Dortmund-Pleite bei Hertha:Schiebers Wackler reicht gegen den BVB

Hertha BSC - Borussia Dortmund

So geht's, BVB: Ex-Stürmer Schieber schiebt ein.

(Foto: Oliver Mehlis/dpa)

Ausgerechnet ein abgeschobener Ex-Spieler düpiert die Dortmunder: Stürmer Julian Schieber trifft für Hertha BSC. Dagegen scheitern bei Borussia Dortmund fast alle Offensivaktionen 20 Meter vor dem Tor.

Von Sebastian Fischer, Berlin

Jürgen Klopp schüttelte nicht seinen Kopf, er blickte auch nicht fassungslos. Der Trainer von Borussia Dortmund hatte in den letzten Minuten des Spiels seiner Mannschaft bei Hertha BSC einfach die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Was er sah, schien ihn nicht mehr zu überraschen.

Es ist in den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten viel über die Probleme des auf wundersame Weise im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga gefangenen achtmaligen deutschen Meisters Borussia Dortmund gerätselt worden. Die Stürmer, hatte Sportdirektor Michael Zorc nun vor dem Spiel bei Hertha BSC gesagt, sind nicht schuld, die schlechte Verwertung von Torchancen schon. Also die offensiven Mittelfeldspieler? Henrikh Mkhitaryan, der hochbegabte Armenier, dem in dieser Saison noch kein Tor gelungen ist? Nein, hat wiederum Trainer Jürgen Klopp gesagt. Der ackere nämlich "wie ein Tiger".

Bliebe also, wenn man dieses Spiel weitertreibt, die Defensive. Hier hat Klopp in den vergangenen Tagen die meisten Änderungen vollzogen. Zunächst hat er in Mitch Langerak einen neuen Torhüter anstelle von Roman Weidenfeller aufgeboten und sich dann am Samstagnachmittag in Berlin den luxuriösen Umstand zunutze gemacht, auf eine Abwehrreihe zurückzugreifen, die vor nicht allzu langer Zeit als eine der besten der Welt galt. Von rechts nach links: Lukas Piszczek, Neven Subotic, Mats Hummels, Marcel Schmelzer. Wie vor einer Woche beim 1:0 gegen die TSG Hoffenheim war die Abwehrreihe wieder vereint, die davor letztmalig im Champions-League-Finale 2013 zusammengespielt hatte.

Es wäre müßig, die Geschehnisse vom Samstagnachmittag in Berlin nun einem Mannschaftsteil allein zuzuschreiben. Fakt ist: Sie funktionieren derzeit alle nicht, wie sie sollten. Und deshalb verlor Borussia Dortmund mit 0:1 (0:1).

Es braucht nur zwei Szenen, um die erste Halbzeit zu charakterisieren. Die 37. Minute: Die Dortmunder konterten in Überzahl, fünf gegen drei. Marcel Schmelzer führte den Ball am Strafraum, wackelte einmal mit dem rechten Bein - zögerlich - und ließ Jakub Blaszczykowski überlaufen. Mittlerweile waren aber alle Berliner zurückgeeilt, Hertha-Verteidiger John Anthony Brooks klärte. Die 40. Minute: Neven Subotic passte zu Blaszczykowski, der allerdings gar nicht freistand, sich drehte und den Ball verlor. Herthas Per Skjelbred passte zu Julian Schieber, der durch eine Lücke in der Dortmunder Verteidigung schlüpfte und Torhüter Langerak narrte: mit einem Wackler - einem entschlossenen. Er traf zum 1:0.

"So eine erste Halbzeit darf uns nicht passieren. Wir haben zu wenig Zielstrebigkeit gehabt, das ist für ein Spiel, in dem es um so viel geht, der völlig falsche Weg", sollte Klopp später klagen.

Immobiles große Chance

Hertha-Coach Jos Luhukay war es gelungen, seine Mannschaft genau richtig auf den BVB einzustellen. Berlin spielte defensiv konzentriert und überzeugte mit zielstrebigen Angriffen, eingeleitet aus einem Mittelfeld, in dem im Gegensatz zu den vergangenen Spielen die Balance zwischen defensiver Hartnäckigkeit und offensiver Kreativität stimmte. Der Brasilianer Ronny spielte von Beginn an und stellte die ruhmreiche Dortmunder Viererkette vor Probleme. Auch Schieber bekam der BVB nicht in den Griff, jenen Mann, der in ruhmreichen Dortmunder Tagen ein Dortmunder Ergänzungsspieler war.

Zur zweiten Halbzeit brachte Jürgen Klopp in Adrian Ramos einen zweiten Angreifer für den defensiven Sebastian Kehl, schon in der ersten Halbzeit war Blaszczykowski für den angeschlagenen Mkhitaryan gekommen. Doch das Dortmunder Spiel stockte weiterhin zwanzig Meter vor dem Berliner Tor. Erst in der Schlussphase wurde der BVB besser, Hertha verschanzte sich am eigenen Strafraum, Luhukay brachte die defensiven van den Bergh und Hosogai. In der 87. Minute vergab Ciro Immobile die beste Ausgleichschance, freistehend vor Torhüter Thomas Kraft. Sein Kopfball flog am Tor vorbei. Es war gleichzeitig die letzte Chance.

Dortmund, das ist spätestens jetzt klar, wird in dieser Hinrunde die Abstiegssorgen nicht mehr los. Zwar ist der Sinneswandel längst vollzogen, im Abstiegskampf gilt ja die simple Formel als Erfolgsrezept, man müsse ihn, also den Abstiegskampf, einfach annehmen. Klopp hat entsprechende Umstellungen in Ein- und Aufstellung längst vollzogen, sie waren auch in Berlin wieder zu sehen. Der BVB agiert defensiver, Klopp wählt Akteure, die dem Spiel Sicherheit verleihen, deshalb hat der formschwache Japaner Shinji Kagawa gerade keine Chance.

Doch die Konsequenz daraus ist eben, dass Borussia Dortmund im Dezember 2014 auch Spiele bei einem mittelmäßigen Bundesligisten wie Hertha BSC trotz viel Kampf und Einsatzwillen verlieren kann. Und dass es eigentlich niemanden mehr überrascht.

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