Koalitionsvertrag in Thüringen:Rot-Rot-Grün will Gedenken an DDR-Unrecht stärken

Vorstellung Koalitionsvertrag in Erfurt

Guter Dinge in Sachen gemeinsamer Regierung: Die Thüringer Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow (von links), Grünen-Sprecher Dieter Lauinger und SPD-Chef Andreas Bausewein stellen den Koalitionsvertrag vor.

(Foto: dpa)
  • Linke, SPD und Grüne haben in Thüringen ihren Koalitionsvertrag vorgestellt.
  • Die zwei Landeschefs und der Landessprecher der Parteien kündigen an, das Gedenken an DDR-Unrecht stärken zu wollen.
  • Außerdem sollen keine neuen Schulden gemacht und die Kommunen finanziell unterstützt werden.
  • Ein kostenfreies Kita-Jahr ist geplant. Mehr Lehrer sollen eingestellt werden. Der Verfassungsschutz soll reformiert werden.

Rot-Rot-Grün in Thüringen will Gedenkkultur stärken

Der Umgang mit dem Gedenken an die DDR war einer der Knackpunkte bei der Einigung auf eine gemeinsame Regierung. Und es ist auch einer der Punkte, den die Linke, SPD und Grüne in Thüringen bewusst angehen wollen. Das stellen die beiden Landesvorsitzenden von Linken und SPD, Susanne Hennig-Wellsow und Andreas Bausewein, sowie der Grünen-Landessprecher Dieter Lauinger bei der Vorstellung ihres Koalitionsvertrags in Erfurt fest.

Man habe sich sehr klar und bewusst zum Unrecht in der DDR verständigt, sagte Henning-Wellsow. Der Grüne Lauinger betonte, dass die Parteien einen Blick auf die DDR genommen hätten, der "in der Konsequenz bedeutet, dass die DDR ein Unrechtsstaat war". Ohne diesen Schritt hätten die Grünen sich nicht zu dem Regierungsbündnis bereit erklärt. Ähnlich äußerte sich SPD-Chef Bausewein.

Um das Gedenken zu fördern, sollen daher unter anderem Gedenkstätten besser unterstützt werden. Vor allem aber wollen sich die Koalitionäre "den Opfern der SED-Diktatur zuwenden", wie Lauinger sagte. Es solle eine Brücke zwischen Schuldigen und Opfern geschlagen werden, sagte Hennig-Wellsow.

Solide haushalten

Weiteres zentrales Ziel ist ein finanzpolitisch solider Kurs. Linken-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow betonte bei der Pressekonferenz, dass Rot-Rot-Grün im Haushalt "eine schwarze Null" anstrebe. "Nicht alles, was wir wollen, ist bezahlbar", gestand sie ein.

SPD-Landeschef Andreas Bausewein sagte, man sei sich in den Verhandlungen schnell einig gewesen, dass es keine neuen Schulden geben soll. Besonderes Augenmerk will die Koalition Bausewein zufolge auf die kommunalen Finanzen legen. Unter Verweis auf die "verheerende Situation in manchen Kommunen" kündigte er an, den kommunalen Finanzausgleich im kommenden Jahr grundlegend zu evaluieren und dann zu reformieren.

Kostenfreies Kita-Jahr schaffen, mehr Lehrer

Langfristig wolle das Dreierbündnis Kita-Betreuung ganz kostenfrei machen, sagte Bausewein. Wegen des Ziels eines ausgeglichenen Haushalts werde die Koalition jedoch zunächst ein Kita-Jahr ganz kostenlos stellen, und zwar das erste. Der Landes-SPD-Chef kündigte an, dass dafür das Thüringer Betreuungsgeld, das hier unabhängig vom bundesweiten Betreuungsgeld gezahlt werde, abgeschafft werden soll.

Auch im Bildungsbereich soll sich einiges verändern: Pro Jahr sollen 500 neue Lehrerstellen geschaffen werden plus eine Vertretungsreserve. Außerdem soll mehr Geld für nichtstaatliche Schulen ausgegeben werden.

V-Leute nur noch in Einzelfällen

Als Konsequenz aus dem Versagen der Thüringer Ermittlungsbehörden bei der Suche nach den aus Jena stammenden rechten NSU-Mitgliedern soll der Verfassungsschutz erneut reformiert werden. V-Leute dürfen nur noch in Einzelfällen eingesetzt werden.

Neuer Ressortzuschnitt

Wie bereits vor der Pressekonferenz verlautete, ist auch ein Umbau der Ressorts geplant. Die künftige Landesregierung soll demnach neben dem Regierungschef aus acht Ministerien und der Staatskanzlei bestehen. Künftig soll es unter anderem ein Ministerium für Umwelt und Energie sowie für Arbeit und Soziales geben.

  • Ministerien für die Linke: Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll die Linke drei Fachminister sowie den Chef der Staatskanzlei stellen. An die Linkspartei gehen demnach ein neu zugeschnittenes Bildungsministerium mit der Zuständigkeit für Schule, Sport und Jugend sowie das Arbeits- und Sozialministerium. Reuters meldet unter Berufung auf informierte Kreise, die Zuständigkeit für Landwirtschaft und Forsten werde in einem neuen Ministerium für Bauen, Verkehr und ländlichen Raum angesiedelt, das ebenfalls an die Linkspartei gehe.
  • Ministerien für die SPD: Die nur halb so starken Sozialdemokraten sollen ebenfalls drei Fachressorts leiten. Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei um Innenministerium, Wirtschaft und Wissenschaft sowie das Finanzministerium. Für den Finanzministerposten im Gespräch soll die SPD-Spitzenkandidatin Heike Taubert sein. Die SPD soll zudem einen Staatssekretär in der Staatskanzlei stellen.
  • Ministerien für die Grünen: An die Grünen fällt das neu geschaffene Ressort Migration, Verbraucherschutz und Justiz. Die Grünen wären damit auch für die Flüchtlingspolitik zuständig. Zudem sollen die Grünen das um die Energiezuständigkeit erweiterte Umweltressort übernehmen, meldet Reuters.

Die Mitglieder von Linken und Grünen müssen dem Bündnis nun noch ihre Zustimmung erteilen. Die SPD-Basis hat das bereits getan. Sollten alle Seiten zustimmen, könnte Bodo Ramelow der erste Ministerpräsident der Linken werden.

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