Umwelt:Brechende Dämme

Unter den am Glonner Hochwasserschutz Beteiligten gibt es offenbar erhebliche Probleme in der Kommunkation. Das erschwert das ohnehin komplizierte Projekt im Augraben noch zusätzlich.

Von Anja Blum, Glonn

Beim geplanten Hochwasserdamm im Augraben gilt es, viele Hürden zu nehmen. In erster Linie muss sowohl den Anforderungen des Hochwasserschutzes als auch denen des Naturschutzes genüge getan werden. Erschwert wird die Umsetzung des Projekts nun aber auch noch durch erhebliche Probleme in der Kommunikation zwischen den Beteiligten.

Diese sind zahlreich: Die wichtigsten sind die Gemeinde Glonn, der der Hochwasserschutz gilt, die beiden Planungsbüros Schober und Aquasoli, das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim sowie die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise München und Ebersberg, da der Augraben ziemlich genau auf deren Grenze verläuft.

Aus den Naturschutzbehörden heißt es nun, dass man dem Projekt generell zwar durchaus wohlwollend gegenüberstehe, mit dem Verhalten der Planer jedoch alles andere als einverstanden sei. Begonnen hätten die Probleme bereits bei der Standortsuche, sagt die Pressesprecherin des Münchner Landratsamtes, Andrea Klein: Die Planer hätten die Naturschützer dabei nie einbezogen, sondern stets vor vollendete Tatsachen gestellt, und sich bezüglich möglicher Alternativen wenig entgegenkommend gezeigt. "Ein von uns vorgeschlagener Standort, der aus naturschutzfachlicher Sicht komplett unbedenklich wäre, wurde leider nie untersucht", so Klein. Und darüber herrsche in den Ämtern Unverständnis: "Wir wollen hier nichts verhindern oder verzögern, aber wenn man Mensch und Unke schützen kann - wieso tut man das dann nicht?"

Zudem seien Termine oder sonstige Kontakte nur in großen Abständen erfolgt, und oft seien die beiden Naturschutzämter gar nicht oder nur eines von beiden zu den Terminen eingeladen worden. Auch habe das Landschaftsplanungsbüro die naturschutzrechtlichen Anforderungen, die die Behörden von Anfang an dargelegt hätten, nur schleppend umgesetzt und immer wieder in Frage gestellt, obwohl die Rechtslage eindeutig sei. "Das alles verzögert natürlich den Verfahrensfortschritt", erklärt die Sprecherin.

Ein Beitrag zur Biodiversität.

Die von oben ganz unscheinbare Gelbbauchunke müsste für den Dammbau umgesiedelt werden.

(Foto: privat)

Deren Fazit lautet also: "Die vorgetragenen naturschutzfachlichen und -rechtlichen Bedenken sind aufgrund der Besonderheiten der betroffenen Lebensräume schwerwiegend, können aber aufgrund des besonderen Gewichts des Hochwasserschutzes durchaus überwunden werden - wenn die von uns angemahnten naturschonenderen Alternativen ins Auge gefasst werden."

Von großer Bedeutung ist die Sicht der Naturschützer im Fall des Glonner Hochwasserdamms, weil der Augraben einer der wenigen noch vollkommen naturbelassenen Bäche in der Region ist. Malerisch schlängelt er sich durch Wald und Wiesen, mal etwas breiter, mal ganz schmal fast im Unterholz verschwindend. Darum herum entfalten sich Flora und Fauna, bislang ungestört.

Insofern bedeutet das Glonner Projekt freilich einen erheblichen Eingriff in die Natur: Der Damm soll elf Meter hoch, 65 Meter breit und hundert Meter lang werden. Im Fall eines Hochwassers wird der Waldbereich oberhalb des Dammes in ein stehendes Gewässer verwandelt, außerdem sind mehrere Zufahrten durch den Wald vorgesehen. Aus naturschützerischer Sicht hervorzuheben sind besonders zahlreiche Kalktuffquellen, die sich am derzeit geplanten Standort finden, sowie die Gelbbauchunke, eine europaweit geschützte Amphibie, die sich in dem feuchten Gebiet äußerst wohl fühlt.

"Uns ist klar, dass es nicht leicht ist, dort einzugreifen und diese Problematik zu entschärfen", sagt Hans-Michael Schober, dessen Planungsbüro für die naturschutzfachliche Seite zuständig ist. Doch die Beschwerden der Behörden kann er nicht nachvollziehen: "Wir haben über alles informiert, auch der jetzige Standort wurde in einer Besprechung Ende 2013 vorgestellt."

Außerdem sei man bei dem Projekt mehr als gründlich vorgegangen, habe das gesamte Gebiet mehrfach und detailliert untersucht und kartiert, um ja keine Vorwürfe zu provozieren. Nun erhebt Schober seinerseits welche: Bei den Naturschutzämtern blieben Anfragen oft mehrere Wochen liegen, außerdem seien deren Forderungen teils "nicht sachgerecht".

Zum Beispiel solle sein Büro in die Beeinträchtigungsanalyse die Auswirkungen eines hundertjährigen Hochwassers einbeziehen, also jene Fläche, die durchschnittlich einmal in hundert Jahren überschwemmt würde. Das aber sei planerisch nicht zu bewältigen. "Ich erwarte zeitnahe Antworten - und nicht nur Vorwürfe", sagt Schober, "also eine konstruktive und entgegenkommende Behandlung."

Bernhard Unterreitmeier vom Büro Aquasoli möchte die Aussagen der Naturschutzämter ebenfalls "nicht so stehen lassen". Man habe durchaus mehrere Standorte sehr sorgfältig geprüft, doch "eine Lösung ohne ,Aber'" gebe es nicht", so der Ingenieur. Eine Alternative sei zum Beispiel von den Naturschützern abgelehnt worden, weil dort ein großer Nagelfluhfels stehe. "Vielleicht liegt das Problem darin, dass die nur den Naturschutz sehen, wir aber viele verschiedene Belange unter einen Hut bringen müssen", vermutet Unterreitmeier.

So müsse ein Standort erst einmal technisch funktionieren, also zum Beispiel von seiner Topografie her das nötige Rückhaltevolumen bieten, aber auch im Hochwasserfall gut angefahren werden können - und dürfe keinen zu großen Schaden an der Natur anrichten, erklärt er. Außerdem sollten die Grundeigentümer mit der Nutzung einverstanden sein, das sei vor allem ein Wunsch der Gemeinde Glonn. "Ansonsten bliebe nur die Enteignung, das wäre ja auch nicht schön, oder?"

Glonns Bürgermeister hat von den Misstönen zwischen den Beteiligten bislang nichts gehört. "Für mich kommt das überraschend", sagt Josef Oswald (CSU). Er jedenfalls habe gedacht, dass der derzeit geplante Standort des Damms Konsens sei. "Der ist doch schon seit etwa einem Jahr abgepflockt." Freilich sei das Projekt ein großer Eingriff in die Natur, "aber wir machen das ja nicht zum Spaß", so Oswald. Insofern glaube er, dass es sich hier lediglich um Missverständnisse handle, die man in einem klärenden Gespräch mit allen Beteiligten bestimmt ausräumen könne. Das hoffen auch Klein, Schober und Unterreitmeier.

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