Krise beim BVB:"Die schwierigste Phase, die ich hier jemals mitgemacht habe"

Shinji Kagawa, Borussia Dortmund, Bundesliga

In den entscheidenden Momenten nicht konsequent genug: Dortmunds Shinji Kagawa (re.)

(Foto: Sascha Schürmann/AFP)

"200 Ecken und 100 Freistöße", aber kein Tor: Borussia Dortmund gibt sich nach der Niederlage gegen Hannover 96 kämpferisch - und wirkt gleichzeitig zunehmend ratlos.

Mats Hummels fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht, und wenn sich Mats Hummels mit der Hand durch das Gesicht fährt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er mit den Fingern ein paar Barthaare erwischt, die dort eben in den unterschiedlichsten Haarlängen sprießen (am Kinn etwas länger, an den Wangen kürzer). Mats Hummels sah also sehr nachdenklich aus, in diesem Moment, in dem er die im Laufe der Jahrhunderte bewährte Denkerpose der Antike vortrefflich nachahmte.

Und der Dortmunder Kapitän hatte ja allen Grund zur trüben Tiefsinnigkeit, nach diesem 0:1 gegen Hannover 96 am Samstag, die seinen Verein nun noch tiefer in die Krisenregion der Bundesliga spülen wird. "Tja", sagte Hummels also, während er seine Stoppeln massierte, "das war heute so ein Spiel: Wenn wir unsere Chancen nutzen, dann gewinnen wir 3:0." Dann hielt Hummels kurz inne, ehe er ergänzte: "Das war heute schon bescheiden!" Wobei er das "bescheiden" als bewährtes Tarnwort für eine wesentlich drastischere Vokabel nutzte.

Dass Dortmund kein Tor schaffte, lag vor allem an Zieler

Erstmals seit 14 Jahren hat die von Jürgen Klopp trainierte Borussia nun vier Liga-Spiele in Serie verloren, und, womöglich noch schlimmer, schon in vier Partien in der Bundesliga nicht einmal ein Tor geschossen. Dementsprechend war es an Hannovers Schlussmann Ron-Robert Zieler, diesen historischen Tag entsprechend zu würdigen: "Bin schon so oft hier gewesen", sagte Zieler, "aber zur Null hat es noch nie gereicht. Tolles Gefühl!"

Dass sie Null am Ende Bestand hatte, das lag vor allem am überragenden Zieler, denn selbstverständlich war sie jedenfalls nicht. Auch der ehemalige Dortmunder Leonardo Bittencourt, der inzwischen in Hannover angestellt ist, wunderte sich über das Ergebnis. Schließlich habe Dortmund "200 Ecken und 100 Freistöße" getreten, wobei Bittencourt die Realität nur marginal überzeichnete.

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Jürgen Klopp, nicht nur in Bart-Fragen ein Vorbild für Hummels, zeigte freilich auf der Pressekonferenz ebenfalls einige nachdenkliche Gesten. "Wir waren in den entscheidenden Momenten wieder einmal nicht konsequent genug", sagte er, und versprach: "Wir werden weiterkämpfen. Wir haben vier, fünf hundertprozentige Chancen herausgespielt, aber nichts daraus gemacht. Wir müssen uns belohnen, aber das tun wir nicht."

Zumindest seit einigen Spielen in der Bundesliga inzwischen nicht. In der Champions League fühlt sich die Borussia ja nach wie vor rundum wohl, drei Tage zuvor gewann sie 4:0 bei Galatasaray Istanbul. "So wie wir uns jetzt fühlen, das ist natürlich das Allerletzte, was man haben will", sagte Klopp. "Das zu ändern, liegt nur in unserer Hand, dabei kann uns jetzt keiner helfen. Das ist schwierig, aber wir müssen jetzt weitermachen."

Und wie sprach Hummels noch? "Das ist die schwierigste Phase, die ich hier jemals mitgemacht habe. Daran kann man aber auch wachsen", sagte er, und fast wollte man ihm das glauben. Als er sich so strich über die Haare, die ja auch noch wachsen.

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