Krankenhaus Starnberg:Schnelle Diagnose vor der Kamera

Das Starnberger Krankenhaus beteiligt sich an einem Netzwerk und gewinnt so Zeit bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten. Ärzte können sich online fachlichen Rat von Kollegen in Großhadern holen

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Die Starnberger Kreisklinik gehört nicht nur zu den wenigen Krankenhäusern, die schwarze Zahlen schreiben, sie erhöht auch ständig ihre Angebote in der medizinischen Versorgung. Bestes Beispiel ist der Ausbau der Behandlung von Schlaganfallpatienten im Akutfall. Angesichts des demografischen Wandels ein wichtiges Element, da das Schlaganfallrisiko im Alter wächst. Und in den kommenden Jahren steigt laut Statistik die Zahl der Menschen mit mehr als 65 Jahren im Landkreis stark an. 350 Patienten mit einem Schlaganfall behandeln die Starnberger pro Jahr schon heute; darunter sind nicht nur ältere Menschen, wie Christopher Adamczyk, Arzt am Klinikum Großhadern und Koordinator eines neu gegründeten Versorgungsnetzwerkes, am Donnerstag vor der Presse berichtete. Entsprechend wichtig sei es, dass bei der Diagnose und der Behandlung keine Zeit verloren geht. "Zeit ist Hirn" lautet das Motto. Was heißen soll: Je länger ein Patient unbehandelt bleibt, umso gravierender sind die Folgen für ihn.

Erstbehandlung von Schlaganfallpatienten

Diagnose per Webcam und Bildschirm (v. li.): Thomas Weiler, Chefarzt Peter Trenkwalder, Christoph Siebold und Andreas Rüchardt freuen sich.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Seit Juni gehört die Klinik als einziges Krankenhaus im Landkreis nun dem neuen Neurovaskulären Versorgungsnetzwerk Südwestbayern (Nevas) an. Adamczyk stellte das Projekt für Schlaganfallbehandlung zusammen mit Geschäftsführer Thomas Weiler, Chefarzt Peter Trenkwalder sowie dem zuständigen Leiter der Schlaganfalleinheit, Andreas Rüchardt, und dem Neurologen Christoph Siebold in der Klinik vor und präsentierte auch die dazu gehörende Technik.

Rettungsdienst

Bei einem Schlaganfall muss alles sehr schnell gehen. Nach der Fahrt in einem Rettungswagen ins Krankenhaus ist Zeit ein entscheidender Faktor.

(Foto: dpa)

Ziel der Zusammenarbeit regionaler Kliniken mit großen Krankenhäusern in der Stadt wie Großhadern ist die Verbesserung der Versorgung von Akutfällen auf dem Land. Wie Geschäftsführer Weiler berichtete, gibt es ein Gefälle zwischen Stadt und Land bei der Versorgung von Schlaganfällen. Während in der Stadt Hilfe praktisch sofort möglich ist, müssen Betroffene auf dem Land bis zu einer Stunde auf den Notarzt oder die ärztliche Versorgung warten. Das mindere die Heilungsaussichten enorm. Das Gesundheitsministerium hat deshalb Geld in die Hand genommen und ein Netzwerk initiiert, das federführend von der Neurologischen Klinik in Großhadern aufgebaut wird. Dabei geht es um eine Versorgung rund um die Uhr auch für Patienten auf dem Land. Möglich machen dies die Telemedizin und das Internet.

Musste nämlich bisher, wie der Neurologe Christoph Siebold beschreibt, der diensthabende Arzt in der Regionalklinik schnell diagnostizieren, ob es sich um einen Schlaganfall handelt oder nicht, hat er nun die Möglichkeit, einen Spezialisten aus dem städtischen Klinikzentrum hinzuziehen - und zwar online mit Hilfe eines speziellen Bildschirms und einer Kamera. Das System schaut einfach aus, ist aber mit einer komplexen Technik versehen.

Der Ablauf ist wie folgt: Der Apparat mit Bildschirm und Kamera wird zum Patienten gefahren. Durch die Kamera sieht der Spezialist der städtischen Klinik den Patienten und kann nun an Hand des Live-Bildes vom Patienten und seiner Bewegungen eine Diagnose stellen. Die Kamera lässt sich zoomen, sodass der Arzt auch die Augenbewegungen erkennen kann. Neben dem Patienten steht der Neurologe aus der Kreisklinik und unterstützt den Spezialisten. Gleichzeitig werden die Bilder, die per Computer-Tomografie vom Gehirn des Patienten gemacht wurden, online an das Klinikzentrum und den dortigen Arzt geschickt. Was vorher mit einem Taxi erledigt werden musste und wertvolle Zeit verstreichen ließ, kann nun in wenigen Minuten ausgewertet werden. "Wir bieten dadurch eine 24-Stunden-Versorgung mit einer Highend-Klinik", sagte Weiler. Fünf Prozent der Schlaganfallpatienten müsssen nach der Diagnose ins Zentrum verlegt werden. Und hier deutet sich noch ein Schwachpunkt an, an dem laut Adamczyk aber schon gearbeitet wird: Wie lässt sich der Transport in die Spezialklinik zeitlich verkürzen? "Wir müssen schauen, wie sich das machen lässt", meinte er.

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