Aufhebung des Kooperationsverbots:Ein irrsinniges Verbot

  • Der Bundesrat hat einer Lockerung des Kooperationsverbots zugestimmt. Die bisherige Regelung hatte eine dauerhafte Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildung verhindert.
  • Der Bund darf nun Institute und ganze Hochschulen langfristig fördern.
  • Die neue Regelung nimmt Schulen allerdings aus: Hier sind weiterhin allein die Länder verantwortlich - dabei hätten die Schulen vielerorts finanzielle Unterstützung dringend nötig.

Von Roland Preuß

Allein der Begriff kennzeichnet den Irrsinn: Kooperationsverbot. So lautet die Regel, die Union und SPD bei der Föderalismusreform 2006 ins Grundgesetz geschrieben haben. Bund und Länder dürfen in der Bildung nicht dauerhaft zusammenarbeiten. Als ob man ein besseres Ergebnis erzielt, wenn man nicht zusammenarbeitet. Die Länder wollten die Bildung als ihr Revier abstecken, der Bund sollte sich raushalten, so die Logik. Es ist eine machtversessene Logik. Die Regel hat Wissenschaftlern, Studenten und Schülern einigen Schaden bereitet. An diesem Freitag wurde sie gelockert, der Bundesrat hat die dazu nötige Änderung des Grundgesetzes angenommen. Endlich.

Der Bund darf nun Institute und ganze Hochschulen dauerhaft fördern. Dies wird das Arbeiten dort verändern. Bisher war es geprägt von befristeten Hilfsprogrammen des Bundes. Planung geriet damit vielerorts zur Groteske: Erst wurden mit Geld aus Berlin Stellen geschaffen, Forscher aufgebaut, Geräte gekauft, dann musste man alles wieder aufgeben. Eine kontinuierliche Wissenschaft ist so nicht möglich. Der Staat hat die Hochschulen mit Unsicherheit überzogen. Nach der Reform kann sich der Bund dauerhaft engagieren.

Die Änderung des Grundgesetzes wird den Schulen nicht helfen

Einen Teil seiner Milliarden wird er in ausgesuchte Einrichtungen stecken. Dies wird die Hochschullandschaft im Ganzen verändern. Einzelne Hochschulen werden so mit Bundesgeld veredelt, Institute herausgehoben wie strahlende Sieger. Bildungsministerin Johanna Wanka kann die Deutschlandkarte dann mit Fähnchen spicken für jede geförderte Uni. Dass die Auswahl nicht nur nach Leistung geschieht, ist bereits klar: Alle Bundesländer müssen allen Hilfen für eine Hochschule zustimmen, damit ja keiner zu kurz kommt. Die Fähnchen werden also breit gestreut sein.

Dennoch fehlt es der Reform an Breite, denn Bund und Länder haben eine zentrale Zone der Bildung ausgespart: die Schulen. Ausgerechnet hier bleibt der Bund ausgesperrt. Obwohl die Aufgaben besonders dringlich sind. Hunderttausende Kinder müssen in Deutsch gefördert, Schüler mit Behinderung in reguläre Klassen aufgenommen und das Angebot an Ganztagsschulen ausgebaut werden. Hinzu kommt die Integration Zehntausender Flüchtlingskinder in den Schulen. An allen Stellen fehlen Geld, durchdachte Konzepte und bundesweite Standards. Und an all diesen Stellen könnte der Bund dank seiner größeren Finanzkraft helfen - doch er darf es auch künftig nicht. Ohne die Hilfe aus Berlin werden die klammen Länder sich den Zielen nur im Schleichtempo nähern.

Dabei würde es sich an Schulen besonders lohnen, Geld in die Hand zu nehmen: Schwächen behebt man am besten früh, fehlerhaftes Deutsch kann Kindern jahrelang zu schaffen machen und einen Aufstieg verhindern. Dennoch wehren sich Länder wie Bayern und Sachsen stur gegen Hilfsmöglichkeiten des Bundes. Vordergründig geht es ihnen um bürgernahe Schulpolitik und ein Veto gegen Bildungszentralismus. Tatsächlich aber fahren sie gut mit dem System, wie es jetzt ist: Beide stehen in bundesweiten Leistungstests gut da und haben mehr Geld als Hungerleider wie Bremen oder Sachsen-Anhalt. Es ist ein egoistisches Motiv.

Gut möglich, dass die wachsende Not vieler Länder diese Front der Ablehnung bröckeln lässt und dem Bund bald Hilfen für Schulen ermöglicht. Das wäre gut, denn der Bund könnte endlich das einfordern, was viele Bürger längst fordern: mehr Einheitlichkeit. Im jetzigen System überfordert der Wechsel in ein anderes Bundesland viele Schüler und Eltern; welches Fach wann mit welchen Anforderungen unterrichtet wird ist zu unterschiedlich. Hier ist mehr Kooperation notwendig statt eines irrsinnigen Verbots.

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