RB Leipzig gliedert Profis aus:Flucht nach vorne

RB Leipzig FC Saarbrücken

Es läuft sportlich bei RB Leipzig: Dominik Kaiser bein einem Treffer zu Saisonbeginn

(Foto: dpa)

Der Schritt überrascht: RB Leipzig plant, die Profimannschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung auszugliedern. Hauptziel des Vereins bleibt jedoch, weiterhin das Sagen zu haben.

Von Saskia Aleythe

Natürlich gibt es auch mal Unmut in Leipzig, zum Beispiel wenn es um die Plätze geht. Sitzplätze gibt es genug in der Arena, behüpfbare Stehplätze hingegen nicht - so mancher Fußballfan wird deswegen beim Besteigen der Plastikschalen des Blockes verwiesen. Ansonsten tönen allerdings kaum Klagen von den Anhängern von Rasenballsport Leipzig in die Fußballwelt. Nur einen Punkt ist der Zweitliga-Aufsteiger vom Relegationsplatz zur Bundesliga entfernt. Das Projekt Durchmarsch läuft.

So ein bisschen herausputzen möchte sich RB Leipzig bis zum anvisierten Bundesliga-Debüt aber noch: In einer kurzfristig einberufenen und außerordentlichen Mitgliederversammlung soll am 2. Dezember eine wichtige Entscheidung getroffen werden. Geplant ist, aus dem Verein RB Leipzig die Profimannschaft sowie die Nachwuchsteams bis zur U16 in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung auszugliedern. Es ist ein formaler Schritt, dessen Hintergründe der Verein nicht kommuniziert. Aber es ist ein Schritt, der Fragen aufwirft.

Von den aktuellen Bundesliga-Teams ist ein Großteil in Kapitalgesellschaften ausgegliedert. Der häufigste Grund: finanzielle Probleme, die durch das Öffnen für Investoren behoben werden sollen. Bei den Leipzigern wird das kaum der Grund sein, Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz aus Österreich versorgt den Verein schließlich jährlich mit Millionen.

Warum also geht RB Leipzig diesen Schritt? Zum einen wohl aus Imagegründen: RB braucht zwar nicht das Geld von Investoren, aber ihre Namen stünden dem Klub gut. Es sieht besser aus, wenn ein Verein nach außen wirkt wie viele andere Vereine auch. Der FC Bayern hat mit der Allianz, Audi und Adidas gleich drei so große Investoren, dass schon einer genügen würde, um die nötigen Finanzen zu sichern. Erst im Oktober präsentierten die Leipziger mit VW und Porsche zwei namhafte Sponsoren, die für die Optik ebenfalls wichtiger waren als für die Kasse.

Vor allem aber hat RB Leipzig mit dem Aufstieg in den Profifußball Ausbesserungen versprochen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) erteilte erst nach einigem Hin und Her die Lizenz für die 2. Liga, sie signalisierte ganz deutlich, dass RB in Sachen Regularien keinen Sonderstatus zu erwarten hat. Der Klub musste sein Logo ändern und sicherte Veränderungen in den Statuten zu - unter anderem sollten die hohen Hürden für eine Mitgliedschaft gesenkt werden. Nur zwölf Personen dürfen sich derzeit stimmberechtigtes Mitglied nennen, alle sind Angestellte des Vereins. Mitgliedsbeitrag: angeblich 800 Euro.

Mit dieser Eintrittshürde in den Verein ist noch dazu die Gemeinnützigkeit stark in Frage gestellt - ein heikler Punkt, der die Leipziger seit dem Bestehen beschäftigt. Mit der fortschreitenden Professionalisierung wird ohnehin immer deutlicher, dass der Verein wirtschaftlich arbeitet und nicht für das Allgemeinwohl. Bisher hat das Finanzamt die Gemeinnützigkeit nicht angezweifelt, doch es könnte dem Klub den Status bei der jährlichen Prüfung aberkennen - und dann wäre RB Leipzig von den Wettbewerben der DFL und des DFB ausgeschlossen.

Hauptziel lautet weiter: Das Sagen zu haben

Gibt es nun eine GmbH, könnte die gewinnorientierte Profiabteilung dort agieren, im Verein verbliebe eine sehr wohl gemeinnützige Jugendabteilung. Außerdem könnte sich der Verein für Mitglieder öffnen, ohne deren Einfluss auf die Profiabteilung fürchten zu müssen. Bei der Gestaltung der Mitbestimmungsrechte des Vereins auf die GmbH gäbe es flexiblere Möglichkeiten als bei einer bloßen Vereinsstruktur. Die RB-Oberen könnten so immer noch ihr Hauptziel verfolgen: Das Sagen zu haben.

Pikant werden die Vorgänge aber beim Blick auf ein anderes Datum: Am 4. Dezember, also zwei Tage nach der Versammlung der Leipziger, kommt die DFL zusammen, um auf ihrer Mitgliederversammlung wichtige Regularien zu besprechen. Vorgesehen ist dabei unter anderem eine Diskussion über die 50+1-Regelung. Die kann, streng genommen, bisher nicht auf eingetragene Vereine angewendet werden, wie beim RB Leipzig in der noch aktuellen Organisationsform. "Wir werden uns damit beschäftigen, das Thema 50+1 zukunftssicher zu machen", hatte Ligaverbandspräsident Reinhard Rauball zuletzt gegenüber dem Kicker angekündigt. Eine Lex Leipzig kann sich die DFL nun aber wohl sparen.

Der Klub kommt dem zuvor und unterwirft sich mit der Kapitalgesellschaft freiwillig der 50+1-Regelung. Auch das wirkt zunächst widersprüchlich, doch der Klub ist seit jeher bestens beraten in Rechtsfragen und dem Suchen von Schlupflöchern. Denn genau genommen schreibt die Regel nur vor, dass der Verein mehr als 50 Prozent der Stimmanteile an der GmbH halten muss - das wäre gegeben. Neben Dietmar Hopp und seinem Engagement bei der TSG Hoffenheim sowie Martin Kinds Unterstützung von Hannover 96 käme Mateschitz als großer Unterstützer nicht als einziger Sonderling daher - zumal, wenn weitere Investoren am Leipziger Projekt beteiligt sind.

Leipzig spekuliert schließlich darauf, sich irgendwann sogar für europäische Wettbewerbe zu qualifizieren, über die die Uefa mit ihren Regularien zum Financial Fairplay wacht. Sich schon mal vorsorglich dem Bild eines normalen Vereins anzunähern, schadet sicher nicht. Die Sache mit den Stehplätzen kriegt RB bis dahin bestimmt auch noch geregelt.

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