Terrormiliz im Irak:Deutscher Islamist in IS-Führung

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Reda Seyam im Januar 2003 in Indonesien, wo er zu zehn Monaten Haft verurteilt wurde.

(Foto: AFP)
  • Einer von Deutschlands radikalsten Islamisten, Reda Seyam, soll bei Gefechten im Irak ums Leben gekommen sein.
  • Nach Informationen von SZ, NDR und WDR hat er unter dem Namen Dhul Qaranain im vom IS besetzten Mossul zwischenzeitlich als Bildungsminister amtiert.
  • Seyam pflegte engen Kontakt zu Dennis Cuspert, der als Gangster-Rapper unter dem Namen Deso Dogg bekannt war und inzwischen in Syrien für den IS kämpft.

Von Marie Delhaes, Hans Leyendecker und Georg Mascolo

Unter all den radikalen Islamisten in Deutschland war der Deutsch-Ägypter Reda Seyam die wohl auffälligste Erscheinung: Die ARD widmete dem Deutsch-Ägypter schon vor Jahren eine TV-Dokumentation. Er galt als wirklich gefährlicher Gefährder, was ihm sogar gefiel, denn der schlagwütige Mann stellte sich Fremden schon mal mit "Reda Seyam, Al-Qaida-Mitglied" vor. Das fand er lustig.

Offenbar hat er es noch weiter gebracht. Aus deutschen Sicherheitskreisen ist zu erfahren, dass der einige Jahre in Berlin-Charlottenburg lebende Islamist, der sieben Kinder hat, zwischenzeitlich Bildungsminister in der vom IS besetzten Stadt Mossul geworden sein soll. Er soll dort nach Informationen von SZ, NDR und WDR unter dem Namen Dhul Qaranain amtiert haben.

Die Regierung in Bagdad bestätigt seinen Tod

Seyam, der es für eine "Pflicht" hielt, "Ungläubige umzubringen", soll unter anderem verfügt haben, dass die Fächer Musik, Kunst, Philosophie und christliche Theologie an Universitäten und Schulen in der zweitgrößten irakischen Stadt nicht mehr unterrichtet werden durften. Nach unbestätigten Informationen einer irakischen Nachrichtenseite soll er Anfang Dezember bei Gefechten nahe Mossul getötet worden sein. Auch die Regierung in Bagdad bestätigte am Dienstag seinen Tod.

Zwanzig Jahre lang war der gelernte Mathematiker an der Front im Heiligen Krieg. Nach Erkenntnissen von Sicherheitsbehörden soll er 1994 nach Bosnien gezogen sein, um den Glaubensbrüdern im Krieg gegen die Serben zu helfen. Offiziell war er für die Organisation "Menschen helfen Menschen" im Einsatz. Vermutlich war das nur Tarnung. Er soll die Mudschaheddin mit Waffen und Geld unterstützt haben.

Seine frühere Frau, eine Deutsche, hat unter dem Pseudonym Doris Glück ein Buch über die Ehe mit dem Islamisten geschrieben. Sie erzählt, auf dem Balkan habe Seyam Kontakt mit Ramzi Binalshibh gehabt, einem der Planer der Anschläge vom 11.

September 2001. Schlagzeilen machte Seyam 2002 in Indonesien. Der gebürtige Ägypter, der als Filmer in den diversen Kriegen der Islamisten unterwegs war, wurde verdächtigt, einer der Hintermänner eines Sprengstoffattentats auf Bali gewesen zu sein, bei dem mehr als 200 Menschen ums Leben kamen. Er bestritt die Vorwürfe und wurde in Indonesien nur wegen eines Visumsvergehens zu zehn Monaten Haft verurteilt.

Sein Fall beschäftigte damals auch das Kanzleramt. Als seine Haftentlassung näher rückte, erklärte Seyam, er wolle nach Saudi-Arabien zu seiner zweiten Frau reisen. Es gab in Berlin die Befürchtung, ein Geheimdienst könne ihn dort kidnappen und nach Guantánamo bringen. Das sollte verhindert werden. Die Bundesregierung entschied sich, Seyam auf Staatskosten zurückzuholen. Beamte des Bundeskriminalamts brachten ihn zum Flughafen und blieben bis zur Landung an seiner Seite.

Er lebte zeitweise in Ulm, zog dann nach Berlin, wo er mit seiner zweiten Frau, einer gebürtigen Albanerin, in Charlottenburg wohnte. Die Familie lebte von Hartz IV, er war als Propagandist des Dschihad unterwegs und so nannte er auch einen seiner Söhne - "Djehad". Die Namenseintragung setzte er mithilfe eines Gutachtens und Berliner Gerichte durch.

Seyam pflegte engen Kontakt zu Dennis Cuspert, der als Gangster-Rapper unter dem Namen Deso Dogg bekannt war und inzwischen unter einem Kampfnamen in Syrien für den IS kämpft. Cuspert und Seyam waren im Mai 2012 an der salafistischen Demonstration in Bonn beteiligt, bei der 29 Polizisten verletzt wurden. Dann zog Seyam nach Ägypten. Report Mainz berichtete 2013, Seyam halte sich in Syrien auf.

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