"Zeit der Zimmerbrände" im Ersten:Suche Vater, biete Spielzeug

Trotz Feuer läuft es zwischen Vater und Sohn ziemlich frostig.

Für Benjamin (Christoph Letkowski) und seinen "Vater" Harry (Uwe Ochsenknecht) wird es beim Zelten im Schnee nicht nur wegen der Kälte ungemütlich.

(Foto: SWR)

In "Zeit der Zimmerbrände" spielt Uwe Ochsenknecht einen falschen Vater mit wenig Geld und viel Herz. Der Film funktioniert wie ein klassisches Weihnachtsmärchen - doch die Handlung kommt nicht recht in Gang und freut eher den Tourismusverband.

Von Claudia Tieschky

Der richtig gute Weihnachtsfilm ist reine Völlerei: Liebesgeschichte und Familienseligkeit, treue Tiere, tiefeinsame Menschen, die erlöst werden, Schnee oder Wald oder beides, gerne auch ein kleines Wunder, elektrische Kerzen, Kinderchor und Happy End. Wie beim Gebäck, zu viel von allem, darauf einen Bismarckhering - aber zum Fest muss man sich nicht dafür schämen, weil es alle tun, und die Brigitte-Diät beginnt nur bei Gruner und Jahr schon vor Weihnachten.

Der SWR hat für die ARD etwas nach Art dieser Dreitausendkalorienfilme produziert, bei dem die Handlung natürlich nicht plausibel sein muss, so lange sie ans Herz geht. Uwe Ochsenknecht ist darin ein Eishockey-Trainer, der immer so schaut, als müsste der das für den Weihnachtsfilm vorgeschrieben treue Tier gleich auch noch mitspielen. Doch in Wirklichkeit ist dieser Harry Zoppke ein Lügner und Betrüger, wenngleich auch Schurke aus Not. Er ist am Tiefpunkt. Man sieht, wie er aus seinem Job in Kanada gefeuert wird und, nachdem er der Halbweltdame seines Herzens noch ein letztes Mal Scheine zugesteckt hat, ins ganz und gar weihnachtsfilmtaugliche Freiburg im Breisgau heimkehrt.

Die wenigen Bekannten von früher lässt er im Unklaren über seine prekäre Lage, sie halten ihn für einen, der es geschafft hat, dabei ist Harry Zoppke in seinem Gasthofzimmer an Heiligabend ganz allein auf der Welt. Schön ist auch die Idee, den einsamen Harry mit dem jungen, erfolgreichen Spielzeug-Hersteller Benjamin zusammenzubringen, der ohne Vater aufwuchs und jetzt, wo seine Mutter gestorben ist, auf die Idee verfällt, er sei der Sohn seines früheren Trainers Harry. Dazu kann Harry, der ein treues Herz und wenig Geld hat, einfach nicht nein sagen. Bis dahin alles richtig gemacht, Weihnachtsfilm!

Aber dann geht unfassbar viel Zeit ins Land, bis die Handlung irgendwie weiter vorankommt, weshalb die schöne Landschaft rund um Freiburg in vielen Kalenderbild-Aufnahmen ihre Jahreszeiten vorzeigen darf. Das freut den Tourismusverband, hilft aber nicht dem Film. Hoffnung auf Beschleunigung bringt zunächst eine gewisse Anna aus der Feuerwehr-Zentrale, eine schöne Figur, die von ihrem Telefonarbeitsplatz aus Retter zu all den Zimmerbränden der Stadt schickt wie der liebe Gott persönlich.

Marie-Lou Sellem spielt Anna als diesen Typ Frau, der so tut, als ob er nichts mehr zu verlieren hätte. Vielleicht geht es aber nicht ohne etwas zu verlieren, wir sind ja im Weihnachtsmärchen, jedenfalls lässt sich Anna mit Lügen-Harry ein und wird eine sehr, sehr duldsame Mitwisserin. Ach, und die Zeit vergeht. Rollmops und Hering bleiben erst mal im Glas.

Zeit der Zimmerbrände, ARD, Mittwoch, 20.15 Uhr

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