Thomas Middelhoff als Kläger:Zum Scheitern verurteilt

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Ins Gericht kam Thomas Middelhoff als Kläger gegen seine Banken nicht. Das Bild zeigt ihn im Essener Landgericht vor wenigen Tagen - in diesem Fall als Angeklagter. (Foto: dpa)

Für Thomas Middelhoff nimmt das Elend vor Gericht kein Ende. Der inhaftierte Ex-Arcandor-Chef fordert von Banken 100 Millionen Euro zurück, es sollte der finanzielle Befreiungsschlag sein. Doch der Richter räumt der Klage kaum Chancen ein.

Von Kirsten Bialdiga, Köln

Die ganz große Schmach bleibt Thomas Middelhoff erspart. In Handschellen lässt ihn der Richter der Zivilkammer am Kölner Landgericht dann doch nicht vorführen. Eigentlich hatte der Vorsitzende sein Erscheinen angeordnet, nun wird Middelhoff von seinen Anwälten vertreten. In diesem Prozess ist der Ex-Arcandor-Chef der Kläger. Nicht der Angeklagte.

Vor vier Tagen war das anders. Da wurde der frühere Spitzenmanager wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt und noch im Gerichtssaal in Haft genommen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, aber es bestehe Fluchtgefahr, befand der Richter. Alle Bemühungen seines Anwalts, Middelhoff gegen Kaution oder Meldepflichten frei zu bekommen, blieben bisher erfolglos.

Vor dem Kölner Landgericht an diesem Dienstag steht für den 61-Jährigen erneut viel auf dem Spiel. Es geht um seine materielle Existenz. Seit Wochen ist er auf der Flucht vor Gläubigern, die ihm in den Gerichtsfluren auflauern und ihm sogar die Uhr vom Handgelenk wegpfändeten. Einen Offenbarungseid gab Middelhoff, der bei Bertelsmann einst Prämien in zweistelliger Millionenhöhe kassiert hatte, längst ab. Doch stets beteuerte er, verarmt sei er nicht, er komme zurzeit nur nicht an sein Geld heran. Die Banken hätten seine Konten eingefroren.

Genau darum geht es hier an diesem Novembermorgen im Kölner Landgericht. Middelhoff und seine ebenfalls nicht erschienene Frau Cornelie verklagen das Bankhaus Sal. Oppenheim auf Auszahlung von mehr als 100 Millionen Euro, die sie in Oppenheim-Esch-Fonds angelegt hatten. Doch Richter Stefan Singbartl macht schnell klar, dass er den Middelhoffs keine großen Chancen einräumt: "Ich sehe recht ungünstige Aussichten für die Klage nach jetzigem Stand."

Für die Familie könnte es finanziell sehr eng werden

Die Aussage ist ein weiterer Tiefschlag. Wenn seine Anwälte den Fall nicht noch drehen, könnte es in Zukunft für die Middelhoffs finanziell sehr eng werden. Das Ehepaar hatte sich zwischen 2004 und 2006 unter anderem an geschlossenen Immobilienfonds beteiligt. Jenen Oppenheim-Esch-Fonds, die Middelhoffs Vermögensberater Josef Esch zusammen mit den Bankern einst als Steuersparmodell für Reiche auflegte. Die Idee: Esch und Oppenheim kauften mit dem Geld der Anleger beispielsweise Karstadt-Warenhaus-Immobilien, sanierten sie und kassierten dann höhere Mieten. Als aber Karstadt insolvent wurde, blieben die Mietzahlungen aus, das Modell fiel in sich zusammen. Mehr noch: Einen großen Teil ihrer Einlagen bei den Immobilienfonds finanzierten die Middelhoffs wie auch andere vermögende Kunden über Kredite. Sie seien über die Risiken dieser Geldanlage nicht ausreichend informiert worden, lautet nun ihre Argumentation.

Und so weigert sich das Ehepaar Middelhoff seit längerem, die Kredite zu bedienen. Womöglich zu Unrecht, wie der Richter nun durchblicken ließ. Da Middelhoff als Karstadt-Quelle-Chef über die Lage des Konzerns gut informiert war, sei es fraglich, ob Esch und Oppenheim ihre Aufklärungspflichten verletzt hätten. Zudem seien Middelhoffs Ansprüche möglicherweise verjährt.

Für den früheren Top-Manager könnte es aber noch schlimmer kommen: Sal. Oppenheim wiederum, heute eine Deutsche-Bank-Tochter, verklagt die Middelhoffs auf rund 78 Millionen Euro, mithin auf Rückzahlung der Darlehen. Dass es dazu kommt, ist mit der Einschätzung des Richters nun wahrscheinlicher geworden.

Die Middelhoffs sind nicht die einzigen, die mit der Bank vor Gericht streiten. Insgesamt rund 30 vermögende Investoren fordern nun von Oppenheim in Zivilprozessen ihr Geld zurück, darunter auch Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz. Nur in zwei Fällen bekamen die Kläger bisher recht. Middelhoff hilft das wenig, auch wenn sein Anwalt Winfried Holtermüller nun signalisiert, dass er die Gespräche über eine außergerichtliche Einigung gern wieder aufnähme. Die Entscheidung des Zivilgerichts kündigt der Richter für den 3. Februar an.

© SZ vom 19.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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