EU-Asylpolitik in Afrika:De Maizière schlägt Transitzentren vor

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Afrikanische Asylsuchende warten in der spanischen Enklave Melilla in Nordafrika auf ihre Fähre nach Spanien. (Foto: Getty Images)
  • Innenminister Thomas de Maizière schlägt vor, für Flüchtlinge sogenannte Willkommens- und Ausreisezentren in Transitländern einzurichten. De Maizière zufolge sollte damit der Asylprozess beschleunigt werden.
  • Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisiert den Vorstoß.
  • Aus Regierungskreisen verlautet, es gäbe Überlegungen, für Wirtschaftsflüchtlinge ein neues legales Einwanderungsrecht für die EU zu schaffen.

Von Stefan Braun, Berlin

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Einrichtung sogenannter Willkommens- und Ausreisezentren für Asylbewerber und Flüchtlinge ins Gespräch gebracht. Diese könnten in Transitländern wie Ägypten geschaffen werden, um künftig von dort zu entscheiden, "wer zurückgeht und wer nach Europa kommt".

Nach den Vorstellungen de Maizières könnte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR diese Zentren führen. Er sagte im ZDF, angesichts der in den kommenden Jahren zu erwartenden hohen Flüchtlingszahlen strebe er an, die Entscheidungen über die Aufnahme oder die Ablehnung beschleunigen zu wollen.

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So sollen nach dem Willen des Ministers "die, die Schutz verdienen, schnell aufgenommen werden", um beispielsweise den Kriegsflüchtlingen aus dem Nahen Osten möglichst bald Sicherheit zu geben. Im Gegenzug wolle er Menschen, die aus sogenannten sicheren Drittstaaten kämen, schnell wieder zurückschicken. Die Idee zu solchen Zentren begründete er auch mit der Hoffnung, die Menschen auf diese Weise davon abhalten zu können, sich auf den gefährlichen Weg übers Meer zu machen.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sprach daraufhin im Tagesspiegel von einem "klaren Signal der Absage an die Lebensrettung". De Maizières Vorschlag sei nichts anderes als ein "zynisches Marketing", um das Ende des italienischen Rettungsprogramms Mare Nostrum für Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer "human zu verkaufen".

EU-Flüchtlingspolitik auf neue Beine stellen?

Damit erinnert Pro Asyl an den Versuch des früheren Bundesinnenministers Otto Schily. Er hatte 2004 die Schaffung von Auffanglagern in Nordafrika vorgeschlagen, um die Asylverfahren auf Gebiete jenseits der EU auszulagern, ohne den in Deutschland geltenden Rechtsschutz. Die Idee wurde nie umgesetzt.

Allerdings schwebt de Maizière offenbar anderes vor. Seit Wochen gibt es in der Bundesregierung und auf Ebene der EU-Außen-, Justiz- und Innenminister Gespräche, ob man die europäische Flüchtlingspolitik auf neue Beine stellen sollte. Dazu ist in der Bundesregierung ein Staatssekretärsausschuss gebildet worden, dem federführend Vertreter des Auswärtigen Amts und des Innen- wie des Entwicklungsministeriums angehören. Zu den aktuellen Überlegungen gehört auch, vielleicht solche Zentren ins Leben zu rufen. Allerdings nicht, um alle Flüchtlinge von der EU fernzuhalten und die rechtlichen Verfahren zu schleifen.

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Wie am Donnerstag aus Regierungskreisen zu hören war, geht es darum, die Asylverfahren wie bisher weiter zu führen und möglichen Wirtschaftsflüchtlingen über ein neu zu schaffendes legales Einwanderungsrecht die Möglichkeit zu geben, sich für einen Aufenthalt in der EU zu bewerben.

Wohlwollen im Auswärtigen Amt

"Ohne ein solches neues Einwanderungsrecht hätten sogenannte Willkommenszentren keinerlei Glaubwürdigkeit", sagte ein hoher Regierungsbeamter der SZ. "Und ohne Glaubwürdigkeit wird es nie gelingen, die Menschen vom gefährlichen Weg über das Meer abzuhalten".

Wie es in der Regierung weiter hieß, ist indes noch lange nicht entschieden, ob es in Deutschland und in der EU ein neues Einwanderungsrecht geben wird. Und offen sei auch, ob es gelinge, die Europäische Union auf eine neue, die Lasten besser verteilende Flüchtlingspolitik zu verpflichten. Im Auswärtigen Amt stieß de Maizières Vorschlag auf Wohlwollen. Hintergrund ist, dass das Bundesinnenministerium in den letzten Jahren eine restriktive Linie verfolgt hatte. De Maizières Äußerungen werden deshalb als eine Art Neuausrichtung gelesen.

© SZ vom 14.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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