Prozess gegen Kunstberater Achenbach:"Pass mal auf, wir verkaufen das dem Christian teurer"

Helge Achenbach

Helge Achenbach verkaufte Oldtimer und Kunst teurer weiter als vereinbart.

(Foto: Andreas Endermann/dpa)
  • Im Betrugsprozess gegen den Kunstberater Achenbach berichtet sein ehemaliger Mitarbeiter Kellein von hohen Preisaufschlägen für Kunstwerke an Kunden.
  • Kellein hatte großzügige Provisionen erhalten.
  • Auch der verstorbene Aldi-Erbe Berthold Albrecht soll massiv betrogen worden sein.

"Hohe Preisaufschläge"

Neues Jahr, neues Glück, heißt es ja. Ob 2015 allerdings auch für den Kunstberater Helge Achenbach eine Wende zum Guten bringen wird, ist derzeit vollkommen offen. Im Betrugsprozess, dem sich der 62-Jährige derzeit am Essener Landgericht stellt, musste er es am Montag zunächst einmal über sich ergehen lassen, dass weitere Einzelheiten seiner Geschäftspraktiken publik wurden.

Sein ehemaliger Mitarbeiter, der renommierte Kunsthistoriker Thomas Kellein wurde als Zeuge gehört. Durch einen Hinweis hatte er den Prozess überhaupt ins Rollen gebracht. Achenbach habe bei einigen Kunstverkäufen an den Pharma-Unternehmer Christian Boehringer "hohe Preisaufschläge" vorgenommen, sagte Kellein in einer zweieinhalbstündigen Vernehmung.

Zunächst habe er keinen Verdacht geschöpft: "Ich kannte Achenbach als bedeutenden Kunstberater und respektable Person. Ich war beeindruckt von ihm", sagte Kellein. "Als ich anfing, für Achenbach zu arbeiten, war ich naiv und gutgläubig."

Auf Empfehlung seiner Berater kaufte Boehringer recht spezielle Werke, zum Beispiel eine Stickarbeit von Alighiero Boetti, die von Handwerkern in Afghanistan angefertigt wurde.

Provision von 200 000 Dollar

Fünf auf Blättern geschriebene "Texte" des US-Konzeptkünstlers Lawrence Weiner, die später erst zu Kunstwerken verarbeitet werden sollten, kosteten circa 1,1 Millionen Dollar. Achenbach habe gesagt: "Pass mal auf, wir verkaufen das dem Christian teurer", gab Kellein an. Für die fünf Weiner-Texte zahlte Boehringer später etwa 1,8 Millionen Dollar, was einem Aufschlag von knapp 64 Prozent entspricht. Kellein bekam eine Provision von etwa 200 000 Dollar. "Ich fand das außergwöhnlich großzügig, eigentlich traumhaft", sagte er.

Da er für Achenbach nur als Berater gearbeitet habe und nicht in die Geschäftsvereinbarungen einbezogen gewesen sei, habe er aber zunächst keinen Verdacht geschöpft, sagte Kellein. "Ich habe gedacht: Na ja, so ist es halt."

Bonus später zurückgezahlt

Die Kunstverkäufe zwischen Achenbach und Boehringer wurden über die Kunstberatungsfirma Berenberg Art Advice abgewickelt, deren Geschäftsführer Achenbach und ein Mitangeklagter waren. Allerdings seien die Kunstwerke zunächst direkt von der Achenbach Kunstberatung gekauft worden und nicht wie ursprünglich geplant über die Berenberg Art Advice, sagte der Syndikusanwalt der Hamburger Privatbank als Zeuge.

Berenberg habe eine "transparente Preisgestaltung" gewollt. Die Kunstwerke sollten demnach zum Einkaufspreis plus einer Provision an die Kunden der Kunstberatung weitergegeben werden.

Thomas Kellein, Zeuge im Prozess gegen den Kunstberater Helge Achenbach

Der Kunsthistoriker und frühere Leiter der Kunsthalle Bielefeld, Thomas Kellein, vor seiner Befragung im Landgericht Essen.

(Foto: dpa)

Achenbach hatte den 59-jährigen Kellein speziell als Berater für den Aufbau der Sammlung für Boehringer engagiert. Den Bonus von circa 200 000 Dollar habe er später zurückgezahlt, als ihm Unregelmäßigkeiten aufgefallen seien.

Nach drei Geschäften mit Boehringer zwischen Dezember 2012 und Mai 2013 habe er gemerkt, dass "irgendetwas nicht stimmt", sagte Kellein. Achenbach habe Preisaufschläge vorgenommen, "die ich nicht mehr mittragen konnte".

Bei dem bevorstehenden Verkauf eines weiteren Kunstwerks - ein frühes Bild von Georg Baselitz - sei bei ihm dann "der Groschen gefallen". Er habe die beiden Gesellschafter der privaten Berenberg Bank über die Vorgänge bei der Art Advice informiert. "Ich habe gemerkt: Es ging darum, Kunst billig einzukaufen und teuer zu verkaufen", sagte Kellein.

Die Kunstberatungssparte der Bank wurde nach einem Warnbrief Kelleins an die Bank aufgelöst. Bei einem Gespräch mit Vertretern der Bank habe Achenbach "einen Fehler eingeräumt", sagte der Berenberg-Anwalt.

Aldi-Erbe Berthold Albrecht soll erheblich geschädigt worden sein

Die Staatsanwaltschaft wirft dem seit Juni 2014 in Untersuchungshaft sitzenden Achenbach vor, nicht nur Kunden der Berenberg Art Advice, sondern vor allem den 2012 gestorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht betrogen zu haben. Allein Albrecht soll bei 22 Kunst- und Oldtimerverkäufen von Achenbach um rund 23 Millionen Euro geschädigt worden sein.

Der Schaden, der Boehringer und einem weiteren Ehepaar bei Geschäften Achenbachs entstand, beläuft sich laut Anklage auf insgesamt 1,8 Millionen Euro.

Achenbach habe Boehringer Anfang Januar 2014 mit gut einer Million Euro entschädigt, sagte der Berenberg-Anwalt. Das Kunstgeschäft mit dem Ehepaar wurde von der Berenberg Art Advice laut Anklage rückabgewickelt.

Achenbach hatte am ersten Prozesstag ein Teilgeständnis abgelegt. Er hatte eingeräumt, teilweise "unberechtigte Aufschläge" bei den Kunstverkäufen an seinen Duzfreund Albrecht vorgenommen und auch die Preise auf Rechnungen eigenhändig nach oben manipuliert zu haben. Zu seiner Arbeit als Gesellschafter der Berenberg Art Advice hatte Achenbach sich nicht geäußert.

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