Hundestaffel der Münchner Polizei:Fass!

Hundestaffel der Münchner Polizei: Polizeihündin Zana bringt Drogenfahnder auf die richtige Fährte. Ihr Job ist auch mal lebensgefährlich.

Polizeihündin Zana bringt Drogenfahnder auf die richtige Fährte. Ihr Job ist auch mal lebensgefährlich.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • 46 Hunde stehen im Dienst des Münchner Polizeipräsidiums.
  • Die Hunde können Waffenteile, Kokain, Geldscheine oder Leichenteile erschnuppern.
  • Diensthund und Polizeibeamter bilden ein Team für ihre gesamte Dienstzeit.

Von Susi Wimmer

Erst kürzlich stand Tina in der Zeitung. Herausragende Leistung, wie sie den Einbrecher auf der Flucht gestoppt hatte, auch wenn der das anders sehen dürfte. Er musste anschließend leicht verletzt in einer Klinik behandelt werden. Oder Edi, von dem war auch zu lesen. Er ließ einen Geldfälscher hochgehen, indem er im Dachgeschoss die gut versteckten falschen Fünfziger fand. Mig entdeckte mutmaßliche Einbrecher im Maisfeld, Zana eine brutale Handydiebin im Dreckwäscheberg. Man könnte sagen, sie haben zur Zeit einen guten Lauf, die Vierbeiner der Diensthundestaffel bei der Münchner Polizei. 46 Schnüffler tun im Präsidiumsbereich ihren Schichtdienst, unter ihnen auch ausgesuchte Spezialisten. Die Hunde können Waffenteile erschnuppern oder Kokain, Geldscheine oder Leichenteile, sie sind die Kommissare mit dem besten Riecher.

Wenn Cox die Witterung aufgenommen hat, dann vollbringt sein Riesen-Riechkolben Höchstleistungen. Ein Mensch verfügt über fünf Millionen Riechzellen, ein Dackel über 125 Millionen, ein Deutscher Schäferhund über 220 Millionen. Im Gehirn des Hundes entsteht ein regelrechtes Bild von dem Geruch. Wenn Cox den richtigen Duft in der Nase hat, auf den er trainiert wurde, zittert sein ganzer Körper, die Körpertemperatur steigt um zwei Grad an, er vollbringt Höchstleitungen. Die Atmung wird immer kürzer, schneller, er schnuppert im Stakkato, und dann endlich kommt das erlösende, lange Aufschnaufen. Cox liegt dann am Boden, ruhig und plötzlich wie zur Salzsäule erstarrt, die schwarze Nase zeigt in Richtung des Gefundenen: Das kann ein Brecheisen sein, das ein Einbrecher auf der Flucht ins Gebüsch geworfen hat - oder ein Heroinpäckchen, das Dealer in der Seitenverkleidung eines Autos versteckt haben. Cox ist ausgebildeter Rauschgiftspürhund und Schutzhund.

Polizeihunde gibt es seit mehr als 100 Jahren

Jetzt hockt der vierjährige belgische Schäferhund im Kofferraum von Herrchens Auto, quasi seinem Wohnzimmer, und wartet vor dem Dienstgebäude auf seinen Einsatz. Gerade ist die gut 50 Mann starke Dienststelle der Hundestaffel in ihr neues Gebäude eingezogen. Ein geräumiger, lichtdurchfluteter Bau mit viel Grün und Holz und Fenstern bis zum Boden. "Der alte Bau war wirklich viel zu eng", sagt Christoph Lipp. Der 40-jährige Polizeikommissar gehört zu Cox, oder umgekehrt, seit zwei Jahren sind sie ein Team.

Wer die Hundestaffel sucht, der braucht etwas mehr als einen guten Riecher: In Allach, am hintersten Ende der Angerlohstraße, wo Wald und Wiesen die Stadt vergessen machen, da baumelt im Föhnsturm das gusseiserne Willkommensschild in Form eines Schäferhundes. Auf dem umzäunten Areal gibt es etliche Zwinger, in denen die Ermittler auf vier Pfoten sich kurzzeitig ausruhen, ein riesiges Freigelände, auf dem trainiert wird, Garagen mit Zubehör und den nagelneuen Bürokomplex, wo Herrchen und Frauchen Berichte tippen. Bereits seit mehr als 100 Jahren, genau genommen seit 1908, setzt die Münchner Polizei auf ihre tierischen Begleiter. Dabei geht es nicht nur um den ausgezeichneten Geruchssinn der Hunde. "Aggression, Schnelligkeit, Bissigkeit, Leistungsbereitschaft", zählt Hundeführer Lipp auf, seien die herausragenden Eigenschaften.

