Elektroautos:Gefangen im Batterie-Dilemma

Elektroauto an der Ladestation

Das Elektroauto hat sich immer noch nicht durchgesetzt. Schuld sind hohe Preise, lange Ladezeiten und geringe Reichweiten.

(Foto: dpa)
  • Elektroautos haben sich noch immer nicht durchgesetzt. Gerade einmal 8522 Exemplare wurden 2014 in Deutschland verkauft. Schuld daran sind unter anderem die Batterien, die für zu geringe Reichweiten sorgen.
  • Die deutschen Automobilhersteller entwickeln zwar Fahrzeuge, aber keine Batterien. Dort wurden sie von asiatischen Firmen wie Samsung, LG, Panasonic und Toshiba abgehängt.
  • Der Druck der Konkurrenz wird größer: Tesla plant in Nevada eine eigene Batteriefabrik, die 2020 fertiggestellt werden soll.

Von Thomas Fromm

Vor ein paar Jahren gab es Menschen, die glaubten tatsächlich, dass wir uns schon mitten im Zeitalter der Elektroautos befinden. Zum Beispiel der frühere SAP-Manager Shai Agassi. Er hatte in Israel eine Firma gegründet, die "Better Place" hieß, und, ja, sie sollte die Erde wirklich zu einem besseren Ort machen. Indem sie Tausch-Stationen für Akkus einrichtete, an denen sich die Fahrer von Elektroautos einfach bedienen konnten. Dass man mit Elektroautobatterien nicht weit kommt, dass das Aufladen Stunden dauert - das alles schien nun kein Problem mehr zu sein. Es sah so aus, als wären die Tage der stinkenden Benzin-Motoren gezählt.

2013 gingen die Utopisten von Better Place pleite. Die Autohersteller, vor allem die Deutschen, wollten nichts wissen von Agassis Batteriewechselei. Sie meinten, dass die Batterie fest zum Elektroauto gehöre, so wie der Motor schon immer zum Benziner gehörte. "Der Motor war immer das Herzstück eines Autos", sagt Horst Wildemann, Wirtschaftsprofessor an der TU München. "Wenn die das aus der Hand geben, macht das Bauchschmerzen."

Etwas für Exoten und reiche Nerds

Es ist nun zwei Jahre her, dass Better Place in die Insolvenz gerast ist. Die Elektromobilität ist seitdem kaum vom Fleck gekommen. Am nächsten Montag, wenn in der US-Autometropole Detroit die jährliche Autoshow beginnt, werden es wieder vor allem große Spritfresser sein, die die Konzerne ausstellen. Elektroautos? Nur etwas für Exoten und reiche Nerds, die schon ein richtiges Auto haben und nun nur noch nach einem ökologisch korrekten Spielzeug suchen.

Deshalb wurden in Deutschland im vergangenen Jahr gerade mal 8522 E-Autos zugelassen. Die Autos sind teuer, haben wegen der Batterien immer noch eine geringe Reichweite und lange Ladezeiten. Etwa der BMW i3, ein elektrisch betriebener Kleinwagen: Nur mit Batterie bringt er es auf eine Reichweite von höchstens 150 Kilometern. Ein Stadtauto. Wer weiter raus will, braucht mehr. Das aber ist das Dilemma: Nur wenn die Elektroautos günstiger werden und mit ihren Batterien länger fahren können, werden sie auch gekauft.

So weit ist es aber noch lange nicht.

Die Hersteller setzen jetzt, weil sie mit den reinen Elektroautos nicht vorankommen, auf so genannte Plug-in-Hybride - also Antriebe, bei denen E- und Benzinmotor kombiniert werden. Und sie suchen hinter den Kulissen immer noch nach der ultimativen Batterielösung - dem Anti-Better-Place-Modell sozusagen.

Zum Beispiel Daimler. Im November hatte der Stuttgarter Konzern erklärt, dass man aus dem einst hochgelobten Abenteuer, selbst Batteriezellen für Elektroautos zu bauen, aussteigen will. Der konzerneigene Betrieb Li-Tec, angesiedelt im sächsischen Kamenz, soll noch bis Ende 2015 seine Zellen für den Elektro-Smart bauen, dann ist Schluss. Zu teuer, zu aufwendig. Stattdessen, so ließen die Stuttgarter wissen, will man die Zellen erst einmal von außen zukaufen. Kurz vorher hatte Continental seine Batterie-Gemeinschaftsfirma mit dem koreanischen Partner SK Innovation infrage gestellt. Die deutsch-asiatische Freundschaft gilt als wenig vielversprechend. Da hatte der Rivale Bosch schon nach vier Jahren sein gemeinsames Batterien-Joint-Venture mit Samsung aus Korea - Name: SB LiMotive - aufgelöst.

Daimler, Bosch, Conti - Autos zu bauen und ihre Teile zuzuliefern, sind eine Sache. Batterien noch mal eine ganz andere.

Wer soll das dann bezahlen?

"Das Geschäft mit den Batterien ist Kaffeesatzleserei", sagt TU-Professor Wildemann. "Die Konzerne gehen rein und wieder raus und wieder rein. Weil es so schwierig ist, die Zeithorizonte abzuschätzen." Eigentlich bräuchte man bei den Batterien eine ganz neue Grundlagenentwicklung, so Wildemann. Aber die würde dauern. Und vor allem: Wer soll das dann bezahlen?

Deutschland hat die Autos, aber nicht die Batterien. Das ist riskant, denn das technologische Know-how hat man längst aus der Hand gegeben. Es ist wie bei den selbstfahrenden Autos: Hier sind es Google und Apple, die den Takt vorgeben. Bei den Batteriezellen sind es die Asiaten. Samsung, LG, Panasonic, Toshiba. Diejenigen, die schon den Saft in die Smartphones, Digitalkameras und Laptops holten, bewegen nun auch die Vierräder.

Südkorea hat erkannt, wohin die Reise geht

Als BMW im vergangenen Sommer seine Batteriezellen-Kooperation mit Samsung ausweitete, war klar, worum es da ging: Schnell den Stoff der Zukunft sichern, bevor es andere tun. Südkorea hat, anders als Deutschland, mit seiner Batteriezellenproduktion rechtzeitig erkannt, wohin die Reise geht.

Ausgerechnet derjenige macht nun Tempo, der die traditionelle Autobranche eh schon kräftig mit seinen Elektrolimousinen unter Druck setzt: der Chef des kalifornischen Elektroauto-Pioniers Tesla, Elon Musk. Er plant groß, ganz groß: Zusammen mit dem japanischen Elektronikkonzern Panasonic will er eine riesige Batteriefabrik in die Wüste von Nevada stellen. Bis 2020 sollen hier mehr Lithium-Ionen-Batterien gebaut werden als woanders. Eine Art Weltzentrum für Elektroautobatterien sozusagen.

Kräfte bündeln bei der Batteriezellenproduktion

Und eine Provokation für die deutschen Hersteller: Ausgerechnet im Autoland wollen die Kalifornier eine eigene Batteriefabrik hochziehen. Was Daimler-Entwicklungschef Thomas Weber darauf sagte, klang fast schon wie eine Bewerbung: "Vielleicht muss man darüber nachdenken, ob es wirklich sinnvoll ist, wenn jeder für sich eine Fabrik aufmacht", fand er. Es könne "schon Sinn machen, speziell auf dem Feld der Batteriezellenproduktion die Kräfte zu bündeln".

Mehr Leistung, mehr Reichweite, Kosten runter - Deutschland bleibt gar nichts anderes übrig. Berlin plant bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen, heute sind es gerade mal 25 000. Die Zeit drängt: Audi will Tesla nun frontal angreifen und plant bis 2018 zwei rein elektrische Sportwagen - mit starken Reichweiten, versteht sich. Und Tesla-Boss Musk? Der meint, die deutsche Autoindustrie solle viel mehr "Energie in die Entwicklung von Batterien stecken". Das klingt eher wie eine Warnung als wie eine Empfehlung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: