Wechsel an der NPD-Spitze:Apfels Geist kehrt zurück

  • Udo Pastörs wird als Parteichef zurücktreten - sein Favorit ist Frank Franz. Doch der bisherige NPD-Pressesprecher ist Hardlinern zu glatt.
  • Franz will die Linie des ehemaligen Parteichefs Holger Apfel weiterführen.

Von Antonie Rietzschel, Schwerin

Udo Pastörs ist voller Hass. Wenn er im Schweriner Landtag spricht, brüllt er sich regelmäßig in Rage und provoziert die Landtagspräsidentin. Bei der Parlamentssitzung Mitte September sprach er im Zusammenhang mit Schwulen und Lesben von "ekelhafter Jauche". Allein in dieser Sitzung bekam Pastörs drei Ordnungsrufe. Später wurde ihm das Wort entzogen und er musste später den Saal verlassen (der komplette Bericht der Sitzung).

Pastörs ist extrem. Einige seiner früheren Äußerungen sind Bestandteil des aktuellen NPD-Verbotsantrages. Mehrmals hob der Landtag wegen strafrechtlicher Ermittlungen Pastörs Immunität auf. Mit harter Hand wollte er die NPD führen, als er nach dem Rücktritt Holger Apfels im Dezember 2013 Anfang 2014 den Posten als Parteichef übernahm.

Es sah nach einem Richtungswechsel aus, denn Pastörs und seine NPD in Mecklenburg-Vorpommern haben sich nie an die von Apfel verordnete "seriöse Radikalität" gehalten. Fast ein Jahr später sieht es für die Rechtsausleger nicht gut aus: Die NPD ist bei den Landtagswahlen in Sachsen aus dem Parlament geflogen, in Thüringen und Brandenburg fuhr sie schlechte Ergebnisse ein. Der Vorstand stritt öffentlich über die Mitgliedschaft einer Ex-Pornodarstellerin. Auch finanziell gilt die Partei als schwer angeschlagen.

Abtritt Pastörs

Wer vor dem anstehenden Bundesparteitag am 1. und 2. November im baden-württembergischen Weinheim den Noch-Parteichef nach der Stimmung unter den Anhängern fragt, bekommt durchaus selbstkritische Antworten: "Ich würde jetzt nicht sagen, dass Aufbruchsstimmung herrscht." Pastörs sitzt zwei Wochen vor dem Parteitag in seinem Abgeordnetenbüro im Schweriner Schloss. Die NPD-Fraktion hockt hier unterm Dach und ist nur über eine steile Treppe zu erreichen.

Auf einem Schränkchen im Büro des 62-Jährigen stehen Fotos von Pastörs Familie. Seine Tochter züchtet Pferde. Der Fraktionsvorsitzende blüht regelrecht auf, wenn er über die gute Blutlinie der Tiere spricht.

Pastörs will sich auf dem Bundesparteitag als NPD-Chef zurückziehen. Er sei auch nicht mehr der Jüngste und wolle mehr Zeit mit seiner Frau verbringen, sagt er. Zudem müsse er sich wieder mehr um die Parteiarbeit in Mecklenburg-Vorpommern kümmern.

Konzentration auf Mecklenburg-Vorpommern

Pastörs hat gemeinsam mit dem Landesvorsitzenden Stefan Köster feste Strukturen in dem Bundesland aufgebaut. Die Partei arbeitet mit Neonazi-Organisationen zusammen. Im Gegensatz zur früheren sächsischen Landtagsfraktion gab es in Mecklenburg-Vorpommern kaum Personalwechsel und auch keine öffentlich ausgetragenen Streitereien. Im Nordosten blieb die NPD vom Verfall der Bundespartei verschont. All die Jahre hat niemand öffentlich Kritik an Pastörs oder Köster geäußert. "Bei uns gibt es keine Kasperei", sagt der Fraktionsvorsitzende.

In zwei Jahren sind in Mecklenburg-Vorpommern Landtagswahlen. Pastörs und Köster wollen dafür sorgen, dass sie hier nicht dasselbe Schicksal ereilt wie in Sachsen und dass die Alternative für Deutschland ihnen nicht wieder entscheidende Stimmen wegschnappt.

Um die Nachfolge Pastörs in der Bundespartei gab es natürlich schon im Vorfeld Streit. Die verschiedenen Lager benannten ihre Favoriten. Der alte Rivale Udo Voigt machte Stimmung gegen Pastörs Vorschlag: Frank Franz, bisheriger Pressesprecher der NPD. "Mit der richtigen Mannschaft kann er gute Arbeit leisten", sagt der Noch-Parteichef. Sein Landesverband habe Franz für den Posten vorgeschlagen. "Wir machen zehn Prozent der Delegierten aus. Auf dem Bundesparteitag werden wir diese Macht auch nutzen", fügt Stefan Köster hinzu.

Umstrittene Kandidatur von Frank Franz

Dass ausgerechnet die als radikal geltenden Norddeutschen Franz als Richtigen sehen, ist eine Überraschung. Auch als Pressesprecher der Partei blieb er in den vergangenen Jahren vor allem im Hintergrund. Als er seine Kandidatur verkündete, erklärte Franz außerdem: Er wolle den Kurs von Holger Apfel weiterführen. "Seriöse Radikalität" - das past zu dem Mann, der sich gerne in Modelpose ablichten lässt, im Anzug mit Einstecktuch. Doch eigentlich widerspricht das der Pastörs-Linie.

So passt manchen Hardlinern in der Partei diese Option gar nicht. Der Hamburger Landesvorsitzende und bekennende Nationalsozialist Thomas Wulff erklärte in einem Schreiben, Franz sei nicht "Teil der Bewegung", drohte gar mit Spaltung. Derzeit läuft gegen ihn ein Parteiausschlussverfahren. Und auch Ex-Parteichef Udo Voigt (von 1996 bis 2011), der für die NPD im EU-Parlament sitzt und noch immer viele Anhänger in der Partei hat, dürfte die Wahl von Frank Franz nicht passen. Schließlich hatte er Voigt wiederholt beleidigt.

Bei der Frage, warum Pastörs jetzt ausgerechnet in Franz den richtigen Mann sieht, muss der lange überlegen. Dann sagt er: "Die Jungen müssen jetzt ran." Ihm gefalle auch das Familienbild des 35-Jährigen. Klingt nicht gerade überzeugend. Trotzdem will Pastörs der NPD unbedingt seinen Willen aufzwingen, selbst wenn das die Partei endgültig zu spalten droht. Sollte eine kleine Minderheit Stimmung machen, sagt er, sei er zu allem bereit. Doch er schweigt darüber, was das genau heißen soll.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: