Neue Konzernstrategie:Auf ein Bierchen bei Starbucks

Starbucks Corp. Coffee Stores In The German Capital

Eine Starbucks-Filiale in Berlin.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)
  • Starbucks will seine Strategie ändern. Um die Kunden länger und zu allen Tageszeiten in die Coffeeshops zu locken, sollen in den USA künftig auch Bier, Wein und Snacks verkauft werden.
  • Zudem ist eine neue Kette, eine Mischung aus Rösterei und Café, geplant.

Von Pia Ratzesberger

Der Kaffeebecher von Starbucks, das war früher einmal ein Lebensgefühl: Jeder, der sich für urban hielt oder so wirken wollte, trug das grüne Emblem vor sich her. Der "Caramel Light Frappuccino blended", ein Ausdruck von Weltgewandtheit - zumindest dachte das derjenige, der ihn in der Hand hielt. Starbucks kannte man hierzulande schließlich nur aus US-Serien, die ersten zwei deutschen Filialen eröffneten 2002 in der Hauptstadt Berlin - natürlich, wo sonst.

Wer heute in den USA bei Starbucks durch die Tür tritt, sehnt sich aber womöglich gar nicht mehr nach einem Kaffee in solch einem Becher, sondern: nach einem Bier. Vor vier Jahren hat die Coffeeshop-Kette erstmals in einer Filiale in Seattle Alkohol verkauft, später gab es weitere Tests, unter anderem in Atlanta und Chicago. Diese scheinen erfolgversprechend verlaufen zu sein, denn Konzern-Chef Howard Schultz will das Geschäft jetzt weiter ausbauen.

Während Starbucks bisher ein Anlaufpunkt für untertags war und wohl kaum jemand auf die Idee kam, sich abends auf einen Absacker für einen "Iced Chocolate Mocha" zu verabreden, will das Unternehmen seine Kunden nun auch in den Abendstunden für sich gewinnen. Bis 2019 sollen in mehr als jeder fünften US-Filiale die Mitarbeiter an der Theke neben Kaffee zusätzlich auch Wein und Bier ausschenken.

Wer länger bleibt, konsumiert auch mehr

Starbucks will nicht mehr nur Coffeeshop sein, sondern auch Bar - und irgendwie auch Sandwichladen. Im kommenden Jahr würden in den USA Hunderte zusätzliche Läden eröffnen, in denen es Sandwiches und Häppchen gebe, sagte Schultz bei einer Investoren-Konferenz. Die Snack-Verkäufe sollen sich innerhalb der kommenden fünf Jahre verdoppeln. Die Kunden sollen nicht nur schnell einen Coffee-to-go holen, sondern länger im Laden bleiben, zum Lunch in der Mittagspause oder zum Bier nach Feierabend.

Die Hoffnung: Wer länger bleibt, konsumiert auch mehr. Und Starbucks will seinen Umsatz in den kommenden fünf Jahren um fast 90 Prozent auf 30 Milliarden US-Dollar steigern. Das versucht der Konzern zum einen durch Eröffnung neuer Filialen auf wachsenden Märkten wie in Asien. Zum anderen aber auch durch ein erweitertes Produktangebot auf relativ gesättigten Märkten wie dem amerikanischen. Um bei Starbucks zu kaufen, müssen die Kunden dort bald womöglich nicht einmal mehr das Haus verlassen, sondern bekommen die Kaffee-Bestellung via App direkt an die Haustüre gebracht. Erst einmal wird das Online-Angebot jedoch exklusiv und innerhalb der Testphase im kommenden Jahr nur einigen wenigen Kunden zugänglich sein, heißt es von Seiten des Konzerns.

Starbucks scheint verstanden zu haben, dass das grüne Logo alleine heute nicht mehr reicht, um die Leute in seine Läden zu locken. Wer weltweit mit etwa 21.000 Stores in mehr als 50 Ländern präsent ist, kann nicht mehr auf den Reiz des Besonderen setzen. Der Starbucks-Schriftzug ist auch in Deutschland schon lange nicht mehr nur in den Einkaufsstraßen der großen Städte wie Berlin, Hamburg und Köln zu finden. Sondern ebenso im Einkaufszentrum im fränkischen Erlangen oder am Hauptbahnhof von Saarbrücken.

Hundertmal Einzigartigkeit

Um das Image der gewöhnlichen Kaffeekette loszuwerden, setzt Starbucks neben all seinen Plänen für die bisherigen Läden deshalb auch auf ein ganz neues Konzept: In Seattle hat an diesem Freitag ein "Starbucks Reserve Roastery and Tasting Room" eröffnet, eine Mischung aus Rösterei und Café. Das klingt anders als ein Coffeeshop und sieht vor allem anders aus als die gängigen Filialen des Konzerns: Die Kaffeebohnen sollen hier vor den Augen der Kunden geröstet werden, jeder soll mitverfolgen können, wie sein Kaffee in den Becher kommt.

Starbucks-Chef Schultz bezeichnete das Projekt als "Willy Wonka des Kaffees" in Anspielung auf den phantastischen Schokoladenfabrikbesitzer aus dem bekannten Kinderbuch. Schultz will so die Kaffeeliebhaber ansprechen, die die gängige Systemgastronomie verschmähen, aber für einen guten Kaffee gerne mehr zahlen. Seattle soll der Startpunkt einer geplanten Kette für hochwertigen Kaffee mit etwa 100 Filialen weltweit sein.

Doch 100 Shops auf der ganzen Welt, passt das noch mit dem Bild eines wundersamen Kaffeeladens im Sinne von Willy Wonka zusammen? Die Antwort liegt auf der Hand: Charlie Bucket, der kleine Junge aus dem Kinderbuch, wäre von Wonkas Schokoladenfabrik vermutlich nicht so begeistert gewesen - wäre sie nicht einzigartig.

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