Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton:Der bessere Mercedes triumphiert

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Glücklicher Weltmeister: Lewis Hamilton. (Foto: dpa)

Seine Pop-Star-Freundin weint, sogar Prinz Harry jubiliert: Lewis Hamilton gewinnt das Rennen in Abu Dhabi und damit auch den WM-Titel in der Formel 1. Nico Rosberg bleibt chancenlos zurück - weil sein Auto diesmal deutlich schlechter ist.

Von René Hofmann, Abu Dhabi

Die Pop-Star-Freundin in Tränen aufgelöst, ein Feuerwerk am Himmel und Prinz Harry am Funk, der sagt: "Lewis, du bist eine absolute Legende." So ist für Lewis Hamilton, 29, die Formel-1-Saison 2014 zu Ende gegangen. Mit einem souveränen Sieg beim Saisonfinale in Abu Dhabi sicherte sich der Brite zum zweiten Mal nach 2008 den WM-Titel. Sein Teamkollege und Titelrivale Nico Rosberg gratulierte noch in dem Raum, in dem die drei Bestplatzierten des Rennens sich auf die Siegerehrung vorbereiten. An der durften dieses Mal neben Hamilton die Williams-Fahrer Felipe Massa (Zweiter) und Valtteri Bottas (Dritter) teilnehmen.

"Ich bin sprachlos. Das ist der tollste Tag meines Lebens", sagte Hamilton, nachdem Rosenwasser über ihn geschüttet worden war. Die Komplimente, die Rosberg ihm zuvor direkt unterbreitet hatte, gab er öffentlich zurück: Sein Teamkollege habe ihm einen "unglaublichen Kampf" geliefert und sei das ganze Jahr über "unglaublich gut gefahren". In Abu Dhabi aber reichte das lediglich für Platz 14, zu dem Rosberg sagte: "Das ist schwer und hart, aber auch okay so. Über die Saison gesehen ist Lewis der ein bisschen Bessere gewesen."

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Am Sonntag war Hamilton das schon am Start. Rosberg hatte seine Chance bereits auf den ersten Metern verspielt. Auf der Einführungsrunde hatte Hamilton am Funk noch ein wenig geklagt: Nicht alles in seinem Formel-1-Mercedes sei tipptopp. Davon aber war nichts zu sehen, als es schließlich ernst wurde. Als die Lichter an der Startampel ausgingen, zog Hamilton von Platz zwei aus los. Bei Rosberg, der auf dem begehrtesten Startplatz hatte parken dürfen, sah es dagegen so aus, als würde er auf eine weitere Einladung warten, den Grand Prix beginnen zu dürfen. Selbst Bottas und Massa, die in der zweiten Startreihe geparkt hatten, kamen ihm nahe. Hamilton? War schon in der ersten Kurve auf und davon. "Das war wahrscheinlich der beste Start, der mir je gelungen ist", gab er an.

Nach einer Runde betrug Rosbergs Rückstand bereits 1,2 Sekunden. Nach der zweiten waren es 1,4. Nach der dritten 1,6. Der Trend war eindeutig. Bis zum ersten Boxenstopp konnte Rosberg das, was er sich vorgenommen hatte, nicht umsetzen - Hamilton unter Druck zu setzen, um ihn in einen Fehler zu treiben. Nachdem sowohl Hamilton wie auch er problemlos die Pneus getauscht hatten, gelang es ihm dann auch nicht mehr. Rosbergs Rückstand war auf mehr als zwei Sekunden gewachsen, als er in der 25. Runde einen weiteren Rückschlag hinnehmen musste: Der Zeitenmonitor zeigte, dass Hamiltons Vorsprung plötzlich sprungartig anstieg. Am Funk war kurz darauf auch zu vernehmen, warum: Er habe keine Hybrid-Kraft mehr, berichtete Rosberg. Sein Renningenieur wusste daraufhin lediglich zu berichten, dass er das beim Blick auf die Telemetrie-Daten auch schon bemerkt hatte.

