Luxus-Sortiment bei Lidl:Discount-Austern zu Weihnachten

In Großbritannien bringt Lidl zu Weihnachten Austern in die Regale - und macht die teuren Meeresfrüchte zur Billigware. Bezahlbarer Luxus? Ein Widerspruch in sich.

Von Pia Ratzesberger

Die Weihnachtszeit, Zeit des Genusses. Auch wer das restliche Jahr über die Küche nur selten betritt und im Supermarkt stets auf die Regale mit den Fertiggerichten zusteuert - an Weihnachten, da gönnt man sich doch mal was. Die Festtage wollen schließlich um ihrer selbst willen zelebriert und die angereisten Verwandten beim Weihnachtsessen beeindruckt werden. Wie ginge das besser als mit ausgefallenen Delikatessen, die im Gegensatz zu Würstchen oder Forellen nicht in jedem Supermarkt um die Ecke zu haben sind. Mit ein wenig Extravaganz im weihnachtlichen Esszimmer, zwischen Spekulatius und Stechpalmen.

Auch die Briten, die dem Vorurteil zufolge nicht die größten Gourmets sind, wagen zur Weihnachtszeit offenbar gerne ein kulinarisches Abenteuer. So rüstet Lidl UK, ebenfalls nicht als erste Adresse für Feinschmeckerspezialitäten bekannt, nun gegen Jahresende seine Regale auf. Vom 20. Dezember an bis Weihnachten verkauft der Discounter in diesem Jahr Luxus im Sechser-Pack: Austern, die Meeresfrüchte, bei deren Verzehr zwischen Ekel und Genuss meistens nicht viel liegt. Die Briten scheinen zu letzterem zu neigen: "Da auch Hummer ziemlich beliebt sind, wissen wir, dass die Leute bei ihrem Essen zuhause mittlerweile ein bisschen experimentierfreudiger sind", sagte eine Sprecherin des Unternehmens dem britischen Guardian. Die Austern von der Pazifikküste Asiens würden das Luxusangebot zur Weihnachtszeit von Lidl noch weiter ergänzen.

"Luxus muss wirklich nicht die Welt kosten" - wirklich?

Allerdings passt sich der Discounter nur mit seiner Produktpalette an die Luxushändler an, preislich selbstverständlich nicht. Die Austern gibt es zu Dumping-Beträgen: 2,79 britische Pfund soll ein Packet à sechs Austern kosten, das sind etwa 3,50 Euro. Zum Vergleich: Hierzulande kosten sechs Stück bei einem großen Anbieter auf der Insel Sylt mehr als das Doppelte.

Der Sprecherin von Lidl UK zufolge würden Kunden kaum ein günstigeres Angebot auf dem britischen Markt finden. Luxusprodukte als Billigware, das scheint anzukommen. Denn auch andere Ketten in Großbritannien haben erkannt, dass sich Hochwertiges zu niedrigen Preisen in der Weihnachtszeit gut verkauft: Der Tiefkühlprodukthersteller Iceland bietet in diesem Jahr zum ersten Mal einen ganzen Hummer für fünf Pfund, also etwa sechs Euro an. Vetrieben wird dieser von der Supermarktkette Asda, deren Verkaufschef im Bereich Lebensmittel, Barry Williams, sagte dazu: "Luxus muss wirklich nicht die Welt kosten". Auch in Deutschland haben sich Supermarktketten wie Rewe oder Aldi diesen Leitsatz oftmals mit eigenen Gourmetlinien zu eigen gemacht.

Doch muss er das wirklich nicht? Hummer und Austern verlieren schließlich schnell an Exklusivität, wenn sie plötzlich in jedem Supermarkt, an jeder Ecke, zu haben sind. Der Preis beeinflusst immer auch den subjektiven Wert eines Produkts. Zumal billiger Luxus ein Widerspruch in sich ist. Dazu genügt ein Blick in den Duden: Dort ist Luxus als "kostspieliger, verschwenderischer Aufwand" beschrieben. Wenn dann die Verwandten um den gedeckten Weihnachtstisch sitzen und die Austern angerichtet sind, könnte die Frage "Wie viel haben die Meeresfrüchte denn gekostet? Die waren sicher teuer, oder?" zu Verlegenheit führen. Besser schnell runter damit.

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