Dschungelcamp-Nachlese: Tag 4:Selig sind die Langweiligen

Dschungelcamp, RTL, Jörn Schlönvoigt

Können Langweiler Helden sein? Jörn Schlönvoigt probiert's Im Dschungelcamp aus.

(Foto: SZ.de/Katharina Bitzl/RTL)

Ein Kissen bahnt sich den Weg in den Olymp der Amulette und der Zweikampf um die Brust-Königin wird zum Dreikampf: Der vierte Tag im Dschungel zeigt, dass aus Langweilern Helden werden können - und Walter Freiwald Zukunft im deutschen Fernsehen hat.

Von Tobias Dorfer

Wer fällt auf im TV-Dschungel?

16 Tage, elf Möchtegern-Promis, eine Dschungel-Kulisse - und zwei Strippenzieher im Baumhaus. Ich bin ein Star - Holt mich hier raus! (RTL) geht in die neunte Runde. Wer ist dieses Jahr als Zicke besetzt? Wer spielt Psychospielchen? Und was steht bei der Ekelprüfung auf dem Menü? Süddeutsche.de sagt jeden Morgen, wer aufgefallen ist: in der täglichen Einzelkritik zum Dschungelcamp.

Angelinas Kissen (der Ruhepol)

Das berühmteste Kissen des Dschungels hatte bereits in den ersten Dschungelcamp-Folgen kleinere Gastauftritte an der Seite von Angelina Heger - ist nun aber endgültig als Glücksbringer in den Amulett-Olymp aufgestiegen. Dank der Unterstützung der auf quadratischen Stoff gedruckten Louie, Lotti und Chrissi (zwei Hunde, ein Freund) bewältigte die Ex-Bachelor-Kandidatin ihre Dschungelprüfung so famos, dass die Zuschauer sie tatsächlich nicht noch einmal antreten ließen. Angelina trotzte Krebsen und Krokodilen, Schlangen und Aalen und holte am Ende zehn von elf Sternen. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll Walter Freiwald schon angefragt haben, ob er das Kissen fürs nächste Bewerbungsgespräch ausleihen darf.

Jörn Schlönvoigt (der Farblose)

Zur Dschungelprüfung werden diejenigen nicht gewählt, die langweilig sind. Sagt: Patricia Blanco, meint damit aber unerklärlicherweise nicht sich selbst, sondern den zurückhaltenden Jörn Schlönvoigt, der im Camp überwiegend mit den Elementen (Feuer und Wasser) in Kontakt steht und deshalb keine Zeit hat, zu polarisieren. Mit so einem wie Jörn wäre die junge Maren Gilzer gerne alt geworden, sagt die alte Maren Gilzer, bevor sie zur Einsicht kommt, dass Jörn der jungen Maren Gilzer möglicherweise zu langweilig gewesen wäre.

Aber der Dschungel wäre nicht der Dschungel, wenn er nicht auch für einen Jörn Schlönvoigt eine Aufgabe hätte: Nach gefühlten 52 Minuten, in der Jörns Farblosigkeit ergründet wurde, hatten die Zuschauer ein Einsehen und schickten den GZSZ-Star mit Walter Freiwald zur nächsten Dschungelprüfung.

Nomophobie (die Diskussionsgrundlage)

Einer bislang unveröffentlichten Studie des "Bundesverbands Schleichwerbung und Moderatorenausstattung" zufolge ist Nomophobie bei Zuschauern des Dschungelcamps ein nicht wegzudiskutierendes Problem. Nomophobie - die Angst, ohne Mobiltelefon sein zu müssen - führt dazu, dass der RTL-Zuschauer spätestens in der Werbepause über dem iPhone hängt und irgendwas Scheinwitziges mit dem Hashtag #ibes ins Netz bläst, anstatt die ästhetisch gestaltete Werbung für Vollwaschmittel zu genießen.

Entgegen einer von Jörn Schlönvoigt verbreiteten Annahme ist "nomos" übrigens nicht das lateinische Wort für "Ruf", sondern der Akkusativ des lateinischen Wortes für "Lied" (was aber eigentlich keine Rolle spielt, denn Nomophobie ist kein lateinisches sondern ein englisches Kunstwort, nämlich die Abkürzung von "No-Mobile-Phone-Phobia", die "Kein-Mobiltelefon-Angst"). Diese Fehleinschätzung des Hobby-Lateiners führte im Camp dazu, dass die wahre Bedeutung der Nomophobie nicht ergründet wurde und die Bewohner um den Ertrag der Schatzsuche gebracht wurden.

Tanjas Brüste (die Wegweiser)

Die Geschichte des Dschungelcamps ist auch die Geschichte zahlreicher zur Schau gestellter Geschlechtsmerkmale. Angelina Heger und Sara Kulka haben ihre Körper in medial bereits zur Genüge gewürdigten Playboy-Fotoserien präsentiert. Nicht im Playboy war die ehemalige DSDS-Teilnehmerin Tanja Tischewitsch, was aber nicht weiter tragisch ist - denn ausziehen kann man sich ja auch im Camp. Zum Beispiel bei der Schatzsuche mit Jörn, als Tanja so nervös ist, dass sie gleich ihre Jacke ausziehen muss, unter der sie zufälligerweise nichts als einen Bikini trägt. Das freut die männliche Zuschauerschaft.

Nur Jörn hat Pech, denn ihm sind da noch die Augen verbunden, so dass er nur Tanjas Anweisungen hört, die ihn durch einen angeblich saugefährlichen Parcours mit "Spinnen wie bei Britney Spears Toxic" und "Aggro-Schlangen" lotst, dessen größte Gefahr in Wirklichkeit aber lediglich eine Handvoll Bananen sind. Jörn tut so, als glaube er das Theater von Tanja und lobt, nachdem der Schwindel aufgelöst ist und er wieder sehen kann, pflichtschuldig die Schauspielkünste seiner Mitstreiterin. Vielleicht ist Jörn wirklich ein Gentleman. Oder Tanjas Brüste haben ihm die Sicht vernebelt.

Walter Freiwald (der Menschen- und Senderkenner)

Irgendwann zeigen alle im Dschungel ihr wahres Gesicht. Im Fall von Aurelio Savina, bekannt durch die RTL-Bachelorette, ist es das Gesicht der Herrschsucht. Warum, das lässt sich nur schwer verstehen und spielt eigentlich auch keine Rolle, denn das Attribut bekommt er von Menschenkenner Walter Freiwald verpasst, der findet, dass das gar nicht geht mit Aurelios Herrschsucht, und überhaupt, wenn jemand gehen soll, dann Aurelio, und zwar heim nach Italien, wo er hingehört. Die Frage ist, ob Walter Freiwald mit solchen Parolen nicht besser bei der Pegida-Demonstration in Dresden aufgehoben wäre.

Aber die fällt an diesem Montag aus und Walter ist nach eigener Aussage ohnehin einer, der sich zu benehmen weiß. Weil es ja alles "über den Sender geht" und er als ehemaliger "Programmdirektor" von RTL (was RTL inzwischen als Lüge enttarnt hat) weiß, dass dann alle seinen Ausraster mitkriegen. Mit einer solchen TV-Expertise müsste nach dem Dschungel mindestens die Moderation der Sexy-Sport-Clips bei Sport1 rausspringen. Oder eine Anstellung beim Friesischen Rundfunk. Dessen Senderchef hat schon ein Angebot abgegeben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: