Vorletztes "Wetten, dass..?" aus Graz:Autoerotisches Spektakel

Conchita Wurst braucht morgens eine Stunde im Bad. Hugh Grant vergisst mal, dass er seine Brille auf der Nase hat. Und Markus Lanz macht Eigenwerbung. Viel Banalität bei "Wetten, dass..?" und nur ein Wunsch: Wäre das Format doch schon begraben.

Von Matthias Kohlmaier

Ganz am Ende, gegen 23.15 Uhr, wird nochmal ein Banner eingeblendet: "Diese Sendung wird um 1.25 Uhr auf ZDF Neo und am Sonntag um 10.30 Uhr im ZDF wiederholt." Wer nach drei einschläfernden Stunden öffentlich-rechtlicher Pseudo-Unterhaltung also nicht genug hat, kann sich die "Wetten, dass..?"-Ausgabe aus Graz nochmal antun. Bei Bedarf sogar zweimal. Juhu!

Aber im Ernst: "Wetten, dass..?" im Jahr 2014, moderiert von Markus Lanz, ist vorhersehbar und gleichförmig, wie diese Erkenntnisse der Couchgespräche aus Graz demonstrieren:

  • Schauspielerin Jennifer Lawrence findet Deutschland und Österreich toll.
  • Lawrence und ihr Kollege Liam Hemsworth haben jeweils zwei Brüder.
  • Sängerin Conchita Wurst braucht morgens eine Stunde im Bad.
  • Model Toni Garrn hat mit 15 mit dem professionellen Modeln begonnen.
  • Die Band One Direction soll heute das sei, was die Beatles waren, als die verbliebenen Mitglieder der Zielgruppe von "Wetten, dass..?" jung waren.
  • Schauspieler Hugh Grant vergisst manchmal, dass er seine Brille auf der Nase hat.

Aber halt, diese zu großen Teilen in einer beliebigen Ausgabe von Bild der Frau auffindbaren Informationen sind ja nur der eine Teil von "Wetten, dass..?". Denn die Show hat noch einen viel wichtigeren Zweck, als Banalitäten zu transportieren. Richtig, Werbung. Oder um aus der Perspektive des ausführenden ZDF zu sprechen: Eigenwerbung.

Da kommt der ergraute Hugh Grant auf die Bühne, um über seinen neuen Film zu reden. Markus Lanz findet den Streifen übrigens "hinreißend" und Grant "immer noch sehr gutaussehend". Später tritt Iris Berben auf und bewirbt ihren (ZDF-)Film, der in ein paar Wochen läuft. Lanz findet ihn übrigens "bemerkenswert" und "toll". Der PR-Kreis schließt sich allerdings erst, als der Moderator im Gespräch mit Herbert Grönemeyer auf seine eigene (ZDF-)Talksendung hinweist. Lanz bewirbt Lanz, ein autoerotisches Spektakel.

Zusätzlich zu den bereits Genannten, begrüßte Lanz bei seinen immer gleichen Couchdialogen Sänger Andreas Gabalier und ARD-Mitarbeiter Eckart von Hirschhausen. Beide waren für diesen Abend als Quasi-Co-Moderatoren eingeteilt - was auch wieder zeigt, wie wenig man selbst im eigenen Laden dem Show-Gastgeber Lanz zutraut. Aber sei es drum, Gabalier sorgte beim Meerrettich-Essen mit Hugh Grant für etwas Amüsement und den schockierend unwitzigen von Hirschhausen einzuladen, war von der zuständigen Redaktion immerhin nett gemeint.

Was bleibt also noch zu sagen über das "Wetten, dass..?" vor der letzten Ausgabe am 13. Dezember in Nürnberg? Die Show hat abermals eindrücklich belegt, dass sie nicht mehr in diese Zeit gehört, jedenfalls nicht in diesem Zuschnitt. Wer sich ein paar Promis ansehen und Nichtigkeiten aus deren Leben erfahren will, kann das zeitsparender tun, ganz ohne den Samstagabend zu opfern.

Peinlichkeit kaum gekannten Ausmaßes

Lanz ist derweil immer noch stets bemüht. Wenn eine Wette nicht hinhaut, sagt Lanz: "Es hat in den Proben immer geklappt." Wenn die x-te Baggerwette ansteht, sagt Lanz: "Ich finde, zu "Wetten, dass..?" gehört immer eine Baggerwette."

Und wenn dann - eine Peinlichkeit kaum gekannten Ausmaßes - ein Wettkandidat, der eben noch Salatgurken mit Spielkarten zerteilt hat, seiner Freundin im Publikum allen Ernstes zuruft: "Schatz, es wird Zeit, dass wir heiraten", ja dann hat der Lanz auch noch eine flapsig-zweideutige Bemerkung auf Lager. Mit dem klassischen hinter den Ohren festgetackerten Grinsen meint er: "Ich sag mal: Wer einen Mann zuhause hat, der so Gurken köpft; läuft!"

Wenn doch dieser ganze scheintote Show-Spuk nur schon vorbei wäre.

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