Für die Hunde ist alles ein Spiel

2355 Aufträge haben die 46 Hunde des Präsidiums allein im Jahr 2013 absolviert. Sie patrouillieren beispielsweise im Sommer an den Seen, sorgen bei Fußballspielen für die räumliche Trennung von rivalisierenden Fans, suchen nach Vermissten oder sind im Grünen Umweltsündern auf der Spur. Die Hunde fahren aber auch Streife mit ihren Diensthundeführern, und wenn ein Funkspruch kommt, der interessant klingt, dann sind sie mit von der Partie. Flüchtige Einbrecher zu fassen, ist für die ausgebildeten Schutzhunde beispielsweise ein Leichtes: Die Tiere können die Spur von Menschen aufnehmen und verfolgen und auch Gegenstände erschnüffeln, die der Mensch zuvor in der Hand gehabt hat. Bei Fällen von häuslicher Gewalt oder bei der Festnahme eines Gewalttäters reicht oftmals schon die bloße Anwesenheit eines Hundes. "Der bellt dann, das reicht, um sich Respekt zu verschaffen", erzählt Lipp.

Für seinen Cox ist jedenfalls heute "Weihnachten und Ostern gleichzeitig". Cox ist verspielt, er liebt seine Beißwurst über alles. Und über den Spieltrieb gelingt es Lipp, ihn zu motivieren und abzurichten. "Cox hat Spaß bei der Arbeit und freut sich, wenn er zeigen kann, was er alles draufhat", sagt sein Herrchen. Positivverstärkung nennt man das in der Arbeit mit Hunden. Und jetzt kommt das Positive in geballter Ladung, und zwar in Form einer lebendigen Beißwurst.

Diensthunde und Herrchen sind ein Team

Polizeihauptkommissar Andreas Strieder ist in einen Ganzkörper-Schutzanzug geschlüpft und mimt auf dem Trainingsgelände den Bösewicht. "Los", muss Lipp nur sagen, und der belgische Schäfer stürzt auf den vermeintlichen Verbrecher zu und verbeißt sich sofort in dessen Bein. Strieder hat einen Stock in der Hand und klopft damit Cox auf den Pelz, der immer noch seine Zähne in den Schutzanzug vergraben hat. Auch das gehört zum Training. "Der Hund darf nicht loslassen, egal was passiert", erklärt Lipp.

Wenn man die kleine Beißwurst von Cox in der Hand hält und der Hund daran hängt, dann spürt man die Kraft, aber auch die Wildheit und Aggression. Auch wenn es hart klingt: Der Hund mutiert zur Waffe. "Abends liegt Cox gerne auf der Couch, er ist ein richtiges Familienmitglied", erzählt dann Christoph Lipp. Tatsächlich lässt sich Cox nach dem Beißwurst-Training streicheln, hüpft aufgeregt herum. Er hätte gern noch weitergespielt.

Die Bindung ist das Wichtigste

Die Diensthunde und ihre Herrchen sind allesamt beruflich und privat verbandelt. Jeder Polizeibeamte nimmt sein Tier abends mit nach Hause. Es ist ein Dienstverhältnis fürs Leben. Selbst wenn der Hund nach zehn Dienstjahren in Rente geht, bleibt er bei seinem Hundeführer. "Die Bindung zwischen Mensch und Tier ist eigentlich das Wichtigste", sagt Lipp. Der Polizeikommissar war früher im Streifendienst, dann bei der Reiterstaffel. "Ich bin mit Hunden aufgewachsen. Und wenn ich auch noch beruflich mit dem Hund als Partner unterwegs bin, dann ist das für mich der Idealfall."

Seit drei Jahren ist Belinda Skoppek mit Zana zusammen. Auf ihrem Schreibtisch im Büro steht Knabberzeug. Keine Kekse, sondern Frolic. Zana ist Rauschgifthündin, "und total verspielt und verschmust", sagt die Polizeihauptmeisterin. Allerdings sollten Fremde nicht frontal auf sie zugehen. Und generell, so lernt man, sollte man den Hunden nicht in die Augen schauen. Das könnten sie als Herausforderung verstehen. Was für den Fremden unangenehm werden könnte.

Eine Extrawurst für einen guten Riecher

Regelmäßig müssen die Vierbeiner der Diensthundestaffel trainieren. Idealerweise immer an anderen Örtlichkeiten, weil sie sich die Verstecke merken, und die Gerüche haften bleiben. Jedes Jahr müssen sie auch bei der Leistungsprüfung zeigen, ob sie noch dienstfähig sind. Auch Riechzellen sterben ab.

Tina aber ist noch fit und war an jenem Nachmittag im Dezember gut drauf: Zwei Einbrecher hatten in einem Einfamilienhaus reiche Beute gemacht und waren von einer Nachbarin beobachtet worden. Die Polizei war schnell am Tatort. Die Männer flüchteten in eine Tiefgarage, deponierten dort die Beute und rannten weiter. Einen konnte die Polizei noch erwischen, der zweite war wie vom Erdboden verschluckt. Ein Fall für die Hündin Tina: Innerhalb kürzester Zeit hatte sie die Garage durchschnuppert und blieb vor einem geparkten Lastwagen stehen. Tatsächlich lag oben auf der Plane der Einbrecher. Er machte den Fehler, herunterzuspringen und loszulaufen. Tina war natürlich schneller. Der Mann kam mit leichten Bissverletzungen in eine Klinik. Und Tina bekam eine Extrawurst.

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