Niedrigzins-Politik:Null Prozent Zinsen auf fünfjährige Bundesanleihen

  • Deutschland kann fünfjährige Anleihen zu einem Zinssatz von null Prozent platzieren.
  • Hintergrund sind die Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank.
  • Viele Fonds und Kassen sind verpflichtet, ihr Geld in sichere Anlageformen zu stecken. Deutsche Anleihen gelten als sehr ausfallsicher.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Der deutsche Staat kann sich an den internationalen Finanzmärkten immer günstiger mit Krediten versorgen. Die für staatliche Schuldenverwaltung verantwortliche Finanzagentur in Frankfurt hat am Dienstag erstmals in ihrer Geschichte den Geldgebern für eine Bundesanleihe mit fünf Jahren Laufzeit null Prozent Zins geboten. Es geht um ein Staatsdarlehen in Höhe von fünf Milliarden Euro. Bei der letzten vergleichbaren Auktion bot der Bund immerhin noch eine Verzinsung von 0,25 Prozent an.

Hintergrund der günstigen Staatsfinanzierung ist die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Währungshüter haben im vergangenen Jahr den Leitzins bis auf 0,05 Prozent abgesenkt. So billig war Geld noch nie. Die EZB möchte die Konjunktur im Euro-Raum stärken, was bislang noch nicht gelungen ist. Durch das billige Geld der Notenbank haben sich Immobilienfinanzierungen in Deutschland enorm verbilligt, auch Verbraucherkredite sind günstig zu haben.

Internationale Pensionskassen, Versicherungen und Investmentfonds müssen aufgrund der Gesetzeslage einen erklecklichen Teil ihrer Anlagegelder in sichere Staatsanleihen stecken. Die Schuldscheine des Bundes gelten hier neben Staatsanleihen der USA und der Schweiz als erste Wahl. Vor allem in der prekärsten Phase der Euro-Schuldenkrise haben Vermögensverwalter die Bundesanleihen als letzten sicheren Hafen angesehen. Bis zum heutigen Tag gibt man dem deutschen Staat gerne und günstig Kredit.

Erster ausgeglichener Haushalt seit 1969

Das große Interesse der Geldgeber hat es den Regierungen als Kreditnehmer in den letzten Jahren ermöglicht, die zu zahlende Verzinsung immer weiter zu drücken. Auch andere Euro-Staaten wie Italien und Spanien erhalten an den Börsen ihre Darlehen so günstig wie nie zuvor. Selbst für eine Anleihe mit zehnjähriger Laufzeit muss die deutsche Regierung aktuell nur noch knapp 0,5 Prozent Zins bezahlen.

Diese günstigen Refinanzierungsbedingungen haben den Grundstein dafür gelegt, dass die Bundesregierung für das letzte Jahr erstmals seit 1969 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnte und keine neuen Schulden aufnehmen musste.

Dax-Hoch trotz magerer Aussichten

Die Finanzmärkte gehen davon aus, dass die EZB ihre Niedrigzinspolitik in den nächsten Jahren beibehalten wird, um die Euro-Zone zu stabilisieren. Das Wachstum ist sehr niedrig, gleichzeitig sind vor allem klamme Staaten wie Italien oder Frankreich darauf angewiesen, dass die Zinsen auf diesem niedrigen Niveau verharren.

Die Niedrigzinspolitik der EZB führt auch dazu, dass Anleger an den Finanzmärkten auf ihrer Jagd nach Rendite immer höhere Risiken eingehen. Der deutsche Aktienindex Dax hat am Dienstag mit knapp 10 300 Punkten den höchsten Stand seiner Geschichte erreicht, obwohl die mageren Wachstumserwartungen für Deutschland, Europa und die Welt für solche Euphorie wenig Anlass geben. Ob sich der Bund die Milliarden tatsächlich umsonst für fünf Jahre leihen kann, zeigt sich am Mittwoch. Dann machen die Geldgeber ihr Gebot.

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