Bundespräsident:Gauck würdigt Ramelows Antrittsrede

Podiumsdiskussion mit Bundespräsident Gauck über SED-Staat

"Wir wollen doch nicht einfach Linken-Bashing betreiben": Bundespräsident Gauck lobt Bodo Ramelow.

(Foto: dpa)
  • Bundespräsident Joachim Gauck lobt die kritischen Worte des ersten linken Ministerpräsidenten, Bodo Ramelow, zum SED-Unrecht in der DDR.
  • Die Kritik an den strafrechtlichen Ermittlungen gegen Ramelow wird lauter. Sowohl der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, als auch der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma verurteilen das Gericht.
  • In dem Verfahren geht es um die Teilnahme Ramelows an einer Demonstration gegen Rechts im Februar 2010 in Dresden.

Gauck begrüßt Ramelows Antrittsrede

Bundespräsident Joachim Gauck hat die Ankündigung des neuen thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow begrüßt, das SED-Unrecht in der DDR aufarbeiten zu wollen. Gauck sagte über den ersten Regierungschef der Linkspartei: "Die Bemühungen des neuen Ministerpräsidenten, um Glaubwürdigkeit zu erlangen, respektiere ich. Sie sind mir aufgefallen. Er hat es sehr deutlich gemacht."

Jetzt erwarte er konkrete Schritte, etwa bei den Lehrplänen in den Schulen. "Wir wollen doch nicht einfach Linken-Bashing betreiben", sagte Gauck weiter. Notwendig sei aber die Einsicht, dass das DDR-System ein Angriff auf die europäische Demokratie war. Wenn Defizite bei der Aufklärung beseitigt würden, "dann werden wir damit fair und seriös umgehen. Dann werden wir uns sogar darüber freuen."

Anfang November hatte Gauck starke Vorbehalte gegen eine von der Linken geführte Regierung in Erfurt geäußert. Es sei zu fragen, ob sich die Linkspartei weit genug von den Vorstellungen der SED entfernt habe. In seiner Antrittsrede als Ministerpräsident hatte sich Ramelow bei SED-Opfern entschuldigt und angekündigt, seine Regierung wolle "gemeinsam den Weg der Aufarbeitung gehen".

Kritik an sächsischer Justiz

Unterdessen mehrt sich die Kritik an den strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten. "Ich bin irritiert über das Verhalten des Gerichts", sagte Ramelow der Tageszeitung Die Welt. Der Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, unterstellte dem Gericht eine "politische Motivation".

In dem Verfahren geht es um die Teilnahme Ramelows an Protesten gegen einen Aufmarsch der rechtslastigen "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland" im Februar 2010 in Dresden. Weil er maßgeblich an Blockaden teilgenommen haben soll, wurde ihm die Störung von Kundgebungen vorgeworfen. Das Verfahren wurde einer Gerichtssprecherin zufolge zwar zunächst eingestellt, doch der Einstellungsbeschluss wieder aufgehoben.

Das Amtsgericht musste laut der Sprecherin nach der Landtagswahl in Thüringen deshalb die Aufhebung der Immunität des Landtagsabgeordneten Ramelow erneut beantragen. Danach müsse dann entschieden werden, ob es zu einer Hauptverhandlung gegen Ramelow komme oder das Verfahren eingestellt werde. Ramelow störte sich vor allem daran, dass der Antrag kurz vor seiner Wahl zum Ministerpräsidenten gestellt wurde. "Ein Schalk, wer Böses dabei denkt", sagte er.

Unterstützung für Ramelow auch von Sinti und Roma

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, kritisierte in einem Schreiben an Sachsens Justizminister, es könne nicht zugelassen werden, den Ministerpräsidenten zu kriminalisieren, weil dieser sich entschieden gegen Rechtsextremisten zur Wehr gesetzt und demonstriert hatte. Dies sei eine falsche Einschätzung und ein falsches Verhalten gegenüber dem rechtsextremistischen Gewaltpotential, betonte der Zentralratsvorsitzende.

Die Ausschreitungen rechtsextremer Hooligans in Köln und die Demonstrationen der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" ("Pegida") zeigen, dass der Rechtsextremismus inzwischen zu einer Massenbewegung geworden ist. Dass Neonazis auch vor Gewalt und Mord nicht zurückschrecken, beweise die NSU-Mordserie, schrieb Rose an Justizminister Gemkow.

"Das Ausmaß der Bedrohung durch Rechtsextremisten wird von den Sicherheitsbehörden eindeutig unterschätzt", so der Vorsitzende des Zentralrats. Der Rechtsstaat solle sich weitaus wehrhafter gegen die Neuformierung der Neonazis aufstellen. "Die Aufhebung der Immunität des neugewählten thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ist das falsche Signal der Justiz. Damit wird die Zivilgesellschaft eingeschüchtert", so Rose weiter.

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