Private Bankkunden:Keine Angst vorm Strafzins

Commerzbank will Staatshilfen zurückzahlen

Einst gab es Zinsen auf Bankguthaben, inzwischen verlangen einige Institute Strafzinsen. Privatkunden müssen aber wohl nicht zahlen.

(Foto: dpa)

Schon jetzt verlangen Banken von Unternehmen für Einlagen Gebühren. Nun haben viele Sparer Angst, dass auch sie bald zahlen müssen. Doch die Sorge ist unnötig - aus mehreren Gründen.

Von Harald Freiberger, Frankfurt am Main

Das Tabu ist gebrochen. Mit der Commerzbank verlangt das erste große Kreditinstitut in Deutschland einen Strafzins auf Einlagen von Großunternehmen. Auch die WGZ-Bank, das Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken in Westfalen, erklärte am Freitag, dass es einem kleinen Teil seiner institutionellen Kunden, zum Beispiel Versicherungen, negative Zinsen berechnen wird. Die Deutsche Skatbank, die Internettochter einer Genossenschaftsbank in Thüringen, führte den Strafzins vor zwei Wochen sogar schon für Privatkunden ein. Wer mehr als drei Millionen Euro Gesamteinlagen hat, zahlt 0,25 Prozent Negativzins.

Noch sind nur große Unternehmen und große Privatvermögen betroffen. Trotzdem geht in Deutschland die Angst um, dass die Summen, auf die ein Strafzins fällig wird, immer kleiner werden. Wird irgendwann jeder normale Sparer belastet?

Banken, Verbände und auch Verbraucherschützer wiesen es bisher weit von sich, dass irgendwann Privatkunden selbst auf kleinere Beträge Strafzinsen zahlen müssen. Es gibt aber auch Experten, die das nicht ausschließen. Ihr Argument: Je länger die Niedrigzinsphase dauere, umso mehr werden Geschäftsbanken den Negativzins auch auf Privatkunden abwälzen müssen. Schließlich zahlen sie selbst seit Juni einen Strafzins bei der Europäischen Zentralbank (EZB), wenn sie dort Geld kurzfristig parken. Auf einem Bankenkongress in Frankfurt war der Negativzins am Freitag großes Thema. Der Vorsitzende des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland, UBS-Manager Stefan Winter, etwa sagte: "Auf Dauer kann man nicht ausschließen, dass das beim Privatkunden ankommt."

Negativzinsen nicht rechtskonform

Was bisher vielen nicht bekannt war: Privatkunden deutscher Banken haben schon aus juristischen Gründen kaum etwas zu befürchten. Denn Negativzinsen sind auf bestehende Einlagen gar nicht rechtskonform. "Bei einem Darlehensvertrag ist der Darlehensnehmer (die Bank) laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) prinzipiell verpflichtet, dem Darlehensgeber (dem Kunden) einen Zins zu zahlen", sagte Tobias Tröger, Professor für Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Frankfurt der Süddeutschen Zeitung. Und Bankeinlagen stellten "regelmäßig" Darlehen dar. Geregelt sei dies in Paragraf 488 BGB. Demnach könne der Geber sein Darlehen zwar kostenlos anbieten, der Zins dürfe aber nicht in den negativen Bereich rutschen, weil dies dem Vertragstypus widerspreche.

Dies gilt nach Ansicht des Professors grundsätzlich für alle bestehenden Bankeinlagen von Verbrauchern und Unternehmern. Bei Neueinlagen hält er negative Zinsen dagegen für zulässig, wenn der Zinssatz dem Einleger vorher bekannt war - egal, ob es sich um Privat- oder Geschäftskunden handelt.

"Auf die meisten Einlagebeziehungen zwischen Banken und Privatkunden dürfte Paragraf 488 BGB zutreffen, es ist die typische Konstruktion", erklärt Professor Tröger. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn bei der Einlage klar erkennbar eine "Aufbewahrungsleistung" im Vordergrund stehe. Der Kunde trägt sein Geld dann nicht zur Bank, weil er dafür einen Zins haben will, sondern damit sie es sicher verwahrt. Für diese Leistung könnte die Bank ein Entgelt verlangen. Allerdings sei die Sachlage hier auch nicht eindeutig, weil sich der entsprechende Paragraf 700 BGB wiederum auf Paragraf 488 beziehe.

Das Kreditinstitut würde massenhaft Kunden verärgern

Damit eine Bank von einem Privatkunden auf Alteinlagen Strafzinsen berechnen könnte, müsste sie den Darlehensvertrag durch einen sogenannten unregelmäßigen Verwahrvertrag ersetzen. In der Praxis dürfte das schwierig sein, da das Institut damit massenhaft Privatkunden verärgern würde und diese ihre Bankbeziehung beenden könnten. Der Ertrag stünde kaum im Verhältnis zum Risiko und zum Aufwand.

Auch aus anderen Gründen rechnet vorerst kaum jemand mit Strafzinsen für kleinere Guthaben. "Verbraucher würden ihr Geld dann schnell bei einer anderen Bank aufs Sparkonto legen", sagte Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Indirekt könnten die Negativzinsen für große Bankguthaben aber auch Verbraucher treffen. "Hinter einem Investmentfonds, der für seine Einlagen Negativzinsen zahlen muss, stehen auch Gelder von Privatanlegern", sagte die Verbraucherschützerin. Allerdings sollten solche Einlagen am Gesamtvermögen eines Fonds relativ gering sein.

Deutsche Bank um private Sparer nicht besorgt

Die Deutsche Bank sieht ebenfalls noch keinen Trend zu Strafzinsen. "Wir sind für Privatkunden nicht besorgt", so Finanzchef Stefan Krause am Freitag. "Ich glaube schon wegen des psychologischen Moments nicht, dass es Negativzinsen für Sparer geben wird." Es gehe mehr um Guthaben von Großkunden. Die Frage sei, wie lange Banken die Rechnung noch zahlen könnten, da sie selbst für kurzfristige Einlagen bei der EZB drauflegen müssen.

Auch Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Privatbankenverbandes BdB, betont: "Der Wettbewerb ist so stark, dass ich nicht glaube, dass das auch Privatkunden treffen wird." Er verteidigte die Schritte einzelner Kreditinstitute für Großkunden: "Das ist kein Dammbruch, das ist normales ökonomisches Verhalten." Es sei keine Überraschung, dass die Negativzinsen der EZB bei sehr großen Beträgen durchgereicht würden. "Es ist vielleicht nicht schlecht, dass den Leuten bewusst wird, was die Konsequenzen dieser Niedrigzinspolitik sind. Das macht deutlich, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden, die schnellstmöglich beendet werden muss."

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