Das Duell zwischen den beiden Mercedes-Piloten war anschließend eines mit ungleichen Waffen. Wie unterlegen Rosbergs Auto war, gab es in Umlauf 32 zu besichtigen. In diesem tauschte Hamilton zum zweiten Mal seine Reifen. Anschließend kehrte er hinter Rosberg auf die Strecke zurück. Diese Reihenfolge aber hatte nur kurz Bestand: So problemlos, als sitze Rosberg in einem Kart, fuhr Hamilton an ihm vorbei.

In der Mercedes-Box war zu dieser Zeit ein nervöser Teamchef zu sehen. Ein technisches Problem - das war die größte Befürchtung der Mercedes-Gewaltigen gewesen. Das Team hatte die Konstrukteurswertung bereits vor Wochen mit großem Vorsprung für sich entschieden. Die Motoren der Marke hatten jedes Auto angetrieben, das in diesem Jahr die Pole Position erobert hatte. Derlei hatte es zuletzt 1969 gegeben. Die Dominanz drohte nun durch einen Rosberg-Ausfall im Finale getrübt zu werden. "Im Moment geht es für ihn ums Überleben", sagte Teamchef Toto Wolff ins RTL-Mikrofon. In der Übertreibung war deutlich die Anspannung zu hören.

Auch nett: In der Garage saßen die beiden Lager unmittelbar nebeneinander. Auf der rechten Seite Rosbergs Frau und ein Dutzend Freunde von ihm. Links Lewis Hamiltons Freundin, die Pussycat-Dolls-Sängerin Nicole Scherzinger, sein Bruder, sein Vater und seine Stiefmutter. Die Unterstützer waren erst am Morgen angereist, einigermaßen überraschend: Bei Mercedes wurden die VIP-Pässe knapp. Am Samstagabend, nach der enttäuschenden Nieder- lage gegen Rosberg in der Qualifikation, hatte Hamilton die Frage, ob er nun doch noch, in quasi letzter Minute, familiäre Hilfe einfliegen lasse, so knapp wie eindeutig beantwortet: "Nein."

Tarnen, täuschen, den anderen mit Sprüchen unter Druck setzen: So war es seit Donnerstag ständig zwischen Hamilton und Rosberg zugegangen. In den drei Trainingsfahrten hatten die beiden sich gegenseitig belauert. Zweimal war Hamilton der Schnellere gewesen, am Samstagvormittag dann Rosberg, der Hamilton auch bei jeder Gelegenheit an den Dreher erinnerte, in den er ihn zuletzt in Brasilien getrieben hatte. Hamilton hingegen versuchte, die Psycho-Spitzen an sich abprallen zu lassen. Es gab wenige Momente, in denen er ohne Sonnenbrille im Fahrerlager gesehen wurde. Als er gefragt wurde, ob Rosbergs Kommentare ihn treffen würden, sagte er: "Ich höre ihm gar nicht mehr zu."

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Vor dem Start hatte dieses Geplänkel die Spannung noch einmal erhöht. Im Rennen aber war es dann ein Duell auf Distanz. Ohne die 150 PS, die der Elektroantrieb bringt, konnte Rosberg nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Er flehte am Funk, sein Ingenieur solle ihm sagen, wie er fahren müsse, um am Ende noch den sechsten Platz zu belegen, der ihm den Titel garantiert hätte, falls Hamilton doch noch ausgefallen wäre.

Vom Kommandostand aber kam nur zurück: "Das sieht schlecht aus." Er solle einfach Vollgas geben. In der vorletzten Runde, da war Rosberg Dreizehnter und kurz davor, von Hamilton überrundet zu werden, erging an ihn vom Kommandostand aus das Angebot, das Auto in die Garage zu fahren. Rosberg lehnte ab: "Ich will zu Ende fahren", gab er zurück. Wenn schon verlieren, dann wenigstens mit Stil.

© SZ vom 24.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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