"Er sagt, sie sagt":Immer bleibt alles an mir hängen

popart teaser kolumne "er sagt, sie sagt"

Sind Paare gemeinsam zu einer Veranstaltung eingeladen, kommen sie häufig zu spät - aus einem einfachen Grund.

(Foto: iStock)

Sie müssten längst aufbrechen. Doch sie kommen nicht los - weil sie lieber das Opfer spielt als den Teamplayer. Ein Beziehungsdrama in Dialogform.

Von Violetta Simon

Samstagmorgen. Sie sind auf eine Hochzeit eingeladen. Er sitzt am Tisch, trinkt Kaffee, liest Zeitung. Sie läuft durch die Wohnung, sucht Geschenkpapier und Schleife zusammen.

Er: Kommst du? Dein Kaffee wird kalt!

Sie (umwickelt einen runden länglichen Gegenstand): Ich habe jetzt keine Zeit, ich versuche gerade, die Vase einzupacken.

Er: Lass mich das machen, dann kannst du frühstücken.

Sie: Lieber nicht, es soll doch schön aussehen. Du weißt ja, wie die von Eichstätts sind!

Er: Oha. Braucht man zum Einwickeln von Geschenken jetzt schon eine Ausbildung in Origami? Wenn das so ist, gehe ich schon mal Duschen.

Sie (drapiert die Schleife): Ja, mach das. Ich muss sowieso noch die Glückwunschkarte schreiben.

Er: Das kann ich ja nach dem Duschen schnell erledigen.

Sie: So eine Hochzeitskarte ist doch kein Einkaufszettel! Da kommt es auf jedes Wort an. Ich habe gestern stundenlang in Heines gesammelten Werken geblättert, um einen geeigneten Sinnspruch zu finden. Nein, nein, das mache ich lieber selbst. Du weißt doch, wie die von Eichstätts sind!

Er: Dir ist echt nicht zu helfen. Also gut, wie du willst.

Er geht ins Bad. Sie schreibt die Karte, legt einen Geldschein dazu, steckt alles in ein Kuvert. Dann holt sie seinen Anzug aus dem Schrank, sucht eine passende Fliege und einen Gürtel aus und hängt alles an die Schlafzimmertür. Als er aus dem Bad kommt, steht sie am Bügelbrett und bügelt sein Hemd.

Er: Willst du nicht endlich mal ins Bad gehen?

Sie: Du bist lustig. Siehst du nicht, was ich zu tun habe?

Er: Warum bügelst du denn mein Hemd?

Sie: Sonst macht's ja wieder keiner!

Er: Das hatte ich doch schon gebügelt!

Sie: Wirklich? Sah gar nicht danach aus.

Er: Man kann die Arbeit auch an sich reißen.

Er wühlt in seinem Schrank, stutzt, wühlt weiter: Sag mal, hast du meinen Anzug gesehen?

Sie: Hängt an der Tür, ich habe schon die passende Fliege zum Hemd ausgesucht.

Er: Ich hatte gar nicht vor, eine Fliege zu tragen.

Sie: Moment, dann suche ich dir noch eine Krawatte. Du weißt, wie die von Eichstätts sind.

Er: Kümmere dich lieber mal um deinen eigenen Kram und schau, dass du endlich ins Bad kommst! Ich spüle inzwischen das Geschirr.

Sie verschwindet im Badezimmer. Er geht in die Küche und lässt warmes Wasser ins Waschbecken laufen. In dem Moment ertönt aus dem Bad ein spitzer Schrei.

Er: Was ist jetzt wieder los?

Sie (streckt den eingeschäumten Kopf aus der Tür): Etwas stimmt mit dem Wasser nicht, es ist eiskalt!

Er: Also bei mir in der Küche kommt es schön heiß.

Sie: Wie kann man nur so egoistisch sein! Endlich komme ich dazu, mich zu duschen, dann drehst du mir das warme Wasser ab.

Er: Ich wollte nur helfen.

Sie: Dann sei so lieb und lass die Finger vom Wasserhahn. Ruf lieber den Installateur an und lass das endlich reparieren!

Bis sie aus dem Bad kommt, dauert es eine Weile. Er steht fix und fertig angezogen vor ihr.

Er: Können wir dann? Wir kommen zu spät!

Sie: Machst du Witze? Guck mal, wie ich aussehe! Ich muss mich noch fönen, schminken, anziehen!

Er: Zieh dir doch ein kleines Schwarzes über, das geht immer.

Sie: Und die Haare, soll ich die aus dem Fenster halten und im Fahrtwind trocknen?

Er: Warum nicht, das sieht bestimmt ... na gut. Ich rufe besser an und sage Bescheid.

Sie: Lass mich das lieber machen. Am Ende stammelst du nur wieder rum. Sie wählt. "Hallo meine Liebe, wir schaffen es leider nicht zum Empfang, die ganzen Vorbereitungen blieben wieder einmal an mir hängen. Wenn man sich nicht um alles selber kümmert - nun ja, du weißt ja, wie Männer sind."

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