Alpina B4 Biturbo Coupé Allrad im Test:BMW im Sonntagsanzug

Veredler Alpina verpasst BMW-Modellen neben neuen Motoren auch einen eigenen Charme. Der B4 Biturbo wird dadurch kein völlig anderes Auto als sein Großserien-Bruder 435i. Aber ein deutlich besseres.

Von Thomas Harloff

Wenn ein Autohersteller das Besetzen kleinster Marktnischen perfektioniert hat, dann ist das BMW. Nach Ansicht der Münchner haben massige SUV-Coupés ebenso eine Daseinsberechtigung wie viertürige Coupés oder pummelige Fließheck-Limousinen. Das alles gibt es mit starken oder nicht ganz so starken Motoren, als Diesel und Benziner, auf edel und luxuriös getrimmt oder nachbehandelt im hauseigenen Fitnessstudio für Automobile, der M GmbH.

BMW Alpina B4 Biturbo Coupé Allrad

Das Alpina B4 Biturbo Coupé kostet mindestens 68 600 Euro. Die getestete Allradversion ist 2900 Euro teurer.

(Foto: Thomas Harloff)

Trotz dieses Eifers, etwaige Lücken im eigenen Modellprogramm zu stopfen, bleibt genug Platz für Alpina. Die Firma aus dem Ostallgäu, seit 1983 selbst als Autohersteller beim Kraftfahrtbundesamt registriert, kultiviert BMWs Großserienflotte seit den Siebzigerjahren zu automobilen Eigenkreationen - stets mit subtilen Designretuschen. Trägt ein BMW die charakteristischen 20-Speichen-Felgen sowie Spoiler an Front und Heck, wurde er vorher im Ostallgäu weitreichend überarbeitet.

Altmodisch oder traditionsbewusst?

Auch das neueste Modell aus Buchloe, der B4 Biturbo, schmückt sich mit diesen Extras. Dazu dunkelblauer Lack und Dekorstreifen samt Schriftzügen als weitere Alpina-Kennzeichen. Es ist ein Outfit, an dem sich die Geister scheiden. Manche halten einen so eingekleideten BMW für aus der Zeit gefallen, nennen ihn gar schrullig und fragen sich, warum Bovensiepens Designer moderne Technik so altmodisch verpacken. Andere schätzen gerade das Traditionsbewusste am Alpina-Design - und so bleibt die Optik, wie so oft, eine Frage des Geschmacks.

Der Innenraum des Alpina B4 Biturbo Coupés.

Teures Leder, Teppiche, Einstiegsleisten und weitere Details: Den BMW-Innenraum ändert Alpina eher subtil.

(Foto: Thomas Harloff)

Verhehlen will der B4 seine Großserienherkunft nicht. Beispiel Innenraum: Natürlich gibt es überall Alpina-Embleme, die mindestens 5800 Euro teure Lederausstattung, einige Detailänderungen und eine neue Anzeige, die Auskunft über Motordaten und Fahrleistungen gibt. Design und Bedienkonzept unterscheiden sich darüber hinaus nicht vom normalen 4er, was praktische Vorteile hat, aber eben das typische BMW-Ambiente verbreitet.

Feintuning am Motor

Wichtiger als die optischen sind bei einem Alpina aber die technischen Feinheiten - vor allem beim Motor. Sechs Zylinder in Reihe, 2979 Kubikzentimeter Hubraum, zwei Turbolader: Trotz gleicher technischer Eckdaten kommt im B4 nicht etwa ein etwas gedrosselter BMW-M4-Motor zum Einsatz, sondern das Triebwerk des 435i. Der wird im Normalzustand von nur einem Turbo unter Druck gesetzt und unterscheidet sich im Kurbelgehäuse, Ansaugtrakt und in vielen weiteren Details vom Alpina-Motor.

Das Resultat des Feintunings sind 410 PS - 21 weniger als im M4, aber 104 mehr als im 435i. Beim Drehmoment führt der Alpina die leistungsstarke 4er-Riege sogar an. Maximal 600 Newtonmeter sind 50 mehr, als der M4 bietet, und gar 200 mehr als beim gewiss nicht schwächlichen 435i.

Mehr als 90 Prozent dieser Kraft stehen zwischen 2000 und 5000 Umdrehungen zur Verfügung. Das sorgt dafür, dass der B4 im mittleren Drehzahlbereich marschiert. Und marschiert. Und marschiert. Das Coupé beschleunigt beim Tritt auf das Gaspedal verzögerungslos und mit einer Vehemenz, die einen zweifeln lassen, ob da wirklich ein Motor mit nur drei Litern Hubraum am Werk ist. Wenn gewünscht, zieht der B4 bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 303 km/h durch.

Perfekt für die Autobahn

Der Motor des Alpina B4 Biturbo Coupés.

Der Sechszylinder-Biturbomotor des Alpina B4 leistet 410 PS. Das maximale Drehmoment liegt bei 600 Nm.

(Foto: Thomas Harloff)

Andere Motoren oder Abgasanlagen würden eine solche Demonstration der Stärke mit einem wilden Getöse untermalen und alles um sich herum niederbrüllen. Nicht so der Alpina, dessen Auspuff zwar dumpf und basslastig klingt, aber selbst im Sportmodus auf jegliches akustisches Drama verzichtet. Seine entspannte Art macht den Alpina zu einem tollen Autobahnauto. Das liegt auch am Fahrwerk. Bei hohem Tempo bringen den B4 selbst grobe Unebenheiten oder Querfugen nicht aus dem Tritt.

Für Sicherheit, vor allem, wenn es rutschig wird, sorgen die Michelin-Sportreifen in Zusammenarbeit mit dem 2900 Euro teuren Allradantrieb. Das Plus an Traktion ist jedoch nicht nur bei Nässe oder beim Beschleunigen aus dem Stand (von Null auf Hundert spurtet der Alpina in vier Sekunden) spürbar. Am Ausgang schnell gefahrener Kurven, wo hinterradgetriebene BMWs gerne mit dem Heck nach außen drängen, nimmt der Allrad-B4 ohne Sperenzchen Tempo für die nächste Kurve auf.

Tolle Automatik mit fummeligen Schalttasten

Den richtigen Gang findet das Achtgang-Getriebe bei derlei Spielchen automatisch und dank neuer Abstimmung in wenigen Millisekunden. Trotz superschneller Schaltzeiten im Sportmodus wechselt die ZF-Automatik die Fahrstufen sanft und verschliffen. Auch im manuellen Modus bleiben Schaltrucke aus. Wer selbst schalten möchte, wird sich eher über die nicht vorhandenen Schaltwippen wundern. Stattdessen müssen kleine Tasten an der Rückseite des Lenkrads erfühlt werden, die beim Gangwechsel nicht die gewohnte haptische Rückmeldung eines Schaltpaddels bieten und deshalb nicht die Optimallösung sind.

BMW Alpina B4 Biturbo Coupé Allrad.

Spoiler, Streifen, blauer Lack, 20-Speichen-Räder und vier Auspuff-Endrohre: typische Insignien eines Alpina.

(Foto: Thomas Harloff)

Apropos Rückmeldung: Die variabel übersetzte Lenkung informiert den Fahrer stets ausführlich über das Gripniveau der Fahrbahn. Auch beim Einlenkverhalten ist der B4 besser als sein Basismodell, der BMW 435i. Alpina hat die Radaufhängungen leicht verändert, was sich durch eine fast verzögerungsfreie Reaktion der Vorderräder auf Lenkbefehle bemerkbar macht. Das ist keineswegs selbstverständlich für ein knapp 1,7 Tonnen schweres Auto und auch nicht davon abhängig, ob der Fahrer sein Auto per Knopfdruck eher bequem oder sportlich abgestimmt hat. Dank verstellbarer Dämpfer beherrscht der B4 nämlich auch die sanfte Gangart und federt im entsprechenden Modus recht komfortabel.

Fast so teuer wie der BMW M4

Der Alpina B4 Biturbo ist - gerade mit Allradantrieb - ein dynamisches Coupé mit entspannter Grundhaltung, das in sich ruht und sehr alltagstauglich ist. Ein echter Allrounder, dessen Motor die Euro-6-Norm erreicht und der mit 11,5 Litern Durchschnittsverbrauch zwar nicht gerade sparsam, aber gewiss kein Spritvernichter ist.

Für das stimmige Gesamtkonzept fordert Alpina aber einen hohen Preis. Mit 71 500 Euro ist der Allrad-B4 19 000 Euro teurer als ein BMW 435i mit Allradantrieb und Achtgang-Automatik und nur 4600 Euro günstiger als der - freilich nur hinterradgetriebene - M4. Und es ist nicht so, dass man nicht noch viel Geld in Sonderausstattungen investieren könnte, etwa 2180 Euro für eine Lackierung, die über das Standard-BMW-Angebot hinausgeht, 3100 Euro für das große Navigationspaket oder 10 400 Euro für die Leder-Komplettausstattung. Es ist ganz schön teuer, das gewisse Etwas.

Technische Daten Alpina B4 Biturbo Coupé Allrad:

R6-Benzinmotor mit 3,0 Litern Hubraum und Bi-Turboaufladung; Leistung 301kW (410 PS); max. Drehmoment: 600 Nm bei 3000 - 4000/min; Leergewicht: 1680 kg; Kofferraum: 445 l; 0 - 100 km/h: 4,0 s; Vmax: 303 km/h; Testverbrauch: 11,5 l / 100 km (lt. Werk: 7,9; CO2-Ausstoß: 183 g/km); Euro 6; Grundpreis: 71 500 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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