Aufarbeitung der Edathy-Affäre:Möglicher Showdown im U-Ausschuss

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Ihre Aussagen widersprechen sich: Die SPD-Politiker Sebastian Edathy und Michael Hartmann. (Foto: N/A)
  • Grüne und Linke fordern, den ehemaligen SPD-Abgeordneten Edathy in einer Doppelbefragung gemeinsam mit dem SPD-Parlamentarier Hartmann zu vernehmen.
  • Im Untersuchungsausschuss zur sogenannten Kinderporno-Affäre hatten sich die beiden Sozialdemokraten in ihren Aussagen deutlich widersprochen.
  • Union und SPD sehen den Vorschlag jedoch skeptisch und können ihn mit ihrer Mehrheit blockieren.
  • An diesem Donnerstag werden Edathy sowie der frühere BKA-Chef Jörg Ziercke aussagen.

Von Kim Björn Becker, Berlin

Kurz vor der nächsten Sitzung des Untersuchungsausschusses zur sogenannten Kinderporno-Affäre um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy streiten die Obleute der Bundestagsfraktionen darüber, ob Edathy und der SPD-Politiker Michael Hartmann noch einmal gemeinsam vernommen werden sollen.

In der bislang letzten Sitzung des Ausschusses am 18. Dezember waren Edathy und Hartmann getrennt befragt worden. Edathy hatte damals angegeben, von seinem Fraktionskollegen Hartmann Ende 2013 frühzeitig über ein mögliches bevorstehendes Ermittlungsverfahren gegen ihn informiert worden zu sein. Dieser solle wiederum regelmäßig vom damaligen Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, Informationen zum jeweiligen Stand der Ermittlungen erhalten haben. Hartmann hatte den Vorwurf im Ausschuss zurückgewiesen, sich in Detailfragen zur Sache jedoch oft auf Erinnerungslücken berufen und so eine umfassende Aussage vermieden.

Dokumentation der Edathy-Affäre
:"Bereit für eine schlechte Nachricht?"

Einer lügt. Entweder Sebastian Edathy - oder sein ehemaliger Fraktionskollege Michael Hartmann. Wer wusste wann was von der Kinderporno-Affäre? Wo sich die SPD-Politiker widersprechen.

Vor diesem Hintergrund forderte nun Irene Mihalic, Obfrau der Grünen im Ausschuss, dass die beiden SPD-Politiker Edathy und Hartmann gemeinsam befragt werden sollen. Das Gremium könne sich den "psychologischen Druck" einer solchen Gegenüberstellung zunutze machen, um die Sache aufzuklären, sagte sie dem Nachrichtenmagazin Stern laut Vorabmeldung. Es sei "schwieriger, dem anderen ins Gesicht zu lügen". Die Erinnerungslücken, auf die Hartmann sich im Dezember berufen hat, nennt Mihalic "nicht glaubwürdig".

Unterstützung erhält die Grüne von der Linksfraktion. Diese stehe einer Doppelbefragung nicht im Wege, sagte deren Obmann Frank Tempel. Er könne "nicht ausschließen", dass man Edathy und Hartmann demnächst gemeinsam befrage. An diesem Donnerstag stehen bislang zwar nur Edathy und der frühere BKA-Chef Ziercke auf der Zeugenliste des Ausschusses, allerdings könnte Hartmann bei Bedarf kurzfristig hinzugebeten werden. Für alle Abgeordneten gilt während der Sitzungswoche des Bundestages eine Anwesenheitspflicht.

Union und SPD sehen Doppelbefragung kritisch

Zur Zeit deutet allerdings viel darauf hin, dass es zu einem derartigen Höhepunkt im Untersuchungsausschuss nicht kommen wird, weder an diesem Donnerstag, noch irgendwann später. Grüne und Linke haben zusammen nicht die nötige Mehrheit, um eine Doppelbefragung durchzusetzen, und die Vertreter von Union und SPD stehen dem Vorstoß kritisch gegenüber.

Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Eva Högl (SPD), hält den Vorschlag für "nicht hilfreich". Eine Gegenüberstellung sei zwar prinzipiell machbar, allerdings sei die Doppelbefragung vor allem dazu geeignet, einem Zeugen "bei Erinnerungslücken auf die Sprünge zu helfen". Bei Edathy und Hartmann habe man es vielmehr mit widersprüchlichen Aussagen zweier Zeugen zu tun.

Zuvor hatte auch Armin Schuster (CDU) vor dem "Schau-Charakter" einer Doppelbefragung gewarnt: "So etwas wirkt nur spannend, ist es aber nicht wirklich." Zugleich zeigte sich der Obmann der Unionsfraktion skeptisch, ob der Ausschuss sein Ziel erreiche und noch vor der politischen Sommerpause zu einem Abschluss kommt. "Mit viel Disziplin könnte man es wohl noch hinkriegen, aber das hängt auch davon ab, wie die Sitzung am Donnerstag läuft."

An dem Tag wird der frühere BKA-Chef Jörg Ziercke im U-Ausschuss erstmals zu seiner Rolle in der Affäre befragt, im Anschluss muss sich Sebastian Edathy ein weiteres Mal vor den Abgeordneten erklären. Vor diesem Hintergrund sparten einige Ausschussmitglieder im Vorfeld der erneuten Befragung Edathys nicht mit Kritik an dessen Auftritt im vergangenen Dezember.

Sebastian Edathy
:Knoten der Unwahrhaftigkeit

Ach, die Unschuldsvermutung. Im Fall Sebastian Edathy kann von ihr keine Rede sein. Er ist schon bestraft, aber er hat eben auch Fehler gemacht. Um Strafrecht geht es letztlich nicht mehr. Es geht um Moral, Unmoral und Politik.

Kommentar von Heribert Prantl

Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Michael Frieser (CSU) will einen "irrlichternden, an Selbstgerechtigkeit nicht zu überbietenden Herrn Edathy" beobachtet haben, ob dessen Aussagen man "nur den Kopf schütteln" könne. Sein Fraktionskollege Schuster geht davon aus, dass der inzwischen pensionierte BKA-Chef Ziercke die damals gegen ihn erhobenen Vorwürfe "ausräumt".

Ausschuss-Vorsitzende weist Vorwurf der Voreingenommenheit zurück

Uli Grötsch von der SPD nannte die Aussage Edathys im Dezember "lebensfremd". Er glaube nicht, sagte er mit Blick auf die Vorwürfe Edathys gegen Ziercke, dass "der oberste Polizist Deutschlands seine Pension, seine Reputation und alles, was er sich über Jahrzehnte erarbeitet hat, aufs Spiel setzt, um sich in den Dienst einer Partei zu stellen". Ziercke ist wie Edathy und Hartmann Mitglied der SPD.

Unterdessen wies Eva Högl den Vorwurf zurück, in der Aufklärung des Sachverhalts mit Rücksicht auf die eigene Partei nicht hart genug zu sein. "Diese Kritik war zu erwarten", sagte die Sozialdemokratin. Zugleich nannte sie es eine "schwierige Situation", dass nun ausgerechnet die SPD an vorderster Front eine Affäre aufzuklären habe, die bislang mehrheitlich Sozialdemokraten erfasst hat.

Die SPD hatte den Vorsitz des Edathy-Untersuchungsausschusses turnusgemäß übernommen. Hätte sie dies abgelehnt, so Högl, wäre das ein "schlechtes Signal" gewesen. Fraktion und Partei wären dann dem Vorwurf ausgesetzt gewesen, nicht an einer Aufklärung der Causa interessiert zu sein.

Sebastian Edathy hatte sein Bundestagsmandat Anfang 2014 niedergelegt und begründete den Schritt zunächst mit gesundheitlichen Problemen. Kurz darauf wurde bekannt, dass er zuvor über das Internet Bilder von unbekleideten Jungen bei einem kanadischen Unternehmen bestellt haben soll. Laut der Staatsanwaltschaft in Hannover handele es sich um Material aus dem "Grenzbereich zu dem, was Justiz unter Kinderpornografie versteht". Der Prozess gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten beginnt am 23. Februar vor dem Landgericht Verden.

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