Eichenau:Teurer Wohnraum

Im Eichenauer Libellenweg sind die Anwohner nicht gut auf einen Münchner Bauunternehmer zu sprechen. Er vermietet Einzimmer-Apartments an vierköpfige Familien. Die Gemeinde möchte das nun unterbinden

Von Markus Mayr, Eichenau

Herbstlich eingefärbt liegen die Gärten am Libellenweg in Eichenau. Eine Handvoll Wohnhäuser fügen sich zusammen zu einer beschaulichen Siedlung. Doch der idyllische Schein trügt. Ein Konflikt schwelt in der Siedlung, der über die üblichen Zankereien zwischen Mietern und Vermietern hinausgeht. Er hat die Gemüter der Anwohner erhitzt, auch im Rathaus und Landratsamt ist man verärgert.

Der Münchner Bauunternehmer Georg Rank vermietet im Libellenweg vier Doppelhaushälften - nicht an jeweils eine Familie, sondern an mehrere Parteien: Apartments, Zimmer und Betten. Erst vergangenes Jahr hat er eines der Doppelhäuser fertig gebaut. Darin wohnen heute rund 20 Menschen, wobei noch nicht alle Räume belegt sind. In einem örtlichen Anzeigenblatt bewirbt der 75-Jährige weitere "Schlafplätze in Räumen mit 2 und 4 Plätzen" und möblierte "Zimmer" und "Apartments". In einer der beiden älteren Haushälften leben derzeit acht Menschen. Anwohner und Gemeinde finden, die Häuser - und damit die Siedlung - seien heillos überbelegt. Sie führen an, dass es gar nicht genügend Stellplätze für so viele Autos gebe. Rank hält dagegen und verweist auf einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe.

Um die Ranksche Vermietpraxis zu unterbinden, hat der Gemeinderat kürzlich einstimmig beschlossen, den Bebauungsplan des Wohngebiets so zu ändern, dass nur noch eine Wohneinheit pro Doppelhaushälfte zulässig ist. Derzeit sind es in Ranks Hälften im Höchstfall sechs, über zwei Stockwerke verteilt. Den Anwohnern kommt der Beschluss sehr gelegen. "Das ist nicht mehr das Wohngebiet, das wir uns vor zehn Jahren ausgesucht haben", beklagt Teresa Rodriguez. Anfang Mai gab es einen Drogentoten in der Siedlung. Die Olchinger Polizei ermittelt in anderen Fällen wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruch.

Eichenau: Ein Zimmer für eine Familie bietet ein Vermieter in Eichenau an. Der Quadratmeterpreis inklusive Nebenkosten liegt bei 24 Euro.

Ein Zimmer für eine Familie bietet ein Vermieter in Eichenau an. Der Quadratmeterpreis inklusive Nebenkosten liegt bei 24 Euro.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Rodriguez und ein anderer Anwohner sagen, sie hätten nichts gegen die Nachbarn, die Anzahl sei ein Problem. Und der "Gutsherr" selbst, wie der 48-Jährige den Vermieter nennt. Wenn Rank in die Siedlung komme, werde es häufig laut, erzählen die beiden Anwohner. Diskriminierende Äußerungen gegenüber seinen ausländischen Mietern würden fallen. Rank hingegen sagt von sich selbst, er sei "doch kein Ganove" und verliert seinerseits unschöne Worte über Anwohner und Gemeinde. "Wohnen bleibt wohnen", findet er. Die Leute hätten keinen Grund, sich aufzuregen.

Im September 2012 haben sich die Familie Rodriguez und vier weitere Familien aus der Nachbarschaft zusammengeschlossen und sich bei Bürgermeister Hubert Jung (CSU) über ein Bauvorhaben des Unternehmers beschwert: das mittlerweile fertige Doppelhaus. Ein "Seniorenwohnheim mit zwölf Apartments" habe er bauen wollen. Das geht aus einem Protokoll eines Prozesses hervor, den Rodriguez gegen Rank beim Amtsgericht Fürstenfeldbruck geführt hat. Später habe er das immer wieder abgestritten, erzählt sie. Bürgermeister Hubert Jung habe den erzürnten Nachbarn zugesichert, gegen das Wohnheim vorzugehen. Im Juli 2014 gab es dann ein Krisentreffen zwischen den Anwohnern und dem Bürgermeister sowie Landrat Thomas Karmasin (CSU) und Vertretern des Kreisbauamts. Sie möchten "baurechtlich wieder ordnungsgemäße Zustände" herstellen, sagte Sandra Ellmayer vom Bauamt. Wegen des Datenschutzes sagt niemand aus dem Landratsamt mehr zu dem laufenden Verfahren.

Eichenau: Die nun verhüllte Garage sollte zur Wohnung werden.

Die nun verhüllte Garage sollte zur Wohnung werden.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Rank selbst fühlt sich seit Beginn der siebenjährigen Bauzeit und darüber hinaus zu Unrecht von den Behörden belästigt. Doch zeigt sein unzulässiger Garagenumbau in Wohnraum, dass er dazu neigt, sich über Regeln hinwegzusetzen. Das Landratsamt stellte diesen Bau im Frühjahr ein. Die Garage wurde versiegelt.

Die Apartments im neuen Doppelhaus sind laut Rank alle etwa 25 Quadratmeter groß, einschließlich Balkon. Sie haben keine eigene Toilette, zuweilen eine Dusche. Eines dieser Zimmer teilt sich eine pakistanische Familie mit zwei kleinen Töchtern. Vor zwei Monaten haben sie noch beengter im Keller des Hauses gewohnt. Als er bemerkt habe, erzählt Rank, dass der Pakistaner nicht alleine im Keller wohne, habe er der Familie das Apartment im Erdgeschoss besorgt. "Hätte ich die etwa rausschmeißen sollen?", fragt der Baumeister. Er nehme halt ärmere Leute auf, die sich kein ganzes Haus leisten könnten, erklärt er. Weil die Familie nichts Angemesseneres findet, wohnt sie dort jetzt für 600 Euro, inklusive Nebenkosten.

Einerseits scheinen Ranks Mieter froh zu sein, überhaupt eine Bleibe gefunden zu haben. Andererseits schimpfen sie hinter vorgehaltener Hand über ihn. "Mit ihm kann man nicht reden", sagt ein Bewohner einer älteren Haushälfte. Rank habe ihm den Wasserschaden einer kaputten Waschmaschine anhängen wollen. Ein Anwalt konnte Abhilfe schaffen. Zudem sei das in etwa 20 Jahre alte Haus "eine Katastrophe". Häufig falle wegen der vielen Verbraucher der Strom aus. Er habe die tropfende Spüle selbst reparieren müssen. Nach eigenen Angaben zahlt er 570 Euro für zwölf Quadratmeter. Viele Mieter habe er kommen und gehen sehen.

Offenbar ist auch einer seiner Bauhelfer nicht so gut auf Rank zu sprechen. Er hat sich Lohn in Höhe von 2800 Euro vor Gericht erstritten.

Sobald wird der Konflikt in der Eichenauer Siedlung wohl nicht beigelegt sein. "All das wird uns Zeit und Geld kosten", sagt Anwohnerin Rodriguez. Die Fronten sind verhärtet. Die Konfliktparteien befinden sich in einer Sackgasse, wie der Weg dort selbst eine ist.

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