Kampf gegen Ebola:Experten warnen vor Aktionismus

Ebola-Screening am Flughafen

Willkommen in Chicago: Am internationalen Flughafen werden Passagiere auf eine mögliche Ebola-Erkrankung hin überprüft.

(Foto: dpa)
  • Das Robert-Koch-Institut warnt vor Aktionismus. Zusätzliche Sicherheitskontrollen an Flughäfen seien nicht sinnvoll.
  • New York, New Jersey und Illinois sehen das anders: Nach der Erkrankung eines Arztes in den USA haben die beiden Bundesstaaten ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Wer in Westafrika mit Ebola-Patienten in Kontakt gekommen ist, muss automatisch 21 Tage in Quarantäne.
  • Die Weltgesundheitsorganisation hat inzwischen mehr als 10 000 Ebola-Fälle registriert. 4922 Menschen sind an der Seuche gestorben.
  • Das afrikanische Land Mali meldet den ersten Todesfall.
  • Einem Bericht der Rheinischen Post zufolgen bekommt Deutschland zwei weitere Ebola-Labore.

Robert-Koch-Institut warnt vor Aktionismus

Zusätzliche Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen im Kampf gegen eine Ausbreitung der Ebola-Epidemie sind nach Ansicht von Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) nicht sinnvoll. Bei allen Reisenden die Körpertemperatur zu messen, gleiche der Suche nach der Nadel im Heuhaufen, sagte RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher im Interview mit dem Sender WDR 5. "Es gibt keine guten Daten, die belegen würden, dass das mehr als Aktionismus ist." Außerdem seien die Messungen alles andere als zuverlässig.

Das RKI geht zudem nach Angaben seiner Sprecherin davon aus, dass es in Deutschland höchstens einzelne Ebola-Fälle geben wird. Die Infektion sei nur übertragbar durch direkten Kontakt zu Körperflüssigkeiten, "also man muss jemanden schon wirklich anfassen und derjenige muss auch sichtbar erkrankt sein". Deutschland sei im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt, um diese einzelnen Patienten schnell zu behandeln.

SPD fordert Quarantäne für Ebola-Helfer

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Hilde Mattheis, sprach sich derweil für Quarantänemaßnahmen für Ärzte und Krankenschwestern aus, die in Westafrika gegen die Ebola-Epidemie im Einsatz waren. Die zurückkehrenden Helfer sollten die Möglichkeit haben, "sich und andere zu schützen" - etwa dadurch, dass sie "nicht unmittelbar nach ihrem Einsatz wieder voll am gesellschaftlichen Leben teilnehmen", sagte Mattheis der Rheinischen Post. Sollte es notwendig sein, müsse diese Zeit bis zu 21 Tage dauern.

Je mehr Helfer nach Westafrika reisten, "desto höher ist dann natürlich auch das Risiko von Infektionen durch Heimkehrer", warnte Mattheis. Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes haben sich hierzulande bislang erst etwa 200 geeignete Helfer gefunden, weitere Freiwillige werden gesucht.

New York, New Jersey und Illinois verschärfen Sicherheitsvorkehrungen

Nach dem ersten Ebola-Fall in der US-Metropole New York haben zwei US-Bundesstaaten ihre Sicherheits-Bestimmungen verschärft. Künftig müsste medizinisches Personal, das aus den Ebola-Gebieten in Westafrika über den New Yorker Flughafen John F. Kennedy oder Newark in New Jersey in die USA zurückkehrt, automatisch für 21 Tage in Quarantäne, erklärten die Gouverneure von New York und New Jersey, Andrew Cuomo und Chris Christie, in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Auch alle Personen, die Kontakt zu einem Ebola-Infizierten hatten, sollen für diesen Zeitraum isoliert werden. Die Inkubationszeit für Ebola beträgt bis zu 21 Tage. Auch die US-Regierung erwägt einem Insider zufolge einen solchen Schritt.

"Freiwillige Quarantäne ist ein Widerspruch in sich", sagte Cuomo. "Und wir haben gesehen, was passiert. Man fährt mit der U-Bahn. Man fährt mit dem Bus. Hunderte über Hunderte könnten angesteckt werden." Zuvor hatte er noch ebenso wie der New Yorker Bürgermeister versucht, die Ängste der Bürger zu zerstreuen. Es gebe keinen Grund zur Sorge.

Quarantäne auch in Illinois

Auch der US-Bundesstaat Illionois schloss sich wenig später der Quarantäne-Regelung an: Wie Gouverneur Pat Quinn bekanntgab, werden auch hier Ebola-Helfer bei der Rückkehr aus dem Seuchengebiet automatisch 21 Tage lang isoliert.

Am Donnerstag war ein 33-jähriger Mediziner, der für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in Guinea Ebola-Kranke behandelt hatte, positiv auf die lebensgefährliche Krankheit getestet worden. Er wurde in eine Isolierstation des Bellevue Hospital gebracht. Zuvor war bekanntgeworden, dass der infizierte Arzt seit seiner Rückkehr aus Westafrika am 17. Oktoberin der U-Bahn unterwegs gewesen war, Taxi gefahren ist und eine Bowlingbahn besucht hatte.

Die Vereinigten Staaten hatten aus Furcht vor einer Ausbreitung der Ebola-Epidemie bereits die Einreisebestimmungen für Flugpassagiere aus besonders stark betroffenen Ländern in Westafrika - Liberia, Guinea und Sierra Leone - verschärft. Sie dürfen nur noch über fünf große Flughäfen in den USA einreisen. Dort werden sie auf Anzeichen der Krankheit untersucht.

WHO registriert mehr als 10 000 Krankheitsfälle

Die Zahl der registrierten Ebola-Fälle hat inzwischen 10 000 überschritten. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind insgesamt 10 141 Menschen an der Seuche erkrankt, 4922 davon sind gestorben. Experten gehen weiterhin von einer hohen Dunkelziffer aus. Zudem liegen der WHO für Liberia seit mehreren Tagen keine aktualisierten Daten vor. In Sierra Leone ist die Zahl der Ebola-Fälle innerhalb von drei Tagen um fast 200 auf 3896 gestiegen.

Zweijähriges Mädchen stirbt in Mali

Ein mit Ebola infiziertes Kleinkind in Mali ist gestorben. Es war am Mittwoch in ein Krankenhaus in der Stadt Kayes gebracht worden, am Donnerstag stand nach offiziellen Angaben der Befund fest. Wenig später starb das Kind. Im selben Krankenhaus wurden Verwandte und andere Kontaktpersonen unter Quarantäne gestellt. Das Mädchen war nach Medienberichten zuvor im Nachbarland Guinea gewesen, das stark von der Seuche betroffen ist. Die Eltern waren beide an Ebola gestorben; die Großmutter brachte die Kleine nach Mali. Gesundheitsminister Ousmane Kone rief die Bevölkerung der Region auf, nicht in Panik zu verfallen und auf die Einhaltung strikter Hygienemaßnahmen zu achten. Das westafrikanische Mali ist bitterarm und verfügt nur über ein marodes Gesundheitssystem.

Deutschland bekommt zwei weitere Ebola-Labore

In Deutschland wird es bald mehr Speziallabore geben, in denen Ebola-Blutproben analysiert werden können. Das teilte Stephan Becker, Virologe an der Uniklinik Marburg und Leiter des dortigen Ebola-Labors, in einem Gespräch mit Rheinischen Post mit. Kurz vor der Eröffnung stünden Labore im Berliner Robert-Koch-Institut und im Friedrich-Löffler-Institut, das seinen Hauptsitz auf der Ostseeinsel Riems hat; damit gäbe es vier sogenannte S4-Labore in Deutschland - alle im Nordosten des Landes.

Unter Virologen sorgt diese geografische Konstellation für Uneinigkeit. Jörg Timm, leitender Virologe an der Uniklinik Düsseldorf, sagt: "Sollte sichdie Zahl der Ebola-Verdachtsfälle in Deutschland häufen, könnte eine Dezentralisierung der Diagnostik sinnvoll sein." Momentan ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass bei jedem Ebola-Verdacht die Laborproben nach Hamburg oder Marburg gehen. Becker hingegen erklärt: "Weitere Laboratorien sind nicht erforderlich."

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