Dortmunds Ilkay Gündogan:Lustvoller als seine kriselnden Kollegen

Arsenal FC v Borussia Dortmund - UEFA Champions League

Froh über jede Spielminute: Dortmunds Ilkay Gündogan (links), hier im Zweikampf mit Arsenals Aaron Ramsey

(Foto: Getty Images)

Er war einer der begehrtesten Spieler der Welt. Selbst Real Madrid wollte Ilkay Gündogan haben - bis der Rücken streikte. Nun könnte er nach seiner Leidenszeit der Spieler für Borussia Dortmund werden, der die verunsicherte Mannschaft von ihren Selbstzweifeln befreit.

Von Jonas Beckenkamp, London

Der Londoner Nieselregen hatte gerade wieder eingesetzt, da erhoben sich die Zuschauer im Stadion des FC Arsenal und spendeten warmen Beifall. Für beide Teams, wohlgemerkt - die Engländer sind ja faire Sportsleute. Auf dem Platz versammelten sich die Spieler und damit keiner frieren musste, gab es Umarmungen. Lukas Podolski krallte sich Ilkay Gündogan, er herzte den Dortmunder und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Auch wenn Podolski derzeit in seinem Verein wenig mitspielen darf, wusste er, was dieser Abend für seinen alten DFB-Kumpel bedeutete.

Ilkay Gündogan war in die Stadt zurückgekehrt, in der er seine letzte große Partie gespielt hatte - und zwar als aktiver Fußballer, der sogar 90 Minuten durchhielt wie zuletzt schon gegen Paderborn. Vor über 18 Monaten hatte der Dortmunder im Champions-League-Finale von Wembley gegen die Bayern per Elfmeter das 1:1 erzielt. Der Nationalspieler war damals einer der vielversprechendsten Sechser Europas, sogar "Real Madrid machte ein Angebot", wie er es neulich gegenüber türkischen Medien ausdrückte. Dann kam der Rücken. Eine komplizierte Reizung im Nervenwurzel, Operation an der Lendenwirbelsäule, monatelanges Bangen, ob er je wieder auf die Beine kommt.

Jetzt also wieder London, ein paar Meilen weiter östlich und auch wenn der BVB beim 0:2 gegen Arsenal arge Schwierigkeiten offenbarte - an Gündogan lag es nicht unbedingt. Ihm war anzumerken, dass er wollte. Er versuchte, das Spiel seiner Mannschaft aus der Tiefe zu lenken, er traute sich ein paar Risikopässe zu und wirkte lustvoller als viele seiner kriselnden Kollegen. Vielleicht ist das sogar die Erkenntnis dieser Woche: Während bei der Borussia ein kollektives Kopfproblem herrscht, ist Gündogan frei und froh, dass er wieder dabei ist.

Er konnte die Niederlage freilich nicht verhindern, dazu wackelte die halbe Dortmunder Mannschaft zu sehr. "In den entscheidenden Situationen waren wir nicht richtig da", sagte Gündogan. "Wir haben zwei Gegentore kassiert, die so nicht passieren müssen. Wir haben es vermissen lassen, dass wir uns richtige Torchancen herausspielen. Und dann verlierst du hier zu Recht 0:2." Es waren klare Worte, im Gegensatz zu einigen anderen (Schmelzer, Piszczek, Subotic) schien der Rückkehrer immerhin frei von Selbstzweifeln zu sein.

Der gebürtige Gelsenkirchener gilt als positiver Typ, der selbst während seiner Leidenszeit nicht den Glauben an sich verlor. Er hat schlimmeres erlebt als Platz 16 in der Bundesliga oder eine unbedeutende Pleite beim FC Arsenal - ihn plagen deswegen vielleicht auch weniger Sorgen als seine gebeutelten Mitspieler. Mit dieser Qualität könnte er in der verunsicherten BVB-Elf noch ein entscheidender mentaler Faktor werden. Wer im Kopf fit ist, kriegt bekanntlich auch die Beine schneller wieder auf Trab.

"Man kann sich das Glück im Leben erkämpfen," erklärte Jürgen Klopp passenderweise auf der Pressekonferenz nach dem Spiel, "dann kommt es irgendwann zurück." Er bezog sich damit auf die Lösungsansätze für seine Elf, aber eigentlich traf der Satz auch auf Ilkay Gündogan zu. Der hatte nach der Knuddelei mit Podolski sogar noch lautstarke "Ilkay, Ilkay"-Sprechchöre in der Fankurve erhalten und war darauf frisch geduscht in den Mannschaftsbus geschlendert. Er sah beseelter aus als der Rest.

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