Autos aus China:Qoros, der Ladenhüter

Qoros 3 Sedan

Der Qoros 3 ist ein Kompaktwagen, der als Stufenheck-Limousine, fünftürige Limousine und SUV angeboten wird.

(Foto: Qoros)

Die Modelle des chinesisches Herstellers Qoros sollten Exportschlager werden. Doch die Marke eiert rum, selbst in der Heimat kauft kaum jemand deren Autos. Konzernmutter Chery kommt das sogar gelegen.

Von Marcel Grzanna, Shanghai

Es wäre so schön gewesen: Deutsches Design und deutsches Management sollten aus einem chinesischen Auto einen Verkaufsschlager für die ganze Welt zaubern. Doch Qoros, so der Name der Firma, hat seine Wirkung bisher verfehlt. Herausgekommen ist stattdessen ein Ladenhüter mit veralteter Technologie, der es nicht einmal mit den enttäuschenden Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen in China aufnehmen kann.

550 verkaufte Fahrzeuge im Monat - davon kann kein Unternehmen leben

Mit großen Erwartungen startete Anfang des Jahres der Verkauf. Seitdem brachte der Hersteller nach Angaben der Shanghaier Beratungsfirma Automotive Foresight lediglich 550 Fahrzeuge pro Monat an den Kunden. Mitte Oktober gestand Vorstandschef Gou Qian bei einer Auto-Konferenz in Wuhan, dass die Wahrnehmung der Marke den Erwartungen "weit hinterher läuft". Und der deutsche Qoros-Manager Volker Steinwascher, der lange für VW gearbeitet hat, sagte der Tageszeitung Die Welt: "Eine neue Marke aufzubauen, geht nicht über Nacht."

Der Erfolgsdruck wächst. Vergangene Woche stellte Qoros bei der Automesse im südchinesischen Guangzhou eine neue SUV-Version vor, das insgesamt dritte Modell aus der China-Schmiede. Analyst Zhang Yu von Automotive Foresight sieht darin fast schon die letzte Chance für den Hersteller. "Wenn das Unternehmen mit dem neuen SUV das Ruder nicht herumreißt, dann kann es in ernsthafte Schwierigkeiten geraten", erklärt Zhang.

Zwar versicherte die israelische Investmentgruppe Israel Corp. vor einigen Wochen im Wall Street Journal ihre künftige Unterstützung. Doch angesichts des siechenden Interesses am Qoros stellt sich die Frage, wie nachhaltig die Ankündigung der Investoren tatsächlich ist. Die Israelis halten 50 Prozent des Gemeinschaftsunternehmens, die andere Hälfte gehört dem privaten chinesischen Hersteller Chery.

"Die Kosten sind zu hoch und die Effizienz zu gering"

Dabei waren die Voraussetzungen für eine breite Wahrnehmung der Marke glänzend - so schien es jedenfalls. Der Hype in den Medien um das Projekt war groß, von heute auf morgen galt Qoros als ernsthafter Herausforderer der globalen Autoindustrie. Die Emotionen schlugen hoch. Volkswagen-Chef Martin Winterkorn warf seinem ehemaligen Angestellten Steinwascher den Ausverkauf deutschen Know-hows vor und wollte ihm sogar die Betriebsrente verweigern. Branchenkenner indes fanden das Konzept der Systemzulieferung von Antriebsstrang und Karosse von jeweils einem einzigen Hersteller einen spannenden Ansatz.

Der deutsch-israelisch-chinesischen Koproduktion war viel Aufmerksamkeit gewiss. Doch am Ende versagte, wenn man so will, die Zündung. "Die Kosten sind zu hoch und die Effizienz zu gering", sagt Yang Jian vom Branchendienst China Automotive News. Das Vertriebsnetz entpuppt sich als viel zu klein, um großflächig den Markt zu erobern. Nur wenige Dutzend Händler im Land bieten den Qoros an. Wegen der miesen Verkaufszahlen finden sich auch keine neuen Händler. Man habe zu spät mit dem Aufbau des Netzes begonnen, heißt es aus dem Unternehmen.

Strategischer Zickzack-Kurs

Qoros-Studie für die LA Design Challenge

Mit dieser Studie trat Qoros beim Design-Wettbewerb auf der LA Auto Show an. Fraglich, ob Elemente davon je in die Serie übertragen werden.

(Foto: dpa-tmn)

Deutsche Ingenieure, die Qoros-Modelle in China getestet haben, klagen zudem über schlechte Technologie und die Lautstärke im Innenraum. Die Chery-Motoren hätten auch Mühe, die Abgasnormen zu erfüllen, heißt es. Die schlechten Nachrichten über den Qoros haben sich herum gesprochen. Zahlreiche wichtige Mitarbeiter haben das Unternehmen verlassen; Personalfirmen sind derzeit verstärkt auf der Suche nach neuen Köpfen für Qoros und handeln sich dabei zahlreiche Absagen ein, wie eine Insiderin zugibt. "Die Leute wollen nicht zu Qoros, weil sie sehen, dass das Projekt nicht läuft."

Als wenig förderlich für den Erfolg erweist sich der strategische Zickzack-Kurs. Anfangs sollten Chery-Modelle als Basis für die neue Marke herhalten, ehe man sich anders entschied und von Chery nur die Motoren verwendete. Der Export der Marke in große Teile Europas wurde vorerst auf 2016 verschoben. Vor einer Weile wurde gemunkelt, das Unternehmen wolle ein Elektrofahrzeug auf den Markt bringen. Davon ist bislang weit und breit nichts zu sehen. Nicht einmal ein richtiger Werbeslogan ist bislang gefunden.

Bisher hat man nicht einmal einen richtigen Werbeslogan. Dabei waren die Hoffnungen sehr groß

Qoros eiert rum.

Das Hin und Her habe auch mit der ständigen Einmischung von Chery in strategische Fragen zu tun, sagen Brancheninsider. Inzwischen kursieren Gerüchte, dass Chery das Gemeinschaftsunternehmen mit Absicht gegen die Wand fahren lassen möchte. Sollte sich der israelische Investor zurückziehen, bliebe eine nagelneue Autofabrik mit einer Maximalkapazität von 300 000 Fahrzeugen pro Jahr als Hinterlassenschaft zurück. Chery könnte sich die Fabrik spottbillig einverleiben.

Verwendung dafür hat das Unternehmen, das seit Jahren rote Zahlen schreibt. Denn in der Nachbarschaft schraubt die Firma in einem zweiten Gemeinschaftsunternehmen Fahrzeuge mit der Nobelmarke Jaguar Landrover zusammen. Und deren Verkäufe ziehen an. Eine Ausweitung der Produktion wäre dann in kurzer Zeit machbar. Der Traum vom Bestseller wäre dann zwar geplatzt, aber für Chery hätte Qoros seinen Zweck erfüllt.

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