"Mammon" in der ARD:Es geht ums Ganze

Mammon (1): Das Opfer

Depressive Norweger: Polizistin Vibeke Haglund (Lena Kristin Ellingsen) läuft gegen ihre Angststörungen an.

(Foto: ARD)

Nach Schweden und Dänen kommen jetzt die Norweger mit einem düsteren Krimi. Die Macher von "Mammon" haben viel hineingepackt - vom grauen Wetter bis hin zum Kindermord. Eines haben sie jedoch nicht bedacht.

Von Michael Bitala

Irgendwann einmal, es muss lange her sein, war immer graues, immer nebliges Wetter ein Versprechen, zumal wenn es aus Schweden kam. Damals stapfte Henning Mankells Wallander durchs trübe Schonen, verzweifelte an sich und der Welt und klärte bevorzugt Verbrechen von höchster Relevanz auf. Es ging um Fremdenfeindlichkeit, Menschenhandel, Kindesmissbrauch, Korruption - und natürlich immer auch um bestialische Morde.

Noch größer wurde die Freude, als Stieg Larssons Millennium-Trilogie großartig verfilmt wurde und dies letztlich auch im Nachbarland Dänemark zu ungeahnter Kreativität führte. Wir können es auch, schienen die Dänen den Schweden zuzurufen, als sie ihre Kommissarin Lund ins Rennen um den besten Krimi aus dem Norden schickten. Ein Fall, erzählt in nicht weniger als 1000 Minuten.

All diese Krimis aus Skandinavien waren Ereignisse. Selbstbewusste Statements, dass die Europäer sich vor den neuen, meist sehr guten TV-Produktionen aus den USA nicht verstecken müssen.

Jetzt haben die Norweger nachgezogen. Mammon heißt ihr Großprojekt, ein dreiteiliger Krimi, immerhin in 330 Minuten erzählt. Und die ARD hat, auch aus Mangel an Eigenleistung, gerne zugegriffen und präsentiert die "Krimi-Sensation aus Norwegen" von Neujahr an. Natürlich muss es in so einem Dreiteiler um mehr gehen. Bei Mammon geht es gleich ums Ganze, um die ganze norwegische Gesellschaft: "Bei seinen Recherchen zu einem riesigen Skandal in der norwegischen Finanzwelt", so die ARD-Ankündigung, "werden dem Journalisten Peter Veras vernichtende Beweise gegen seinen Bruder Daniel zugespielt - von unbekannt. Er macht den größten Fehler seines Lebens, indem er die Geschichte veröffentlicht, woraufhin Daniel Selbstmord begeht. Zu spät findet Peter heraus, wer die anonyme Quelle war."

Gleich vorweg: Der Krimi hat alles, was früher zu großen Erfolgen führte. Permanent depressiv-graues Wetter, Kindermord, Eltern in höchster Not, alttestamentarische Grausamkeit, Geldgier, Familientragödien und einen Journalisten im Mittelpunkt, der einem üblen Geheimbund sehr mächtiger Männer und Frauen aus Politik, Justiz, Medien, Industrie und Finanzwelt gegenübersteht. Und als ob das noch nicht genug wäre, bringen sich dann noch die Figuren reihenweise selbst um, damit alles immer noch rätselhafter und noch schockierender wird.

Mammon ist so ambitioniert, so düster, so überladen und verdreht, dass man nach sechseinhalb Stunden die Auflösung nicht verraten kann - selbst wenn man möchte. Man weiß nur, dass Drehbuchautor Gjermund S. Eriksen alles reingepackt hat, was er offenbar bei anderen Krimis gut fand. Da darf dann auch die Computerspezialistin nicht fehlen, die so burschikos ist, dass Stieg Larsson die Stirn gerunzelt hätte.

Was die Mammon-Macher leider nicht gesehen haben: Depressiv-graue und komplett humorfreie Krimis sind nicht mehr das, was sie mal waren. Heute scheint zum Beispiel die schönste Wintersonne über Lorne Malvo und Lester Nygaard in Fargo.

Mammon, 1., 2. und 4. 1., ARD, jeweils 21.45 Uhr.

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