Stefan Mappus:Nicht zu beweisen

Stefan Mappus hatte vor zwei Jahren die Staatsanwaltschaft im Haus - nun gibt es nicht einmal einen Prozess. Die Ermittlungen sind eingestellt.

Von Max Hägler, Josef Kelnberger, Stuttgart

An einem Julitag vor gut zwei Jahren wirkte es beinahe so, als würde Stefan Mappus bald ins Gefängnis kommen. Kriminalbeamte trugen in Koffern und Rucksäcken Akten aus dem Haus des Ex-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. Das mannshohe Stahlgitter vor seinem Flachbau samt Videosprechanlage bot ihm keinen Schutz: Die Staatsanwaltschaft durchsuchte sein Wohnhaus in Pforzheim wegen des Verdachts der Untreue. Strafermittler bei einem ehemaligen Ministerpräsidenten - wann gab's das schon einmal? "Es ist eine brutale Bremsspur", sagte Mappus damals der Süddeutschen Zeitung - mit Blick auf seine Abwahl im Jahr zuvor und die scharfen Vorwürfe.

Nun aber wird es nicht einmal einen Gerichtsprozess geben in der Causa. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat die Ermittlungen am Mittwoch eingestellt.

Die CDU-Spitze reagiert auf die Entlastung des früheren Parteichefs erstaunlich kühl

Der Vorwurf der Untreue kam bald auf, nachdem Mappus am 6. Dezember 2010 der staunenden Öffentlichkeit erklärt hatte, dass er und das Kabinett 45 Prozent des heimischen Energieversorgers EnBW zurückgekauft hatten. Erst stellte der Staatsgerichtshof fest, dass sein geheimer Weg, vorbei am Parlament, verfassungswidrig war. Und dann kam noch der Kaufpreis ins Spiel: 4,7 Milliarden Euro - war das nicht zu viel? Hatte bei dem Deal vielleicht sein Kumpel Dirk Notheis profitiert, der namens der Bank Morgan Stanley das Geschäft vorangetrieben hatte? Hatte Mappus unter Mithilfe seines Freundes und Trauzeugen dem Land Baden-Württemberg vorsätzlich geschadet?

Prozess Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus

Stefan Mappus hatte die Staatsanwaltschaft im Haus - nun gibt es nicht einmal einen Prozess. Ob er sich wieder in die Politik einmischt?

(Foto: Inga Kjer/dpa)

Nicht zu beweisen, sagt nun die Staatsanwaltschaft nach umfangreichen Ermittlungen. Mappus, sein damaliger Staatsminister Helmut Rau und sein Finanzminister Willi Stächele - alle CDU - hätten "zwar ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Land" verletzt. Ein vorsätzlich schädigendes Handeln sei jedoch nicht nachweisbar. Das aber wäre Voraussetzung für den Tatbestand der Untreue. Gutachten, die den Kaufpreis als zu hoch bezeichnen, seien nur eine "Schätzung". Dies dürfe nicht der Maßstab in einem Strafverfahren sein. Die Staatsanwälte ließen auch den Verdacht der Beihilfe zur Untreue gegen Dirk Notheis fallen. Klar, denn Notheis hätte sich nur strafbar machen können, wenn auch der vermeintliche Haupttäter eine Straftat begangen hätte.

Die Anwälte von Stefan Mappus zollten der Staatsanwaltschaft Respekt. Sie habe trotz des "enormen Drucks von außen" unvoreingenommen und sachgerecht entschieden.

Ob der CDU-Politiker Stefan Mappus nun bald wieder Zeit und Energie findet, sich in die Politik einzumischen? Wie der Zufall so spielt: Kurz nachdem der Staatsanwalt die Einstellung des Verfahrens bekannt gegeben hatte, verkündete Landtagspräsident Guido Wolf ein Programm, mit dem er im Wahlkampf 2016 die Macht im Lande für die CDU zurückgewinnen will. Er freue sich für Stefan Mappus und dessen Familie, sagte Wolf, und auch für die CDU in Baden-Württemberg sei dies eine gute Nachricht. "Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es politische Fehler gegeben hat." Von einem "Persilschein" für Mappus könne nicht die Rede sein. Erstaunlich kühl klang das.

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Der Landesvorsitzende Thomas Strobl, der sich mit Wolf um die Spitzenkandidatur duelliert, hat sich schon lange von Mappus losgesagt. Er proklamiert eine "neue CDU", einen Kurs der Öffnung. Die Rache der alten Mappus-Leute, sagt er, fürchte er am meisten vor dem CDU-Mitgliederentscheid im Dezember.

Wolf dagegen gilt eher als Mann der alten Garde, doch er kultiviert nun die Rolle des Anti-Mappus, der politischen Konsens sucht. Für ihn wie für Strobl ist eine schwarz-grüne Koalition nach der Landtagswahl eine Option. Auch dies ist eine Lehre, die die Christdemokraten aus ihrer Niederlage 2011 gezogen haben. "Demut" stehe der CDU gut zu Gesicht, sagt Wolf. Auf Deutsch: Soll bloß niemand auf die Idee kommen, Stefan Mappus rehabilitieren zu wollen.

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