Vorsätze fürs neue Jahr:Warum das Sparen so schwierig ist

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Von den Bankgebühren bis zum Kaffee um die Ecke: Wer klüger mit Geld umgeht, kann jedes Jahr viel sparen. Eigentlich weiß das jeder. Und doch bleibt es meist nur ein Plan. Eine Annäherung.

Von Jan Willmroth

Das war mal wieder eine tolle Zeit, in der das Geld so viel lockerer sitzen durfte. Der Weihnachtsbraten war fabelhaft, der Käseteller teurer als sonst, für Geschenke ging in letzter Minute doch viel mehr drauf als ursprünglich eingeplant. Moment mal: Wirklich eingeplant? Wer von denen, die nicht ganz genau auf ihren Kontostand achten müssen, hatte wirklich ein Budget für Weihnachten und Silvester und kann jetzt genau sagen, wofür er wie viel ausgegeben hat?

Zeit, einmal innezuhalten. Erstens nämlich ist die winterliche Ruhe an und nach den Weihnachtsfeiertagen auch immer die Zeit der guten Vorsätze, die jedes Jahr mangels Selbstkontrolle scheitern. Sie werden im Jahresrhythmus beschrieben und beworben, immer angeführt von "weniger essen", "mehr Sport", "mehr Zeit mit der Familie". Zweitens verdeutlichen die übersteigerten Feiertags-Ausgaben, woran es mangelt: am Überblick über die Finanzen. Kann man ja auch verstehen. Über Geld nachzudenken, noch dazu ständig, ist mindestens so anstrengend wie Sport, macht aber weniger Spaß. Wozu diese zusätzliche Anstrengung, ausgerechnet mit so etwas wie der eigenen Gewinn-und-Verlustrechnung?

Am beliebtesten: Sparbuch und Festgeldkonto

Weil es sich lohnt: Die beliebtesten Produkte deutscher Sparer, das Sparbuch oder Festgeldkonto, sind bekanntlich miserabel verzinst. Zum neuen Jahr sinkt obendrein der Garantiezins für Kapitallebensversicherungen. So langsam sind keine guten Gründe mehr übrig, sich bei Banken und Versicherungen für risikolose Geldanlagen zu entscheiden.

Die Bankkunden hierzulande haben das offenbar zumindest zum Teil verstanden. Immer gegen Ende des Jahres veröffentlichen Banken Umfragen zum Sparverhalten der Deutschen und wie sie es im kommenden Jahr ändern wollen. Sie tun das vor allem aus Eigennutz, weil sie auf Trends reagieren wollen. Diesmal hat es die Norisbank mit ihrer Online-Umfrage unter gut 1000 Erwachsenen in die Nachrichten geschafft: 42 Prozent der Befragten wollen im kommenden Jahr mehr sparen, die meisten von ihnen eher konservativ, also mit den bekannten Produkten.

Auch die Royal Bank auf Scotland hat Sparer befragt, mit ähnlichem Ergebnis: 60 Prozent der Bürger wollen weiter regelmäßig sparen. Die US-Bank Goldman Sachs fragte etwas gezielter nach den Erwartungen der Anleger. Immerhin jeder Vierte erwartet demzufolge sogar, dass die Zinsen noch weiter sinken werden - trotzdem geht den Anlegern Sicherheit vor Risiko, und so zeigt auch diese Umfrage, dass Festgeld, Sparbuch und Tagesgeld weiter die beliebtesten Produkte bleiben.

Die Hälfte der Deutschen will sich einen besseren Überblick über ihre Finanzen verschaffen

Dabei dürfte inzwischen ausreichend dokumentiert sein, wie deprimierend es ist, wenn die Inflation höher liegt als die Verzinsung und man sich für das gesparte Guthaben mit der Zeit immer weniger kaufen kann. Wenn das Sparbuch unanfechtbar ist, kommen hier die guten Vorsätze ins Spiel, genauer: der Trick, statt nur auf das Zinskonto auch auf den Kassenzettel, die Nebenkostenabrechnung und die Bankgebühren zu schauen.

Ausgaben in wichtigen Lebensmomenten
:Planlos, kraftlos, Geld los

Es gibt Situationen im Leben, in denen zahlen wir beinahe jeden Preis, der von uns verlangt wird: für Beerdigungen, Kinder, Heirat, bei Krankheit oder wenn wir Fan sind. Fünf Momente, die ins Geld gehen.

Auch die Postbank legte kürzlich eine Umfrage vor, wonach der Geld-Vorsatz Nummer eins lautet, die Kontobewegungen im neuen Jahr besser zu kontrollieren; mehr als die Hälfte der Bundesbürger will sich demnach einen besseren Überblick über ihre Finanzen verschaffen. Sie haben offenbar erkannt, dass Sparen nicht nur heißt, die Frage zu beantworten, wo das zurückgelegte Geld am besten aufgehoben ist - sondern herauszufinden, welches Geld man zur Seite legen kann.

