Möglicher Euro-Austritt Griechenlands:Linkspopulistische Syriza lässt sich nicht einschüchtern

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  • In knapp drei Wochen wählen die Griechen ein neues Parlament. Bei einem möglichen Wahlerfolg der linkspopulistischen Syriza-Partei drohen europäische Politiker damit, dass Griechenland die Eurozone verlassen müsse.
  • Ein grüner EU-Parlamentarier und ein Syriza-Abgeordneter kritisieren die Drohung als Erpressung der griechischen Wähler.
  • Die Bundesregierung bemüht sich um eine Beruhigung der Lage, die EU-Kommission weist darauf hin, dass die Euro-Mitgliedschaft unwiderruflich sei.
  • Der Dax sowie der Athener Leitindex schlossen deutlich im Minus.

Frankreichs Präsident Hollande erinnert Griechen an "Verpflichtungen"

Um nicht weniger als "die Zukunft Europas" soll es kommenden Sonntag gehen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande sich in Straßburg treffen. Dabei wird sich auch zeigen, ob Paris und Berlin in der Frage um den Verbleib Griechenlands in der Eurozone auf einer Linie sind. Nachdem der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe darüber berichtet hat, dass in der Bundesregierung Szenarien diskutiert würden, "ob und wie Griechenland den Euro verlassen, aber in der Europäischen Union bleiben könnte", äußert sich nun Hollande im Bezug auf die bevorstehende Wahl in Griechenland.

"Die Griechen entscheiden frei über ihr Schicksal" - und damit über einen Verbleib im Euro, sagte Hollande. Zugleich erinnerte er an "bestimmte Verpflichtungen, und all diese müssen natürlich respektiert werden". In knapp drei Wochen wählt Griechenland ein neues Parlament. Europapolitiker befürchten einen Wahlerfolg der linkspopulistischen Syriza-Partei und warnen mit Blick auf das Wahlergebnis, dass ein linker Wahlerfolg zum Ausschluss des Landes aus der Eurozone führen könnte.

Syriza lässt sich von Austritts-Spekulationen nicht einschüchtern

Besonders deutliche Worte gebrauchte der CDU-Politiker und Europaparlamentarier Elmar Brok: Wenn am 25. Januar die linkspopulistische Syriza eine Mehrheit erhalte und wie angekündigt den Spar- und Reformkurs abbreche, "dann wird es keine weitere Unterstützung geben", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". "Das muss völlig klar sein." Nach den Reformen in der Eurozone in den vergangenen drei Jahren sei der Euro nicht länger gefährdet, wohl aber Griechenland selbst. Bei einem Ausstieg käme es zu einer "dramatischen Verarmung" der griechischen Bevölkerung.

Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold verurteilte die Spekulationen als "gefährliche Einmischung in die griechischen Wahlen". Auch CSU-Chef Horst Seehofer sagte, Deutschland solle jetzt nicht als Oberlehrer im griechischen Wahlkampf auftreten. Allerdings sei es richtig, Hilfen an Bedingungen zu knüpfen, wie das auf deutschen Druck hin in der Europäischen Union geschehen ist, sagte er der Welt.

Auch in Athen kommen solche Drohungen nicht gut an. "Wir werden uns keinem Druck oder einer Erpressung beugen", sagte der Syriza-Abgeordnete Dimitris Stratoulis der Berliner Zeitung. "Wir werden die Troika aus Griechenland und auch aus Europa verjagen." Statt den von den Gläubigern verordneten Sparkurs fortzusetzen, "werden wir mit unseren Geldgebern über einen Schuldenerlass verhandeln", sagte Stratoulis. Das Parteiprogramm sehe vor, dass der größte Teil der griechischen Staatsschuld gestrichen werde. Das wären mehr als 160 Milliarden Euro.

Bundesregierung bestreitet Kurswechsel in der Euro-Politik

Nach den Spekulationen über Pläne, Griechenland aus dem Euro auszuschließen, bestreitet die Bundesregierung, dass es in der Frage einen Kurswechsel gegeben habe. Ziel bleibe die Stärkung der Eurozone "inklusive Griechenland", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Dax schließt im Minus

Gleichwohl belastet die neue Unsicherheit zunehmend den Euro. Er sank am Montag an asiatischen Börsen zwischenzeitlich auf seinen tiefsten Wert seit fast neun Jahren. In den ersten Handelsstunden der neuen Woche fiel der Euro-Kurs bis auf 1,1864 Dollar. Das war der tiefste Stand gegenüber dem Dollar seit März 2006. Anschließend erholte sich der Euro etwas, lag aber mit 1,1938 Dollar immer noch deutlich unter der Marke von 1,20 Dollar, unter der er zuletzt im Sommer 2010 gestanden hatte. Der Dax schloss deutlich mit 2,99 Prozent im Minus, der Athener Leitindex Athex sogar mit 5,6 Prozent.

EU-Kommission: Euro-Mitgliedschaft ist "unwiderruflich"

Die EU-Kommission bemüht sich ebenfalls, die Lage zu beruhigen. Eine Mitgliedschaft in der Währungsunion könne gar nicht entzogen werden, sagte eine Sprecherin. "Die Euro-Mitgliedschaft ist unwiderruflich." So sei es im Vertrag von Lissabon festgehalten.

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Bisher hielt die Bundesregierung an einem Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone fest. Wird der Sparkurs nach den Neuwahlen jedoch aufgegeben, wäre laut Kanzlerin Merkel ein Austritt denkbar. Was halten Sie davon?

Nicht auszuschließen wäre allerdings, dass sich Athen und die übrigen Mitglieder auf einen freiwilligen Ausstieg aus dem Euro einigen. Dazu könnte es kommen, wenn Griechenland ohne neue Notkredite als einziger Ausweg die Rückkehr zur Drachme bliebe. Der Spiegel hatte zuvor aus Kreisen der Bundesregierung zitiert, wonach notfalls "findige Juristen" die Frage nach der Möglichkeit eines Euro-Austritts klären würden.

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