Umstrittene Fördermethode:New York verbietet Fracking

  • Gouverneur Andrew Cuomo will Fracking in New York verbieten. Es wäre damit der erste US-Bundesstaat mit größeren Vorkommen, der diesen Schritt wagt.
  • Cuomo begründet seine Entscheidung mit einer neuen Studie, die vor gesundheitlichen Risiken warnt. Kritiker werfen ihm vor allem politische Motive vor.

Von Benjamin Romberg

Wer sonst nichts hat, kann ja immer noch fracken. So in etwa lautete die Hoffnung einiger notleidender Gemeinden im US-Bundesstaat New York. Auch Gouverneur Andrew Cuomo war ursprünglich ein Anhänger der Idee - hat sich nun aber davon verabschiedet. Er kündigte ein Verbot der umstrittenen Fördermethode Fracking an. New York ist damit der erste Bundesstaat mit nennenswerten Schiefergasvorkommen, der diesen Schritt geht.

Beim Fracking werden Gas- und Ölvorkommen aus Gesteinsschichten in teils Tausenden Metern Tiefe gewonnen. Dazu werden Wasser, Sand und chemische Zusätze genutzt, um das harte Gestein mit hohem Druck aufzubrechen und die wertvollen Rohstoffe zu gewinnen. Umweltschützer fürchten Risiken für Natur und Trinkwasser.

Fracking-Boom in den USA

In den USA boomt die Technologie. In den vergangenen sechs Jahren stieg die Erdölförderung so um 70 Prozent. Binnen kurzer Zeit stieg das Land zum weltweit größten Erdölproduzenten auf - nicht einmal traditionelle Ölstaaten wie Saudi-Arabien können noch mithalten. Das so entstandene Überangebot an Rohöl hat zu einem Preissturz an den Weltmärkten geführt.

Darunter leiden zwar auch die Energiekonzerne in den USA. Fracking ist aufwendig und teuer. Die internationale Energieagentur geht davon aus, dass bei einem Ölpreis von 80 Dollar noch 96 Prozent der Förderanlagen in den USA profitabel sind. Der Preis für ein Barrel der Sorte West Texas Intermediate (WTI) sank zuletzt unter 60 Dollar.

Für die USA ist die Entwicklung insgesamt dennoch positiv: Sie haben sich aus der Abhängigkeit von ausländischen Öllieferanten weitgehend befreit. Viele US-Bundesstaaten haben Fracking bislang eher als Chance denn als Risiko gesehen. North Dakota stieg mit der Ausbeutung des Bakken-Schieferfeldes zum zweitgrößten Öl-Bundesstaat auf. New Yorks Nachbarstaat Pennsylvania nutzt die Gesteinsformation Marcellus Shale bereits zur Gewinnung von Gas und Öl. Der Teil der Marcellus-Formation, der sich unter dem Bundesstaat New York befindet, bleibt wegen des Verbots nun wohl unberührt.

Neue Studie warnt vor Risiken

Zunächst hatte es nur ein Moratorium gegeben, das Fracking temporär untersagte. Nun folgt das Verbot. Als Grund für seine Entscheidung nannte Gouverneur Cuomo die Risiken der Fördermethode. In einer Studie hatte die Gesundheitsbehörde des Bundesstaates kurz zuvor vor "erheblichen Risiken für die öffentliche Gesundheit" gewarnt (PDF). Howard A. Zucker, der Vorsitzende der Behörde, stellte die Ergebnisse bei einem Treffen des Kabinetts vor, wie die New York Times berichtet. Die möglichen Risiken seien zu groß, sagte er, man könne sie nicht abschätzen: "Wir können es uns nicht leisten, einen Fehler zu machen."

Doch auch politische Gründe könnten eine Rolle gespielt haben. Der Demokrat Cuomo hatte zuletzt Probleme mit dem linken Flügel seiner Partei bekommen. Vor wenigen Wochen geriet er überraschend in Schwierigkeiten, als es um die Nominierung des demokratischen Kandidaten zur Gouverneurswahl ging. Die Cuomo-Konkurrentin und Fracking-Gegnerin Zephyr Teachout erhielt ein Drittel der Stimmen.

Mit seiner Entscheidung zum Fracking-Verbot macht sich Cuomo erwartungsgemäß vor allem bei Umweltschützern beliebt. Sie hatten nicht nur mit möglichen Gesundheitsrisiken argumentiert, sondern auch mit wirtschaftlichen Faktoren: So würde Fracking den Tourismus in der Region gefährden. Cuomo habe mit seiner Entscheidung Mut bewiesen, lobten die Umweltschützer nun.

"Ich habe keine Alternative zum Fracking"

Die Energiebranche kritisierte die Entscheidung dagegen. Sie koste Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Die Lobbygruppe American Petroleum Institute rechnet etwa vor, dass Energiefirmen im Nachbarstaat Pennsylvania bislang mehr als 2,1 Milliarden US-Dollar an Steuern gezahlt hätten. Der Bundesstaat selbst gibt laut Wall Street Journal an, dass sich die Zahl der Beschäftigten im Energiesektor in den vergangenen vier Jahren auf mehr als 28 000 verdoppelt habe.

Interessenvertreter aus der Energiebranche kritisieren zudem, Cuomo wolle sich nur bei den Linken in seiner Partei beliebt machen. Die Bürger in den betroffenen Gebieten müssten nun zusehen, wie die Gemeinden auf der anderen Seite der Grenze, in Pennsylvania, florieren. "Es ist, als wären sie ein Kind vor dem Schaufenster eines Süßigkeitengeschäfts - sie sehen durch das Fenster, können das Angebot aber nicht anfassen", sagte Karen Moreau, Direktorin des New York State Petroleum Council.

Cuomo hielt dagegen: Er habe niemanden sagen hören, "Fracking ist super" - nicht von einem Menschen in den betroffenen Gemeinden. Was er vielmehr gehört habe, waren Aussagen wie: "Ich habe keine Alternative zum Fracking."

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