Dieses Geld findet man zum Beispiel auf der Rechnung seines Stromanbieters. Jahrelang haben die Energieversorger ihre Preise erhöht und steigende Umlagen an den Kunden weitergereicht, der Preis für Strom ist in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als die Preise für Öl und Gas. Trotzdem sind bundesweit noch immer mehr als ein Drittel aller Stromkunden bei ihrem Grundversorger unter Vertrag. Das ist meistens die teuerste Alternative.

In Nordrhein-Westfalen zeigt die örtliche Verbraucherzentrale mit ihrem Energiepreisatlas, wo die höchsten und niedrigsten Strom- und Gaspreise zu finden sind. In NRW liegen die Stromtarife der Grundversorger um bis zu 25 Prozent über dem Durchschnitt. Ein Wechsel rechnet sich: Dem Vergleichsportal Verivox zufolge spart ein vierköpfiger Haushalt derzeit im bundesweiten Durchschnitt 345 Euro pro Jahr, wenn er von der Grundversorgung zum günstigsten Stromanbieter wechselt. Wer dann noch ein wenig genügsamer mit seinem Strom umgeht, hat noch mehr übrig.

Bei anderen Dingen, die so alltäglich sind wie Strom, verhält es sich ähnlich unkompliziert. Die Kontoführungsgebühren oder Dispozinsen bei der Hausbank sollten Anlass sein, die Bank zu wechseln. Eine Kündigung des Handyvertrags führt oft zu einem bedauernden Anruf des Mobilfunkanbieters, der einen unbedingt als Kunde behalten will und ein neues, besseres Angebot vorlegt. Der Kaffee bei der Bäckereikette um die Ecke ist zu teuer, er schmeckt sowieso nicht, die vielen kleinen Kleckerbeträge, die tagtäglich so anfallen, ergeben im Lauf des Jahres schnell eine mittlere dreistellige Summe. Die Stille vor dem Jahreswechsel bietet genau die richtige Atmosphäre, sich klarzumachen, dass das alles vielleicht doch nicht so anstrengend ist.

Wie alle guten Vorsätze könnte dieser Plan dann aber ein entscheidendes Problem haben: dass er ein Plan bleibt. Der Schriftsteller Oscar Wilde schrieb - wie passend: "Gute Vorsätze sind Schecks, auf eine Bank ausgestellt, bei der man kein Konto hat." Je nach Umfrage nehmen sich zwischen der Hälfte und zwei Dritteln der Deutschen etwas für das neue Jahr vor.

Aber - je nach Studie - nur etwa acht Prozent setzen dann auch um, was sie sich überlegt haben. Warum wir gute Vorsätze so schnell verwerfen, beschäftigt Psychologen und Neurowissenschaftler immer wieder. Das bedeute meistens eine dauerhafte Änderung der Gewohnheiten. Hirnforscher übersetzen Gewohnheiten vereinfachend mit "Trampelpfaden", die im Gehirn entstanden sind. Ein Beispiel dafür ist die morgendliche Dusche: Für die gibt es neuronale Bahnen, die sofort nach dem Aufstehen aktiv werden. Niemand, der morgens zu duschen pflegt, muss sich das jeden Tag von Neuem vornehmen. "Gewohnheiten sorgen dafür, dass wir tun, was wir immer schon getan haben", schreiben die US-Psychologen David Neal, Wendy Wood und Jeffrey Quinn, "trotz unserer besten Absichten, es anders zu tun." Während man sich für den Wechsel der Bank oder des Energieversorgers nur einmal anstrengen muss, verlangt das tägliche Sparen Gewohnheit. Nach einem neuen Trampelpfad im Kopf.

Finanzielle Belohnungen bringen Menschen eher dazu, Gewohnheiten zu ändern

Ein guter Anfang wäre ein Haushaltsbuch - ein solches zu führen ist heute einfacher denn je. In den App-Stores von Apple, Google und Co. finden sich Dutzende Handy-Anwendungen, mit denen die private Buchführung so einfach wie möglich wird. Darin steht dann das eigene Guthaben, aufgeteilt nach Einnahmen und Ausgaben für verschiedene Zwecke, beliebig detailliert zu kategorisieren, einfach nach Excel zu exportieren und damit leicht auszuwerten. Die Gewohnheit, an jedem Werktag etwa drei Euro für mittelmäßigen Pappbecher-Kaffee und Kleingebäck auszugeben (60 Euro pro Monat!) wird damit zum Warnhinweis in Form roter Zahlen mit einem Minus davor.

Mal kurz gerechnet: Bei einem Netto-Gehalt von 30 000 Euro im Jahr wären 1500 gesparte Euro schon fünf Prozent. Eine Traum-Rendite in diesen Tagen! Es könnte sogar deutlich einfacher sein, die guten Geld-Vorsätze einzuhalten, als abzunehmen oder kein Sportmuffel mehr zu sein. In zahlreichen Studien haben Psychologen nämlich gezeigt, dass finanzielle Belohnungen Menschen eher dazu brachten, ihre Gewohnheiten zu ändern. Jeder gesparte Euro kann solch eine kleine Belohnung sein.

© SZ vom 27.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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