Rockfestivals:Kampf der Giganten

Jahrzehntelang war "Rock am Ring" die Mutter aller deutschen Festivals. Doch nun verlässt das Original den Nürburgring und zieht um. Auf dem für Rockfans heiligen Gelände findet künftig das neue Festival "Grüne Hölle" statt. Zwei Veranstalter streiten um das Erbe der mythenbehafteten Veranstaltung.

Von Bernd Dörries

Bono verlief sich auf dem Boxendach, bei Supertramp schlug der Blitz ein, Iron Maiden feierte auf der Bühne Geburtstag, und Die Toten Hosen spielten auf dem Zeltplatz ein spontanes Zusatzkonzert. Dazu wurde natürlich immer ordentlich getrunken, geraucht und gegrillt. Wenn es nicht mal wieder regnete.

"Rock am Ring", das war die "Mutter aller Festivals". Fast dreißig Jahre lang kamen bis zu 87 000 Fans zum Nürburgring in der Eifel, viele schlugen ihr Zelt immer an derselben Stelle auf, waren mit den Nachbarn gut bekannt.

Im kommenden Jahr feiert Rock am Ring sein 30-jähriges Bestehen. Nur eben ohne Ring. Sondern auf einem Flugplatz in der Vulkaneifel. Ein Mythos zieht um. Am Nürburgring wird es ein neues Festival geben, das sich "Grüne Hölle" nennt und gerne an die Tradition des alten anknüpfen würde.

Eine unübersichtliche Lage, auch für die Fans. Viele kaufen ihre Karten kurz vor Weihnachten, weil sie im kommenden Jahr teurer werden. Auf den Facebook-Seiten der beiden Festivals wird eifrig diskutiert, wo man jetzt hingeht und wo nicht.

"Zwei Festivals zum selben Termin? Insgesamt 160 000 Besucher? Meine Prognose: Zwei Veranstalter ruinieren sich", schreibt einer. Und das ist auch eine Frage, die sich die Branche derzeit stellt: Gibt es Platz für zwei riesige Open-Airs, innerhalb von einer Woche, nur dreißig Kilometer voneinander entfernt, mit ähnlichem Publikum?

Live-Auftritt ist zur wichtigsten Einnahmequelle geworden

Und dazu kommen noch die Schwesterfestivals in München, Nürnberg und Wien. Der Markt für Open-Air-Konzerte und Tourneen ist in den vergangenen Jahren explodiert.

Mit Alben lässt sich in Zeiten illegaler Downloads schon lange nicht mehr das große Geld verdienen. Für viele Künstler ist daher der Live-Auftritt zur wichtigsten Einnahmequelle geworden, die großen Headliner bekommen Millionengagen.

Rock am Ring gegen Grüne Hölle. Das ist ein Kampf der Giganten. Auf der einen Seite steht Marek Lieberberg, der Rock am Ring seit Jahrzehnten veranstaltet und im Streit mit den neuen Eigentümern des Nürburgrings nun weitergezogen ist.

Wer gewinnt, entscheiden die Fans

Herausforderer ist Peter Schwenkow mit der Deutschen Entertainment AG (Deag). Beide Seiten treffen sich regelmäßig vor den Gerichten, die Lieberberg auch erlaubten, den Namen Rock am Ring mit an den neuen Ort zu nehmen. Es geht um die Vorherrschaft im deutschen Ticket- und Konzertmarkt. Es spielen die beiden größten Online-Ticket-Händler gegeneinander und die Foo Fighters gegen Metallica.

Derzeit scheint das Original an neuer Stelle die Nase vorn zu haben, 64 277 verkaufte Tickets meldet Marek Lieberberg für Rock am Ring am Dienstag. Peter Schwenkow will keine genauen Daten für seine Grüne Hölle herausgeben, die Deag spricht von einer "fünfstelligen Zahl". Das sei ein großer Erfolg.

Gleichzeitig startet derzeit aber im Fernsehen und im Netz eine massive Werbekampagne. In der Branche kursieren Gerüchte, dass sich das neue Festival zu einer finanziellen Hölle entwickeln könnte. Was Schwenkow für eine üble Kampagne der Konkurrenz hält. Wer gewinnt, entscheiden letztlich die Fans. Die Tickets bekommen sie jedenfalls künftig bis zu 40 Euro billiger. Dafür müssen sie aber auch einen Tag weniger feiern.

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