Deutsche Geheimdienste:Zu wenig V-Leute im Terrormilieu

Lesezeit: 2 min

  • Die deutschen Geheimdienste haben Schwierigkeiten beim Einsatz von V-Leuten, da deren Arbeit nicht vom Gesetz gedeckt ist.
  • Das Innenministerium will den V-Mann-Einsatz mit einer Art Generalklausel erlauben.
  • Justizminister Maas hingegen fordert eine Aufzählung erlaubter Straftaten für die Agenten.
  • Der Einsatz von V-Leuten und ihr Nutzen ist umstritten.

Von Georg Mascolo, München

Die deutschen Geheimdienste haben nach eigener Einschätzung erhebliche Probleme, V-Leute in terroristische und kriminelle Organisationen einzuschleusen. Schon seit Monaten dringen die Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, bei der Bundesregierung darauf, hierfür eine klare gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung , NDR und WDR ist aus Sicht des BND sowie des BfV der Einsatz von V-Leuten derzeit erheblich erschwert. Grund dafür ist, dass Geheimdienst-Mitarbeiter wegen der geltenden Rechtslage befürchten müssen, für einen Einsatz strafrechtlich belangt zu werden.

Hintergrund ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2011. Das Gericht hatte eine Quelle des BND verurteilt, die fast acht Jahre lang das Innenleben der türkischen Terror-Organisation DHKP-C ausspioniert hatte. Das Gericht kritisierte, der Agent habe die Gruppe eher unterstützt als unterwandert. Vor allem aber sei ein solcher Einsatz in einer Terroristengruppe vom geltenden Recht nicht gedeckt. Daraufhin prüfte der Generalbundesanwalt Ermittlungen gegen die Agenten-Führer beim BND. Der Präsident des BND seinerseits intervenierte mehrmals bei Generalbundesanwalt Harald Range und im Justizministerium.

Bis hinauf in die Spitze womöglich strafbar

Der Konflikt verschärfte sich, als im April 2014 zwei Mitarbeiter der Karlsruher Behörde in einer Fachzeitschrift die Auffassung vertraten, es fehle an einer gesetzlichen Ermächtigung für den V-Mann-Einsatz. Derzeit machten sich die Verantwortlichen bis hinauf in die Spitze der Geheimdienste womöglich strafbar, etwa wegen der Unterstützung einer terroristischen oder kriminellen Vereinigung. Die Personalräte von BND und BfV berichteten danach ihren Präsidenten von "erheblicher Verunsicherung" in den Geheimdiensten und verlangten "Rechtssicherheit". Die Präsidenten berichteten seitdem im Kanzleramt und im Innenministerium zu verschiedenen Anlässen über das Problem.

Der Verfassungsschutz hat inzwischen aus Sorge vor strafrechtlichen Konsequenzen die Praxis beendet, Hilfskonvois der Islamisten nach Syrien von V-Leuten begleiten zu lassen. In der Vergangenheit waren solche Konvois genutzt worden, um festzustellen, welche Deutschen sich in IS-Lagern aufhalten.

V-Leute haben in der Geschichte der deutschen Geheimdienste häufig mehr Schaden angerichtet als genutzt. Deshalb verlangte bereits der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages eine gesetzliche Regelung. Ein erster Entwurf liegt inzwischen vor, ist aber zwischen Innen- und Justizministerium umstritten. Während Innenminister Thomas de Maizière den V-Mann-Einsatz mit einer Art Generalklausel erlauben will, favorisiert Justizminister Heiko Maas eine Aufzählung erlaubter Straftaten für die Agenten. Beide Ministerien wollen aber den Einsatz in terroristischen und kriminellen Organisationen ausdrücklich erlauben.

© SZ vom 15.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: