Präsidentschaftskandidat Rand Paul:Kämpfer für viele Freiheiten

U.S. Senator Paul formally announces his candidacy for president during an event in Louisville

"Defeat the Washington Machine": Rand Paul will der Nachfolger von Barack Obama werden.

(Foto: REUTERS)
  • Der Republikaner Rand Paul hat seine Kandidatur für die US-Präsidenschaftswahl 2016 erklärt.
  • Er spricht Klartext, umwirbt schwarze und junge Wähler und wirkt auf viele Bürger faszinierend. Manche seiner Positionen könnten jedoch viele Wähler abschrecken. Und auch das Verhältnis zu seinem Vater könnte eine Rolle spielen.
  • Bereits jetzt attackiert er die demokratische Rivalin Hillary Clinton und nutzt dafür auch Facebook und Twitter.

Von Matthias Kolb, Louisville

Diese Ankündigung ist alles andere als eine Überraschung. Dass Rand Paul, der republikanische Senator aus Kentucky, sich lange darauf vorbereitet hat, 2016 als Präsidentschaftskandidat anzutreten, war kaum einem Beobachter der US-Politik verborgen geblieben. Nun hat der 52-Jährige in Louisville erklärt, dass er Barack Obama beerben - und als Präsident vieles anders machen will. "Die Reise, auf der wir Amerika zurückerobern, beginnt heute", rief Paul seinen begeisterten Anhängern zu.

Nach dem Texaner Ted Cruz ist Paul damit der zweite offizielle Bewerber der Republikaner, doch seine Ankündigung sorgt unter Politikern, Analysten und Journalisten für viel Aufsehen. Denn Paul ist anders als die anderen Kandidaten: Er ist sperriger, verquerer, wagemutiger und vertritt in vielen Punkten andere Positionen als die Republikaner.

Bereits im Herbst wurde er von diversen Kolumnisten zum "Retter der Konservativen" erklärt und vom Time Magazine "zum interessantesten Mann in der US-Politik" gekürt. Der Hoffnungsträger der libertären Amerikaner, die sich so wenig staatlichen Einfluss wie möglich auf ihren Alltag wünschen, ist nun im Mainstream angekommen und sorgt dort für Wirbel.

Randal Howard Paul wurde in Pennsylvania geboren und wuchs in Texas auf. Dort studierte er Biologie am christlichen Baylor-College, bevor er schließlich zum Medizin-Studium an die renommierte Duke-University wechselte und sich später als Augenarzt in Kentucky niederließ. 2010 wurde er mit Unterstützung der Tea Party - und gegen den Widerstand von Mitch McConnell, dem anderen Senator aus Kentucky - in den Senat gewählt.

In Washington zog Rand Paul schnell viel Aufmerksamkeit auf sich - etwa durch seine 13-stündige Dauerrede gegen Obamas Drohnenpolitik. Und es gibt wahrlich viele Gründe, warum er auf Bürger und Wähler so faszinierend wirkt:

  • Er redet Klartext. Zwei Tage vor dem Sieg der Republikaner bei der Kongresswahl im November 2014 sagte Paul in Detroit: "Unser Markenimage ist beschissen." Wenn die Republikaner 2016 Erfolg haben wollen, dann dürfen sie nicht länger als rückwärtsgewandte, intolerante Partei wahrgenommen werden, die sich vor allem für reiche Weiße einsetzt. Dies wissen zwar viele Funktionäre und Abgeordnete, aber nur wenige sprechen es aus.
  • Er hat einen berühmten Vater. Vor Rand bewarb sich bereits Vater Ron 2008 und 2012 für die Republikaner für das höchste Amt im Staat (1980 trat er für eine Splitterpartei an). Er wurde von einem Heer überaus motivierter Anhänger unterstützt, die seine libertären Überzeugungen teilen (eine Reportage aus Ohio über junge Ron-Paul-Fans lesen Sie hier). Diese Libertären sind in fast allen Staaten bestens organisiert und werden dafür sorgen, dass Paul lange im Rennen bleibt - und auch genug Spenden bekommt.
  • Er will eine andere amerikanische Außenpolitik. Geht es nach Rand Paul, dann soll sich Amerika nur noch im Ernstfall militärisch engagieren. Auslandseinsätze schließt er nicht komplett aus, aber sie sollten viel seltener angeordnet werden als bisher - und erst nachdem der Kongress zustimmt. Während Falken wie John McCain und Lindsey Graham ständig fordern, dass die USA ihr Militär einsetzen (auch mit "boots on the ground"), setzt Paul auf mehr Diplomatie. Seine Ideen, die er Ende Oktober in einer Rede vor einem Think Tank präsentierte, sind eine Kampfansage ans konservative Establishment - allerdings erscheinen sie widersprüchlich und unrealistisch.

Gerade in der Debatte über den Kampf gegen den Islamischen Staat hat er bereits Zugeständnisse machen müssen und ist auf die konservativen Falken zugegangen. Natürlich sind viele Positionen Pauls noch nicht detailliert ausformuliert. Dies wird er bald erledigen müssen, wenn ihn die Konkurrenten aus der eigenen Partei sowie von den Demokraten attackieren und seine Ideen bewusst falsch wiedergeben. Aber der jugendlich wirkende Senator wird dafür sorgen, dass die Debatte unter den Republikanern eine größere Bandbreite an Themen und auch mehr intellektuelle Tiefe haben wird als 2012.

Viele Herausforderungen auf dem Weg ins Weiße Haus

Eine Präsidentschaftskandidatur in den USA ist schier endlos, und auf alle Kandidaten warten große Herausforderungen. Auf Rand Paul wartet die heikle Aufgabe, das Verhältnis zu seinem Vater zu klären. Dieser hat ihn zum Politiker gemacht, Rand engagierte sich in dessen Wahlkämpfen, und er setzt auf die Fans der libertären Ikone Ron Paul. Doch zugleich lassen sich die radikalen Polit-Ansichten des Vaters (Notenbank abschaffen, Goldstandard wieder einführen, alle Soldaten zurückholen, alle Drogen freigeben) von den Gegnern gut instrumentalisieren - zumal sich dieser in den neunziger Jahren eindeutig rassistisch geäußert hat.

Auch wenn Paul vor der Kongresswahl sehr erfolgreich in 30 Staaten Wahlkampf für andere Republikaner machte und viele Spenden sammelt, hält ihn etwa der Economist für einen eher undisziplinierten Politiker, der sich um Kopf und Kragen (und um die Präsidentschaftskandidatur) reden werde. Dass er Abtreibungen in keinem Fall zulassen will (auch nicht bei Vergewaltigung und Inzest), macht ihn zwar bei der evangelikalen Basis populär, doch es dürfte viele parteiungebundene Wählerinnen in den Vororten abschrecken, ohne deren Unterstützung niemand US-Präsident wird. Bis zum Wahltag hat Rand Paul noch genug Zeit, möglichst viele Amerikaner zu überzeugen - oder seine Meinung anzupassen.

Vor allem in seiner Wahlheimat Kentucky warnen Beobachter davor, Paul zu unterschätzen. So habe dieser sein Verhältnis zu Mitch McConnell, dem republikanischen Mehrheitsführer im Senat, schnell geklärt, erklärt John Dyche im Gespräch mit SZ.de: "Ihre enge Beziehung ist nun für beide von Vorteil".

Dyche arbeitet als Jurist in Louisville und hat eine offizielle Biographie über McConnell verfasst. Paul unterstützte diesen bei dessen Wahlkampf 2014 und vermittelte ihm gute junge Berater. Im Gegenzug setzte McConnell durch, dass die Republikaner die parteiinternen Regeln so ändern, dass Paul 2016 sowohl für das Amt des Präsidenten antreten darf - und zugleich als Senator wiedergewählt werden kann (Details hier ). Ihm sei stets klar gewesen, dass Kentucky zu klein für Paul sei, sagt Dyche: "Noch bevor er in den Senat gewählt wurde, waren die Themen seiner Reden auf die nationale Bühne ausgerichtet."

Das Video, das zwei Tage vor der offiziellen Ankündigung veröffentlicht wurde, macht deutlich, wie sich der 52-Jährige präsentieren will: Als ein Anführer, der ganz anders ist als viele Mainstream-Republikaner.

Und noch etwas beherrscht Paul schon sehr gut: Er attackiert die demokratische Favoritin Hillary Clinton bei jeder Gelegenheit, und er setzt soziale Medien wie Twitter und Facebook ziemlich virtuos ein. Noch während der Wahlnacht, in der viele von Hillary unterstützte Kandidaten verloren, begann seine entsprechende Online-Kampagne #HillarysLosers, die viele Republikaner begeisterte.

Am 8. November 2016 wird sich dann entscheiden, wer von den beiden gewinnt - oder zumindest den Sieger unterstützt hat.

Linktipps:

  • Ein ebenso ausführliches wie lesenswertes Porträt über Rand Paul erschien im Oktober im New Yorker und diskutiert vor allem das Verhältnis zu seinem Vater Ron.
  • NSA-Reform, Militärbudget, Umgang mit Iran und Israel: Politico beschreibt in diesem Artikel recht anschaulich, auf welchen Politikfeldern sich Rand Paul vom republikanischen Mainstream unterscheidet
  • "Hyperkapitalismus, sei umarmt": SZ.de-Korrespondent Johannes Kuhn war dabei, als Rand Paul im Silicon Valley um Stimmen der dort zahlreich vertretenen Libertären warb.
  • Einen kleinen Rückschlag muss die Kampagne schon am Tag der Bekanntgabe der Bewerbung hinnehmen. Die ins Netz gestellte Homepage sollte auf einer US-Karte zeigen, wer Paul mit einer Spende unterstützt. Die Fotos der Unterstützer waren allerdings Stockfotos. Von Models aus Deutschland, wie Buzzfeed zeigt.
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