Buchkritik "Stars & Sportscars":Bildnisse aus einer anderen Welt

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Das Cover des Buches "Stars & Sportscars" aus dem Delius Klasing Verlag. (Foto: Delius Klasing Verlag)

Die meisten Autobücher sind Papierverschwendung. Doch dieses nicht. "Stars & Sportscars" zeigt die Rennfahrer und -fans der Nackriegszeit auf Fotos der Fürstin zu Sayn-Wittgenstein - und dokumentiert deren Lebensfreude ebenso wie ihre Todesangst.

Von Jochen Arntz

Es gab Zeiten, in denen das Auto der natürliche Feind des Waldes war. Das ist besser geworden, seitdem es Katalysatoren gibt. Heute aber hat man manchmal den Eindruck, dass das Autobuch, besser gesagt die Zehntausende Autobücher, die jedes Jahr auf den Markt kommen, die ärgsten Feinde der Bäume sind. Denn auch wenn Papier nicht mehr nur aus Holz gemacht ist, werden doch einige Hektar Wald fallen müssen, damit jedes Jahr Tonnen von überflüssigen Porsche-Alfa-Romeo-Mercedes-BMW-Bilderbüchern gedruckt werden können, Bücher mit Fotos, die man alle schon mal gesehen hat, und Texten, die niemanden berühren. Und es werden immer mehr.

Doch dann sticht da plötzlich ein Buch aus den Hunderten Titeln heraus, ein Buch mit den Fotos einer Frau, die mittlerweile Mitte 90 ist und immer noch aufrecht, ein Buch mit den Motorsport-Bildern der Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein. "Förschtl" hatte Gunter Sachs jene Frau genannt, die jahrzehntelang mit ihrer Kamera Rennen, Rennfahrer und die schnellen Wochenenden des europäischen Adels verfolgte.

Verschwenderisch fröhliche Lebenshaltung an den Rennstrecken dieser Welt

Stars & Sportscars, diesen Titel hat der Verlag dem Buch gegeben, aber eigentlich geht es darum gar nicht, es geht auch nicht wirklich um Autos, sondern um eine seltsam verschwenderisch fröhliche Lebenshaltung, die sich im tief stehenden Licht an der Strecke von Le Mans manifestiert, selbst auf dem verregneten Asphalt des Nürburgrings und im feinen Lächeln eines Graham Hill erahnen lässt. Dieses "Hurra, wir leben noch!" der Nachkriegsjahre. Da sind die selbstvergessenen Feste auf Schloss Sayn in der Nähe des Nürburgrings für immer festgehalten. Da ist aber in anderen Aufnahmen auch die Angst der Marlene Lauda um ihren Mann förmlich zu spüren, die Einsamkeit des Rennfahrers in der Box ins fahle Licht gerückt.

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Es sind alles Bildnisse aus einer anderen Welt, in denen sich guter Geschmack, Bildung und der Hang zu schnellen Autos nicht ausschließen mussten. Lebensfreude und Todesgefahr auch nicht. Da sind die Schauspieler David Niven und Curd Jürgens an der Strecke zu sehen, und der junge Jochen Rindt, der nie alt wurde.

Überlegte Bilder der "Mamarazzi"

Das Buch ist ein Museum, das auf jeder Seite eine neue Vitrine öffnet. Und das einen Blick in das Leben einer Frau erlaubt, die 85 Jahre lang mit der Kamera arbeitete, 300 000 Bilder machte. Sie war schon eine Gesellschaftsreporterin, bevor man den Begriff überhaupt kannte, später nannten viele sie "Mamarazzi", in Anlehnung an die aufdringlichen Paparazzi, die auch bei jedem Rennwochenende dabei waren. Doch sie ist anders, lässt den Menschen Raum, kann Abstand halten. So wirkt selbst das Bild eines Autounfalls auf der Landstraße bei ihr wie eine klassische Theaterszene.

Ganz am Anfang bekam sie übrigens den besten Rat. Als Marianne zu SaynWittgenstein 1930, nach langem Betteln, ihre erste eigene Kamera geschenkt bekam, da sagte ihr Vater: "Bilder sind teuer. Überlege dir genau, was du fotografierst, bevor du auf den Auslöser drückst. Verschwende kein Geld." Sie hielt sich dran. Eine gute Haltung, hat sie doch dazu geführt, dass das Papier für dieses Autobuch alles andere als verschwendet wurde.

© SZ vom 22.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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