Auktionen in Scottsdale:Alles auf Rot

RM Auction versteigert einen Ferrari 250 LM

Mit 9,6 Millionen US-Dollar war dieser Ferrari 250 LM das teuerste Auto in Scottsdale.

(Foto: AP)
  • Bei der weltgrößten Oldtimerauktion in Scottsdale, Arizona, wurden etwa 2500 Fahrzeuge für insgesamt 292,8 Millionen US-Dollar versteigert - ein neuer Rekord.
  • Besonders hohe Preise erzielten historische Ferrari-Modelle. Teuerstes Auto war ein Ferrari 250 LM von 1964 für 9,6 Millionen US-Dollar.
  • Sportwagen der 1960er-Jahre sind weiterhin sehr gefragt, während schwierig zu fahrende Vorkriegsautos zunehmend ins Abseits geraten.
  • Immer beliebter werden seltene Youngtimer. Ein Ferrari 288 GTO und ein Audi Sport Quattro erzielten absolute Höchstpreise.
  • Die nächste wegweisende Auktion findet am 6. Februar in Paris statt. Auch dort dürfte ein seltener Ferrari für einen hohen Millionenpreis versteigert werden.

Von Mathias Paulokat

Amerika bleibt das Land der Rekorde, auch was den Wert automobiler Raritäten angeht. In Scottsdale, Arizona, findet alljährlich im Januar die weltweit größte Auktionsveranstaltung für klassische Automobile statt. Hitzige Bietergefechte trieben in diesem Jahr abermals die Preise: Die sechs beteiligten Auktionshäuser setzten mit rund 2500 Fahrzeugen stattliche 292,8 Millionen US-Dollar (rund 253,5 Millionen Euro) um. Ein neuer Rekord. Im Angebot waren sogar 2939 Fahrzeuge - ebenfalls ein Höchstwert. Der durchschnittliche Kaufpreis je Fahrzeug kletterte für die zugeschlagenen Fahrzeuge auf 115 000 Dollar.

Scottsdale gilt als wichtiger Indikator für die Branche und die anstehende Auktions-Saison im Hochpreissegment (Fahrzeuge ab eine Million US-Dollar) rund um den Erdball. Die Frage ist, wie weit die Preise noch steigen werden. David Gooding, Präsident und Gründer des Auktionshauses Gooding & Company sagte: "Mit neuen Bestmarken und zahlreichen Verkäufen im Topsegment zeigt sich der Markt zum Jahresauftakt in Scottsdale in äußerst robuster Verfassung." 2015 werde ein gutes Jahr, ist Gooding daher fest überzeugt.

Ausreichend selten und mit viel Leistung - beste Voraussetzungen für satte Wertsteigerungen

Qualitätsfanatiker wurden in Scottsdale fündig - wie zu erwarten, vor allem bei Ferrari. Die italienischen Sportwagen spielen gegenüber deutschen und britischen Marken weiter in einer anderen Liga. Bei den großen Auktionshäusern Bonhams und RM Auctions waren es bemerkenswerte Rennautos der Scuderia Filipinetti, die die Preise anheizten.

Ganz vorn bei RM: Losnummer 250, ein betörend schöner Ferrari 250 LM, Baujahr 1964, der es auf 9,6 Millionen US-Dollar brachte - knapp gefolgt von einem Bonhams-Los: ein Ferrari 275 GTB/C, Baujahr 1966, der mit 9,4 Millionen Dollar kaum weniger erzielte. Beide Modelle wurden in früheren Auktionen bereits zu höheren Kursen versteigert, doch RM erzielte auch zwei neue Weltrekorde für Ferrari-Supersportwagen: ein 275 GTS spielte 2,37 Millionen Dollar ein und ein 288 GTO Youngtimer aus dem Jahr 1984 stolze 2,75 Millionen Dollar. Dieses Fahrzeug gilt mit Fug und Recht als Ikone des neueren Pininfarina-Designs für Ferrari, es ist ausreichend selten und leistungsstark motorisiert. Das sind beste Voraussetzungen für weitere Wertsteigerungen.

Die jüngere Klientel will auch mit ihren Autos fahren

Zusehends gewinnen übrigens jüngere Ferrari an Wert. Hier zeichnete sich in Scottsdale ein Trend ab: Die großen Klassiker mit dem springenden Pferd auf der Haube konsolidieren auf hohem Niveau, jüngere und vor allem limitierte Ferrari ziehen im Preis weiter an - authentischer Originalzustand und geringe Laufleistung vorausgesetzt. Diese Fahrzeuge sprechen eine auffallend jüngere Klientel an, die ihre Automobil-Ikonen nicht nur polieren, sondern auch fahren will, meint das Insider-Magazin Classic Driver.

Diese Träume lassen sich kaufkräftige Enthusiasten einiges kosten, während schwer fahrbare Vorkriegsfahrzeuge zusehends ins Abseits geraten. Weiterhin im Fokus: Sportwagen der 1960er-Jahre, die bei Kennern als ruhmreichste Epoche des Automobils gilt. So trumpfte das Auktionshaus Gooding mit einem besonders eleganten 250 LWB (Long Wheelbase) California Spider auf. Dieser offene Typ ist in Sammlerkreisen besonders begehrt: Der Hammer fiel erst bei 7,7 Millionen Dollar.

