Kritik der Amtsvorgänger:Bundeskanzlerin Merkel verteidigt Russland-Kurs

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  • In einem Zeitungsinterview wehrt sich die Kanzlerin gegen Kritik ihrer Amtsvorgänger, die sich für eine entgegenkommendere Haltung im Verhältnis zu Moskau ausgesprochen hatten.
  • Außerdem wirft Bundeskanzlerin Merkel dem Kreml vor, osteuropäische Staaten zu drangsalieren: Russland bereite Moldau, Georgien und der Ukraine Schwierigkeiten.
  • Präsident Putin hat sich überraschend mit dem französischen Präsidenten Hollande getroffen - beide drängten auf ein Ende der Gewalt in der Ostukraine.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte sich in einem Interview mit der Welt am Sonntag gegen Kritik ihrer drei Amtsvorgänger Helmut Schmidt (SPD), Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD), die sich für eine entgegenkommendere Haltung im Verhältnis zu Russland ausgesprochen hatten.

Merkel sagte: "Ich bin überzeugt, dass die gemeinsame europäische Antwort auf Russlands Handlungen richtig ist. Dass Russland die von ihm im Budapester Memorandum von 1994 vertraglich zugesicherte territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine verletzt hat, darf nicht folgenlos bleiben." Merkel sprach sich dennoch erneut für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts aus.

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Die Kanzlerin hat Russland vorgeworfen, der Ukraine und anderen osteuropäischen Staaten zu drangsalieren. "Mit Moldau, Georgien und der Ukraine haben drei Länder aus unserer östlichen Nachbarschaft aus eigener souveräner Entscheidung ein Assoziierungsabkommen mit der EU unterschrieben", sagte Merkel der Welt am Sonntag. "Diesen drei Ländern bereitet Russland Schwierigkeiten."

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Als Beispiel nannte Merkel den Konflikt um Transnistrien, unter dem die Republik Moldau seit Jahren leide. "Wir haben große politische Anstrengung unternommen, hier zu helfen, bislang leider vergeblich", sagte die Kanzlerin. Georgien leide ebenfalls seit Jahren unter dem "eingefrorenen Konflikt" in den abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien. Außerdem versuche Russland, "wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten in einigen Ländern des Westbalkans zu schaffen".

Putin verteidigt Krim-Anschluss

Putin sieht den Anschluss der Krim im Einklang mit dem Völkerrecht. Bei einem kurzfristig angesetzten Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande hatte Putin am Samstag von schwierigen Problemen im Ukraine-Konflikt gesprochen. Beide verlangten ein sofortiges Ende des Blutvergießens. Vor allem müsse die wirtschaftliche Isolierung der Regionen Donezk und Lugansk enden, damit sich dort ein normales Leben entwickeln könne, mahnte Putin. Er warnte, im Fall einer weiteren Blockade werde die Ukraine das Gebiet niemals zurückerhalten.

In den Regionen Donezk und Lugansk starben am Samstag erneut mindestens vier Menschen durch Artilleriebeschuss. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko regte bei einem Besuch im Konfliktgebiet neue Friedensgespräche an. Sie sollen kommende Woche in der weißrussischen Hauptstadt Minsk stattfinden. Der Tag stand zunächst nicht fest. Ab Dienstag soll es aber eine Feuerpause geben.

Die Ukraine-Krise

Die ukrainische Führung hatte vor gut einem Jahr ihren EU-Kurs auf Eis gelegt und sich Russland zugewandt. Dies löste in Kiew massive Proteste aus und führte zu einem Machtwechsel. Infolge der Ereignisse annektierte Russland trotz internationaler Kritik und Proteste Kiews die Halbinsel Krim. In der Ostukraine begann ein Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten.

Die Nato wirft Russland in der Ukraine-Krise "aggressives Verhalten" vor. Moskau weist eine Beteiligung an dem Konflikt zurück und beschuldigt Kiew, seit Wochen selbst eine Abspaltung des Konfliktgebiets zu betreiben.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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