Kundgebungen in München:Pegida-Ableger sagt Demo ab

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  • Eine für Montag in München geplante Pegida-Demo ist jetzt abgesagt worden. Die Teilnehmerzahl war zuletzt auf 300 heruntergestuft worden.
  • Eine "stationäre Versammlung" mit fünf bis zehn Teilnehmern auf dem Promenadeplatz soll aber weiterhin stattfinden. Ob es sich bei diesen Aktionen wirklich um Münchner Pegida-Ableger oder um Trittbrettfahrer aus dem rechten Milieu handelt, ist unklar.
  • Unterdessen formiert sich in München breiter Widerstand gegen die islamfeindliche Pegida-Bewegung. Zu einer Gegen-Demo am Montag wollen bisher 6000 Münchner kommen.

Von Andreas Glas, Dominik Hutter und Martin Bernstein

Bewusstes Verwirrspiel oder das Eingeständnis, dass in München für die Populisten von Pegida nicht viel zu holen ist? Die für kommenden Montag um 20 Uhr geplante Demonstration vom Lenbachplatz über die Sonnenstraße, deren Teilnehmerzahl von den Veranstaltern zunächst auf 1000, dann auf 500 und zuletzt auf 300 beziffert worden war, ist nach Auskunft aus dem Polizeipräsidium München jetzt ganz abgesagt worden.

Das Kreisverwaltungsreferat hat den Erhalt der Absage inzwischen bestätigt. Stattfinden soll nach Stand vom Freitag aber eine "stationäre Versammlung" mit fünf bis zehn Teilnehmern auf dem Promenadeplatz. Ob es sich bei diesen Aktionen wirklich um Münchner Pegida-Ableger oder um Trittbrettfahrer aus dem rechten Milieu handelt, ist unklar.

Während sich auf der Internetseite des bayerischen Pegida-Ablegers Bagida die Anhänger der Gruppierung zunehmend fragen, wann "es" denn in München losgehe und vage ein Termin im Januar genannt wird, gehen Gegner der Rechtspopulisten am Montag in Massen auf die Straße - vorbeugend. Ein breites Bündnis aus zahlreichen Gruppen und Organisationen hat für 18 Uhr zu einer Kundgebung vor der Oper aufgerufen.

Die Gegen-Demo

In München formiert sich großer Widerstand gegen die für Montag angekündigte Versammlung der islamfeindlichen Pegida-Bewegung auf dem Promenadeplatz. Zu der Veranstaltung mit vielen Künstlern unter dem Motto: "Platz da! Gemeinsam gegen Pegida, Rassismus und Hetze!" wollen Tausende Münchner kommen. Über Facebook sagten bis Freitagnachmittag rund 6000 Teilnehmer zu. Die Kundgebung beginnt an diesem Montag, 18 Uhr, auf dem Max-Joseph-Platz.

Auch Politiker und Kirchenvertreter haben Pegida scharf verurteilt und dazu aufgerufen, die Ziele der Anti-Islam-Kampagne kritisch zu hinterfragen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, er teile die Meinung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass in Deutschland kein Platz sei "für Hetze und Verleumdung von Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen". Er rief alle Münchner dazu auf, sich zu hinterfragen, "ob man die Ziele und Befürchtungen, die im Namen der Bewegung zum Ausdruck kommen, wirklich teilt". Aus Termingründen, sagte Reiter, werde er jedoch nicht bei der geplanten Kundgebung gegen Pegida dabei sein.

Schmidt spricht von "Spiel mit Ängsten"

Deutlich wurde auch SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher: "Fremdenfeindlichkeit bleibt Fremdenfeindlichkeit, auch wenn sie im bürgerlichen Gewand und nicht in Springerstiefeln daherkommt", sagte er und forderte: "Demokraten dürfen bei Pegida nicht mitmachen." Wer bei solchen Demonstrationen wie in Dresden und anderswo mitlaufe, wisse inzwischen, dass diese Bewegung unverhohlen fremdenfeindlich sei.

In den Augen von Bürgermeister Josef Schmid (CSU) werden von Pegida "stupide, undifferenzierte, an der Sache vorbeigehende ausländerfeindliche Ressentiments geschürt". Von einer angeblichen Islamisierung des Abendlands sei Deutschland weit entfernt, hier werde ein "Spiel mit Ängsten" betrieben. Schmid plädierte dafür, die Flüchtlinge als Bereicherung für Wirtschaft und Gesellschaft zu begreifen. München benötige dringend Fachkräfte, zudem könnten schon das achte Jahr in Folge Ausbildungsplätze nicht besetzt werden, erklärte der CSU-Politiker, der auch Wirtschaftsreferent ist.

"Rechte Rattenfänger"

Auch der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat zu kritischer Distanz gegenüber der Pegida-Proteste geraten. "Jeder, der an den Kundgebungen teilnimmt, sollte sich genau überlegen, hinter welchen Transparenten er da eigentlich herlaufe", sagte Marx und warnte vor einer pauschalen Verurteilung des Islam. Ähnlich äußerte sich die evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Sie glaubt, dass die Pegida-Anhänger im Islam "einen Sündenbock für ihre eigene Unzufriedenheit suchen".

Noch offensiver haben die Münchner Grünen dazu aufgerufen, an der Kundgebung gegen Pegida teilzunehmen. Und die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Margarete Bause, sagte: "Wir brauchen ein breites Bündnis aller demokratischen Kräfte in der Politik und der Zivilgesellschaft mit einer ganz klaren Botschaft: Wer bei Pegida mitmarschiert, läuft rechten Rattenfängern hinterher." Man dürfe die nationalistisch geprägte Strömung auch "nicht mit falschem Verständnis für irgendwelche diffusen Ängste der Mitläufer salonfähig machen". Bause betonte: "Wer diese Organisation unterstützt und unter diesem Banner auf die Straße geht, trägt Mitverantwortung für die dort geäußerten menschenverachtenden Parolen."

© SZ vom 20.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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