Sieg gegen Maribor:Meyer rettet die Schalker Ehre

Durch das 1:0 bei NK Maribor erreicht Schalke 04 doch noch als Gruppenzweiter das Achtelfinale der Champions League. Uchida klärt gleich doppelt auf der Linie - doch für die größten Emotionen sorgt der eingewechselte Max Meyer.

Clemens Tönnies hatte vor dem Anpfiff in der Kabine vorbeigeschaut, Vereinsgranden machen so etwas gerne, um das Personal auf die Besonderheit des Momentes einzuschwören. "Ich hab' gesagt: ,Denkt dran, Jungs, wir wollen noch ein bisschen durch Europa reisen.'" Das klang fast liebevoll, als sei er nur der Chef einer lustigen Reisegesellschaft, die den Urlaub mal eben verlängern möchte, doch das war genauso kokettiert wie das Negieren wirtschaftlicher Notwendigkeiten: "Das Geld lassen wir außen vor", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende, "heute geht's um die Ehre."

Die ist gerettet, Max Meyer hat das übernommen und die Schalker mit seinem Treffer zum 1:0 (0:0)-Sieg bei NK Maribor ins Achtelfinale der Champions League geschossen.

Dabei ging es in Wahrheit um: alles, ein bisschen - oder nichts. Ein Sieg, das Weiterkommen in der Champions League schlägt mit mindestens 4,5 Millionen Euro zu Buche, Platz drei brächte zwar noch ein paar Europa-League-Milliönchen, doch vermutlich das Gefüge bereits durcheinander, ein Ausscheiden aber das königsblaue Projekt komplett in Gefahr. "Ganz wichtig für die Evolution dieser Mannschaft" sei das Weiterkommen, sagte Trainer Roberto Di Matteo, nachdem er beim Abpfiff jubelnd über den Platz gehüpft war und seine Spieler geherzt hatte.

So außer sich vor Emotion hatte man den sonst bedächtigen Schweizer in den zwei Monaten, die er Schalke 04 jetzt trainiert, noch nicht gesehen. Ganz sicher war sich Di Matteo seiner Sache offenbar nicht gewesen, also hatte er vorgebaut, als er am Tag vor dem Spiel sagte, ein Ausscheiden sei "kein Weltuntergang", was viele wunderte, nur Tönnies nicht. Der Trainer habe den Druck von der Mannschaft nehmen wollen, zumal sie abhängig waren von Dritten - vom FC Chelsea: Nur bei einem Sieg der bereits als Gruppenerster feststehenden Engländer gegen Sporting Lissabon hatte Schalke überhaupt die Chance auf Platz zwei.

Dieses Problem, es nicht aus eigener Kraft schaffen zu können, hatte sich schnell erledigt. In London waren gerade 17 Minuten gespielt, da stand es bereits 2:0 für Chelsea (das am Ende 3:1 gewann), zunächst durch einen von Fàbregas verwandelten Foulelfmeter, dann dank des deutschen Nationalspielers Andre Schürrle, der im Wortsinn Schützenhilfe leistete für seine Landsleute, auf die es nun selber ankommen sollte. Sie mussten nur noch gewinnen, begannen dabei zwar so behutsam, wie Di Matteo dies angekündigt hatte, wären allerdings nach 22 Minuten beinahe in Rückstand geraten, als Uchida zweimal auf der Linie klärte.

Huntelaar protestiert aus Verzweiflung

Die Schalker wirkten lange Zeit gehemmt, als belaste sie doch, was da auf dem Spiel stand, gerade weil sie es nun selbst in der Hand, besser auf dem Fuß hatten, etwa durch Huntelaar in zwei Situationen kurz vor der Pause. Zunächst spielte er nach einer Kombination mit Choupo-Moting dem überraschten Barnetta den Ball kurz vorm Fünfmeterraum nicht in den Lauf, sondern durch die Beine (43.); eine Minute später versuchte der Niederländer es selber, brach aber seinen vielversprechenden Konterlauf aufs Tor zu früh ab und schoss den Ball aus 16 Metern in den Himmel von Maribor.

Die beste Chance hatte Huntelaar in der 55. Minute, nach Zuspiel von Barnetta traf er den Innenpfosten, der Ball trudelte die Linie entlang, aber auch ohne Torlinientechnik war klar, dass Huntelaars Protest nur ein Reflex war. Oder Verzweiflung, weil der ersehnte Treffer weiter auf sich warten ließ.

Es dauerte bis zur 62. Minute. Max Meyer, zunächst nur auf der Bank, war sechs Minuten im Spiel, die Statistiker notierten seinen vierten Ballkontakt, er hatte ihn der Unterstützung von Maribors Torwart Handanovic zu verdanken, der nach einer Flanke dem Schalker Mittelfeldspieler den Ball vor die Füße servierte.

Meyer nahm das Geschenk an, sein Flachschuss aus zehn Metern landete, endlich, im Tor von Maribor. Befreit spielte Schalke danach nicht auf, im Gegenteil, in der Schlussphase gerieten sie mehrmals in Bedrängnis, allein in der Nachspielzeit hatte Maribor gute Gelegenheiten zum Ausgleich, der für Schalke das Aus bedeutet hätte. Doch der Schlusspfiff brachte die Erlösung, und wie groß die war, konnte man allen ansehen, besonders dem tanzenden Di Matteo. "Max hat das super gemacht", lobte er den Torschützen, Meyer nahm dies zur Kenntnis: "Ich hatte eine Gelegenheit, dann war er drin", sagte der 19-Jährige Retter der Ehre und Evolution, "das ist ein schönes Gefühl". Weil die Reise jetzt weitergeht.

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