"Eine Liebe für den Frieden" im Ersten:Wegen Überfüllung verdrossen

Eine Liebe für den Frieden - Bertha von Suttner und Alfred Nobel

Nur zwei Wochen arbeitet Bertha (Birgit Minichmayr) als Privatsekretärin bei Alfred Nobel (Sebastian Koch), doch daraus erwächst eine innige Freundschaft und Liebe.

(Foto: ARD Degeto/Monafilm/Oliver Roth)

Das ARD-Epos "Eine Liebe für den Frieden" erzählt die Geschichte von Bertha von Suttner und Alfred Nobel. Der mit Birgit Minichmayr und Sebastian Koch hochkarätig besetzte Film könnte sehenswert sein, wenn die Fernsehmacher ihn nicht so überfrachtet hätten.

Von Jan Heidtmann

Das Beste, es kommt hier zum Glück nicht zum Schluss: Birgit Minichmayr als Bertha von Suttner und Philipp Hochmair alias Arthur von Suttner, verschlägt es in die kaukasische Steppe. Enterbt und entehrt muss das junge, adelige Paar ein neues Leben fristen - gestrandet in einem einfachen Holzhaus fernab jeglicher Zivilisation.

Alle paar Wochen kommen zwei freundliche, aber bestimmte Gesandte zu Pferde, um den beiden mitzuteilen, weshalb die Fürstin in Sankt Petersburg sie noch immer nicht empfangen kann. Die Frontlinie des russisch-osmanischen Krieges nähert sich bedrohlich.

Bertha von Suttner veröffentlicht ihre ersten Geschichten, er versucht sich als Kriegsreporter. Selbstfindung zwischen Holzhacken und Dichten, es macht Spaß, den beiden dabei zuzuschauen. Zwei Hippies des späten 19. Jahrhunderts.

Die Episode beginnt im ersten Viertel des Filmes; sie kommt keine Sekunde zu früh. Bis dahin hätte es genug Anlass gegeben wegzuschalten: Bertha von Suttner ist da noch nicht verheiratet, als Gräfin Kinsky hat sie beim Erfinder und millionenschweren Industriellen Alfred Nobel als Privatsekretärin angeheuert.

Nach der ersten Begegnung - eine blödsinnige Szene, in der ein Sarg ein wichtige Rolle spielt - sitzen sie nun zusammen und unterhalten sich. Es ist klar zu sehen: Er bewundert sie, genau so, wie sie ihn bewundert. Schließlich sagt die Gräfin: "Bücher waren jahrelang meine besten Freunde. Stellen sie sich mal vor, es gebe keine Bücher."

Er: "Ohne Bücher wären wir Affen."

Sie: "Was haben Sie denn gegen Affen?"

Er: "Nichts. Ich habe etwas gegen Dummheit."

Sie: "Da sind wir schon mal zu Zweit."

Sätze für die Ewigkeit, stumpfsinnige Bildungsbürgerlichkeit zum Schreien. Der distinguierte Alfred Nobel aber ist so angetan von der Gräfin, dass er ihr nach nur zwölf Tagen Bekanntschaft durch halb Europa nachreist, um sie wiederzusehen.

Eine Liebe für den Frieden ist ein weiteres Epos in der Reihe großangelegter Verfilmungen historischer Stoffe, die seit den Nullerjahren bei den öffentlich-rechtlichen Sendern Karriere machen. Neben Minichmayr und Hochmair warten Das Erste, BR und ORF hier in der Rolle des Alfred Nobel mit Sebastian Koch auf.

Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil er nur noch selten in Fernsehproduktionen auftritt. "Diese wunderbare Rolle, das sehr gute Drehbuch und meine Partner haben mir die Entscheidung leicht gemacht", sagt er im Begleittext. Was Minichmayr, Hochmair und Koch angeht, ist diese Einschätzung präzise, sie könnten den Film zu einem sehenswerten Film machen. Wenn da nicht das Drehbuch wäre.

Autor Rainer Berg hat versucht, gleich drei recht komplexe Inhalte in nur 90 Minuten leicht konsumierbar zu machen. Da ist die unerfüllte Liebesgeschichte zwischen Suttner und Nobel, da ist die Karriere der Bertha von Suttner; schließlich geht es auch um den Zwiespalt des Forschers Nobel zwischen Wissenschaft und Moral.

Das Script beruht auf dem Stück der Autorin Esther Vilar, "Mr. & Mrs. Nobel". Vilar ist bekannt dafür, die Geschehnisse zu einem spannenden "So könnte es auch gewesen sein" weiterzuspinnen.

Das Bemühen der Fernsehmacher, die Menge an Stoff zu verdichten und fernsehgerecht zu glätten, führt jedoch zu einem "So kann es nicht gewesen sein". Es ist förmlich zu spüren, wie ständig an den Schnüren gezogen und gezerrt wurde, um die großen Themen in ein für das Massenpublikum taugliches Korsett zu pressen.

Zu erkennen ist das auch an der sicherlich beeindruckenden Ausstattung des Filmes. In dem Versuch, die Zeit perfekt abzubilden, schafft sie jedoch eine unglaubwürdige Hyperrealität.

Der Arbeitstitel des Films lautete "Madame Nobel". Dass er nicht zum Filmtitel wurde, darüber hat sich Birgit Minichmayr sehr geärgert. "Ich finde diese Titeländerung ganz, ganz schlimm", sagte sie in einem Interview . "Mir wurde gesagt' ,Madame Nobel" sei missverständlich, man könnte den Eigennamen 'Nobel' als Eigenschaftswort 'nobel' lesen. Für wie blöd hält man das Publikum eigentlich?" Es ist das Problem der gesamten Produktion: Als Zuschauer fühlt man sich nicht für voll genommen.

Eine Liebe für den Frieden, ARD, Samstag, 20.15 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: