Die Recherche zu Akzeptanz:Dilemma des Gutgemeinten
Eine Woche zum Thema Toleranz geht zu Ende, mit mehr als 20 Reportagen, Interviews, Analysen, mit heftigen Diskussionen, großem Leserinteresse - und Kritik. Toleranz ist eben nur der Anfang.
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Sie haben natürlich recht: Am Ende - und am Ende dieser #ToleranSZ-Woche unseres Projekts Die Recherche insbesondere - sollte Akzeptanz oder besser noch Respekt stehen.
Einige von Ihnen haben ganz grundsätzlich Kritik am Titel unseres Schwerpunkts geübt. Denn Toleranz ist, im Wortsinn, Duldung und Duldsamkeit, ein Hinnehmen und Gewährenlassen anderer. Und damit verbunden ist, wie SZ-Feuilletonchef Andrian Kreye in seinem Auftaktessay schreibt, unweigerlich eine gewisse Herablassung, eine Gönnerhaftigkeit, ausgehend von einer Machtposition. Auch die Diskussion um die Plakate der ARD-Themenwoche Toleranz wurzelt letztlich in diesem Dilemma des Gutgemeinten.
Toleranz ist aber auch: ein Anfang. Wenn sie nicht aus ihrem lateinischen Ursprung heraus verstanden wird, sondern umgangssprachlich: Toleranz als geistige Offenheit, Vorurteilsfreiheit, als Fähigkeit, den Anderen anders sein zu lassen, oder besser noch, ihn einfach sein zu lassen. Toleranz im Sinne von Akzeptanz und Respekt also.
Dann ist sie etwas Erstrebenswertes, etwas, das man sein will, aber anderen vielleicht nicht zutraut. Denn einer Umfrage der ARD zufolge, die sich der Toleranz in der gestern gestarteten Themenwoche ebenfalls widmet und Interessierten die Möglichkeit zu nahtlosen Weiterlesen bietet, halten sich 88 Prozent der Deutschen für tolerant. Dass die Gesellschaft allerdings tolerant ist, finden dagegen nur etwas mehr als die Hälfte.
ARD-Themenwoche Toleranz
Anders als du denkst
Die Themenwoche Toleranz beginnt in der ARD am 15. November und läuft bis 21. November. In Radio und Fernsehen wird es täglich zahlreiche Beiträge zum Thema geben. Federführend ist der BR, mit dem SZ.dehier oder hier kooperierte. Einen Schwerpunkt zu "Toleranz im Netz" setzen die Online-Redaktionen mit Reportagen zu Cybermobbing, Analysen zur Hassgesellschaft oder Kommunikationsstrategien im Internet.
Womit wir bei der Ausgangsfrage dieser Runde unseres Projekts Die Recherche wären: Wie tolerant ist Deutschland? Prozentzahlen, die sich aus Befragungen ergeben, können bestenfalls ein Baustein der Diagnose sein. Ein anderer sind die vielen Mails, Posts und Tweets unserer Leser (danke dafür) - und überhaupt das Interesse, auf das dieses Toleranz-Dossier stieß. Und das Interesse war groß, die mehr als zwanzig Beiträge dieser Woche gehörten zu den meistgelesenen Texten jeden Tag. Hier eine Auswahl der Beiträge, die die SZ-Leser besonders interessierten:
Wir haben bewusst versucht, ein breites thematisches Spektrum von Rassismus über Homosexualität bis hin zur Diskriminierung Behinderter abzudecken. In der Summe sollen all die Reportagen, Analysen, Essays und Videos, die Sie auf dieser Themenseite gebündelt finden, die Frage beanworten, die uns die SZ-Leser zu Beginn dieser Recherche-Runde gestellt haben. Entsprechend freuen wir uns auf Ihr Feedback - und auf Themenvorschläge für künftige Recherchen.
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Die Regierung, die Medien, die muslimischen Verbände: Wenn es um das Thema Islamfeindlichkeit geht, wird immer wieder eine Zahl zitiert. 78. Doch was ist in diesen Fällen eigentlich passiert? SZ.de hat nachgefragt.
Seit sich Claudia Jansen vor drei Jahren entschied, Muslima zu werden, hat sie ein Problem: In der Arbeit darf sie nur Mütze tragen - die Schulleitung will es so. Dabei ist das Kopftuch für die Konvertitin aus München ein Stück Freiheit.
Muss ich einen Blinden vom Bahnsteigrand wegziehen? Hilft es, einem Stotternden die Worte in den Mund zu legen? Und kann ich Behinderte behindert nennen? Betroffene erklären Nichtbetroffenen, wie sie Situationen vermeiden, die für beide Seiten peinlich sind.
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Kann ein Urteil, das vor 50 Jahren gesetzeskonform war, heute falsch sein? Deutschland machte Heinz W. zum Straftäter, weil er schwul ist. Mit ihm fordern Zehntausende Homosexuelle, dass die Urteile aufgehoben werden. Doch die Politik lässt sich Zeit - Zeit, die den Betroffenen fehlt.
Geschlecht ist immer eindeutig und Intersexualität eine Krankheit: Es gibt viele Vorurteile gegenüber Menschen, die nicht dem klassischen Mann-Frau-Schema entsprechen. SZ.de widerlegt die fünf häufigsten.
Etwa die Hälfte der Deutschen meint, in Deutschland gebe es zu viele Ausländer. Was wäre, wenn es weniger wären? Oder sagen wir: gar keine? Ein Szenario gegen Stammtischparolen.
Unser Autor ist in Leipzig geboren, spricht - wenn er will - Sächsisch und ist schwarz. Fremde Menschen pöbeln ihn an, bespucken ihn. Umstehende tun, als würden sie nichts bemerken. Wie lebt es sich mit Rassismus im Alltag?
Wer Mohammad, Phuong oder Dhakiya heißt, bekommt die Frage "Wo kommst du her?" dauernd zu hören. Warum sich darin Rassismus versteckt und welche Erfahrungen unsere Leser mit noch schlimmeren Sätzen gemacht haben.
In unserer Toleranzgesellschaft herrscht ein gewisser Überdruss der politischen Korrektheit. Trotzdem stecken die Stacheln von Rassismus und Antisemitismus fest im Unterbewusstsein. Denn in Deutschland ist Toleranz auch eine Form der Demütigung.