Weihnachtsansprache von Papst Franziskus:Gerechte Schelte für den Hofstaat

Papst Franziskus

Liest bei seiner Weihnachtsansprache den Kardinälen die Leviten: Papst Franziskus.

(Foto: dpa)

Scharfe Kritik statt weihnachtsmilder Ansprache: Papst Franziskus wirft den Kardinälen Arroganz und Eitelkeit vor. Doch dieser Tadel ist nötig, wenn die Kirche ihren Weg durch die Moderne finden will.

Kommentar von Stefan Ulrich

Aus der katholischen Kirche ist immer wieder radikale Kirchenkritik gekommen, von Bettelmönchen, Bußpredigern oder Befreiungstheologen. Diesmal ist es der Papst selbst, der seine Kirchenfürsten durchrüttelt. Statt der Kurie eine weihnachtsmilde Ansprache zu schenken, wirft ihr Franziskus 15 Kardinalsünden vor. Arroganz, Eitelkeit und Geldgier zum Beispiel, sowie - so wörtlich - geistliches Alzheimer und terroristische Geschwätzigkeit. Die Kardinäle, Bischöfe und Monsignori müssen das widerspruchslos über sich ergehen lassen. Sie sind dem Pontifex Gehorsam schuldig.

Manch ein Gescholtener aber wird sich in seinen Vorbehalten gegenüber diesem Papst bestätigt sehen. Beschmutzt Franziskus nicht das Nest, das ihn schützt? Untergräbt er nicht die Autorität seiner Kurie? Ermuntert er nicht die Spötter draußen in einer bisweilen feindseligen Welt?

Dieser Papst ist oft eine Zumutung für seinen traditionsstolzen Hofstaat. Doch diese Zumutung ist nötig, wenn die Kirche ihren Weg durch die Moderne finden will. Franziskus wirkt entschlossen, sie vom Gepränge der Jahrtausende zu reinigen und zur Einfachheit ihrer Ursprünge zurückzuführen. Dabei stößt er auf reichlich Widerstand im Kirchenstaat. Sonderlich zu beeindrucken scheint ihn das kaum. Den Strengen und Harten am Vatikan empfiehlt er, sich mit einer "guten Dosis gesunden Humors" zu therapieren. Ein guter Rat, nicht nur für die Kirche.

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