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Goldschatz von Bernstorf soll beweisen: Schon in der Bronzezeit gab es Beziehungen zwischen Bayern und dem Mittelmeerraum. Nun behauptet ein Experte, der Schatz sei eine Fälschung. Das wäre für viele Archäologen ziemlich peinlich.

Von Günther Knoll

Es geht um Gold, um echtes Gold. Und so skurril es klingt: Gerade seine Reinheit soll dieses Gold als Fälschung entlarven. Der Goldfund von Bernstorf bei Kranzberg im Landkreis Freising soll nicht wie bisher angenommen aus prähistorischer Zeit stammen, sondern mit modernen Methoden hergestellt sein. Zu dieser Erkenntnis kommt Ernst Pernicka, Experte für die Herkunftsbestimmung archäologischer Funde. Er gelangt nach exakten wissenschaftlichen Vergleichen mit Gold aus dem alten Ägypten, mit römischen Münzen und mit modernen Goldproben "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" zu dem Schluss: Der Bernstorfer Goldschmuck, eine der Attraktionen in der Archäologischen Staatssammlung in München, ist gefälscht.

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts stieß man auf die Überreste einer größeren prähistorischen Anlage auf dem Bernstorfer Berg bei Kranzberg. 90 Jahre später veranlasste man erste Ausgrabungen. Dabei fand man einen bronzezeitlichen Ringwall aus Holz und Erde, der einem Brand zum Opfer gefallen war. Dieses Befestigungswerk mit knapp 1,65 Kilometern Länge und einer Innenfläche von fast 13 Hektar gilt bisher als die größte Anlage aus der Bronzezeit nördlich der Alpen. Durch Kiesabbau wurde ein großer Teil des geschichtlich bedeutenden Zeugnisses zerstört.

Die Archäologische Staatssammlung kaufte das Gold

Auf einer für die Kiesgewinnung vorbereiteten Fläche entdeckten 1998 Hobbyarchäologen erste Goldbleche in Lehmballen. Archäologen bargen weitere Stücke, schließlich kam ein ganzes Goldschmuckensemble zusammen. Der spektakuläre Fund wurde kulturgeschichtlich in Zusammenhang mit Mykene gebracht, sein Material mit Ägypten. Die Archäologische Staatssammlung kaufte das Gold auf: Es galt als Beleg dafür, dass es schon in prähistorischer Zeit Beziehungen zwischen dem östlichen Mittelmeerraum und Bayern gab.

Den Untersuchungen Ernst Pernickas zufolge ist dieses Gold in seiner Zusammensetzung aber so rein, "wie es nur in moderner Zeit durch Elektrolyse hergestellt wird". Deshalb müsse es sich "um moderne Imitationen" handeln, schreibt er in einem Tagungsband des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle, der am Donnerstag dort vorgestellt wurde. Der Leiter der Staatssammlung in München, Rupert Gebhard, sowie der für die Bernstorfer Grabung verantwortliche Frankfurter Archäologe Rüdiger Krause schreiben in einem eigenen Beitrag für den gleichen Band dagegen, dass diese Goldbleche "entgegen der Zweifel vieler authentische Goldobjekte der Mittleren Bronzezeit" darstellen.

Eine Reinheit, wie sie in der Natur nicht vorkommt

Die Reinheit des Bernstorfer Goldes begründen die Autoren damit, dass bereits in der Antike Gold durch Zementation geläutert wurde. In der chemischen Zusammensetzung ähnele der Fund der Goldverzierung auf dem sogenannten Sarg des Echnaton. Pernicka hat Goldfolien des Sargs und Bernstorfer Proben mit modernen Mitteln wie Laserablation und Massenspektrometer analysiert. Dabei ergab sich für das Bernstorfer Gold mit 99,99 Prozent eine Reinheit, "wie sie in der Natur praktisch nie vorkommt". Damit könne man das Echnaton-Gold nicht als ähnlich bezeichnen, weil dessen Silber- und Kupfergehalte um mehrere Größenordnungen höher lägen. Auch antike römische Münzen wiesen weniger Prozent Goldgehalt auf.

Der promovierte Chemiker und Professor für Archäometrie in Heidelberg folgert: "Solch reines Gold wie das von Bernstorf wird erst seit moderner Zeit hergestellt, und dies durch Elektrolyse." Er habe bereits vor eineinhalb Jahren die Staatssammlung darauf hingewiesen und vorgeschlagen, das Gold etwa bei der Bundesanstalt für Materialprüfung analysieren zu lassen. Bei einer Tagung in München Anfang Oktober habe es nun auch fundierte Zweifel an der Echtheit des ebenfalls in Bernstorf gefundenen Bernsteins sowie am Alter der Sedimentummantelung der Funde gegeben. Das mache ihn sicher in seiner Aussage, sagt Pernicka.

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