Nachlese zum Berliner "Tatort":Grausige Visionen

Tatort: Vielleicht; "Tatort: Berlin"

Hat den Tatort nun hinter sich: Boris Aljinovic.

(Foto: rbb/Frédéric Batier)

Sie wollen mitreden über den "Tatort"? Hier erfahren Sie, welche Rolle Übersinnliches in Kommissar Starks letztem Fall spielt und warum die Latte für die künftigen Berliner Ermittler nicht sonderlich hoch liegt. Die Nachlese zum "Tatort: Berlin" - mit den besten Zuschauerkommentaren.

Von Matthias Kohlmaier

Darum geht's:

In seinem letzten Fall als Berliner Tatort-Kommissar bekommt es Felix Stark (Boris Aljinovic) mit den übersinnlichen Kräften einer Psychologiestudentin zu tun. Die sagt nicht nur drei Morde voraus, die sich fast exakt in ihren Träume ereigneten und nicht zu verhindern sind. Sie sieht auch Kommissar Stark selbst in großer Gefahr.

Lesen Sie hier die Rezension von SZ-Tatort-Kritiker Holger Gertz:

Bezeichnender Dialog:

Kommissar Stark bespricht mit der norwegischen Studentin Trude den Fall, den sie vorausgesehen hatte. Es entspinnt sich einer von vielen, vielen hölzernen Dialogen dieses Films.

Trude: Sie denken bestimmt: Trude ist verrückt!

Stark: Das denke ich nicht.

Trude: Ich habe einen neuen Traum.

Stark: Erzählen Sie.

Trude: Es ist in einem Restaurant. Ein Mann sitzt am Tisch, die Augen auf. Er hat ein Loch mit Blut in seinem Kopf. Ein Auto fährt schnell weg, und ich habe ganz viel Angst.

Stark (genervt): Noch was?

Trude (kopfschüttelnd): Es tut mir leid, hätte ich Ihnen nichts sagen sollen?

Stark: Nein nein. Ich melde mich.

Die beste Szene:

Kein Stoff für die Tatort-Geschichtsbücher, aber doch eine kurzweilig aufregende Sequenz: Studentin Trude ist in ihrer Wohnung, es klingelt, ein Mann steht vor der Tür und bittet um Papier und Stift. Langsam geht die junge Frau zurück in die Wohnung und spürt erst Augenblicke später, dass sie gerade mit einem Mörder gesprochen hat. Nachdem sie zitternd Kommissar Stark verständigt hat, schleicht sie zurück zur offenen Eingangstür - aber der Mann ist weg.

Die besten Zuschauerkommentare:

Top:

In einem Film mit geringer Highlightdichte muss man Olsen Lise Risom dankbar sein, die als hellsehende Studentin Trude Bruun Thorvaldsen auftritt. Sie ist lange Zeit wie ein Geist, kaum zu fassen, und doch da. Doch treibt sie die Handlung voran und erinnert in sprachloser Verzweiflung ob ihrer grausigen Visionen am Ende fast ein wenig an Lars von Triers Muse Charlotte Gainsbourg - zerbrechlich und doch beängstigend.

Flop:

War der finale Fall von Boris Aljinovics Ex-Kollegen Dominic Raacke schon mäßig spannend, so hat Autor und Regisseur Klaus Krämer dem nun ebenso scheidenden Aljinovic eine fast noch ollere Klamotte auf den Leib geschrieben. Gefühlte Dreiviertel des Films verbringt Kommissar Stark am Schreibtisch sitzend, guckt im Wechsel betroffen und überrascht, zeichnet tote Menschen und bittet hin und wieder anklopfende Kollegen herein. Die aufkommende Verzweiflung, die sich in Stark aufbaut, die Angst, sie haben keinen Raum, sich zu entwickeln. Sie sind einfach irgendwann da, ohne dass dem Zuschauer glaubhaft gemacht worden wäre, warum der Mann plötzlich panisch wird. Schade.

Die Schlusspointe:

Immerhin, die letzten 20 Minuten sind ein wenig spannend, einigermaßen vorhersehbar ist das Finale dennoch. "Wird er überleben?", fragt Starks Chefin schließlich den behandelnden Arzt. Der antwortet mit dem Titel des Films: "Vielleicht."

Die Erkenntnis:

Boris Aljinovic kann ganz toll zeichnen. Und die Latte für die neuen Berliner Tatort-Ermittler, Meret Becker und Mark Waschke, liegt nicht sonderlich hoch.

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