Fingerspitzengefühl ist gefragt

Shelby Cobra 427 Super Snake

Diese 1966er Shelby Cobra 427 Super Snake brachte fast fünf Millionen US-Dollar.

(Foto: AP)

Besonders delikat: der schneeweiße Ferrari 400 Superamerica Series 1 Coupé Aerodinamico mit Spezialkarosse aus dem Jahr 1962. Dieser besonders rare Typ brachte es aber "nur" auf vier Millionen Dollar. Die besondere Karosserieform ist zwar eigenwillig und selten, formal aber augenscheinlich nicht ganz geglückt und damit weniger begehrt als die weltweit bekannten Klassiker im perfekt sitzenden Pininfarina-Kleid. Dies zeigt, dass in der Nische enormes Fingerspitzengefühl gefragt ist. Ansonsten kann man auch bei einer magnetisierenden Marke schnell weit danebenliegen und entsprechend viel Geld verlieren.

Doch auch Autos ohne das springende Pferd fanden in Scottsdale ihre Käufer: Eine 1966er Shelby Cobra 427 Super Snake schlug der amerikanische Auktionator Barrett-Jackson für rational kaum noch nachvollziehbare fünf Millionen US-Dollar zu. Deutsche Fahrzeug-Ikonen wie etwa Mercedes-Benz 300 SL Roadster und Flügeltürer oder Porsche 2,7 Carrera RS, die Renner in früheren Jahren, waren in Scottsdale ebenfalls reichlich im Angebot erhalten. Sie erzielten indes nicht mehr die prognostizierten hohen Taxen. Rund 1,3 Millionen Dollar für einen Mercedes Flügeltürer mussten hier reichen. Die Gier kennt vielleicht doch ihre Grenzen. Was auch daran liegen mag, dass diese Sportwagen im vergangenen Jahr haussierten und nun eine Pause vertragen. Oder kündigt sich hier etwa doch eine Korrektur im aufgeheizten Oldtimer-Markt an?

Scheunenfunde bleiben begehrt

Ein weiterer Trend ist bereits zu Jahresbeginn zu erkennen: Scheunenfunde bleiben hoch im Kurs. Die Auktionen von Scottsdale zeigten jedenfalls, wie begehrt originale und unberührte Scheunenfunde weiterhin sind. Sie bleiben der begehrte und umkämpfte Rohstoff der Oldtimerszene, die ungeschliffenen Diamanten sozusagen. Bei Spekulanten stehen gerade diese Unikate unter besonderem Renditeverdacht. Doch Vorsicht: Für komplett sanierungsbedürftige Ferrari 206 oder Porsche 356 Speedster bis zu 500 000 US-Dollar auszugeben, erscheint aus heutiger Perspektive wagemutig. Sehr gute und komplett restaurierte Exemplare konnte man unlängst bereits zum gleichen Preis auf dem Markt erwerben.

Vernünftiger scheinen da Investments in kernige Youngtimer wie etwa den ersten Audi Sport Quattro von 1984. Ein besonders schönes Exemplar, frisch eingefahren mit nur 8300 Kilometer auf dem Zähler, versteigerte RM Auctions in einer wahren Bieterschlacht für sagenhafte 401 500 US-Dollar. Auch das, natürlich, ein Rekord und eine Rendite von mehreren Hundert Prozent auf den damaligen Kaufpreis gerechnet. Vernünftig war dieser Verkauf vor allen Dingen für den Anbieter, denn er realisierte eine Rendite, von der aktuelle Käufer nur träumen dürfen.

Fahrspaß statt wirtschaftlicher Performance

Mit vergleichbaren Hoffnungen trugen sich vermutlich auch Käufer der übrigen Auktionen in Arizona. Die Auktionatoren Rosso and Steele und vor allem Silver hatten auch günstige Fahrzeuge im Angebot, meist US-Modelle. Der durchschnittliche Kaufpreis notierte bei Silver mit nur 16 000 Dollar je Fahrzeug am unteren Ende des Spektrums. Das breite Angebot hier zielte ganz bewusst mehr auf den Faktor Fahrspaß als auf wirtschaftliche Performance ab. Rund 400 Fahrzeuge blieben letztlich auf der Rampe stehen, weil die Qualität nicht passte, Limits überzogen schienen oder aber sich schlicht keine Käufer für die angepriesenen Fahrzeuge fanden. In der Summe aber standen am Ende der Auktionswoche dennoch rund 300 Millionen Dollar in den Verkaufsbüchern.

Die Sonderkonjunktur der Oldtimer mag noch eine Weile andauern. Klar ist aber auch, dass sie im Hochpreissegment äußerst kundige Investoren verlangt. Dennoch ist auch 2015 nach der Auktion schon wieder vor der Auktion: Nach Scottsdale blicken zahlungskräftige Oldtimer-Enthusiasten nun gebannt nach Paris, wo das französische Auktionshaus Artcurial am 6. Februar im Rahmen der Messe Rétromobile gleich 60 Scheunenfunde versteigern wird. Die Taxen für diese als verloren geglaubten Klassiker aus der Sammlung Baillon summieren sich auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Größtes Interesse wird aber auch dort ein Ferrari auf sich ziehen. Der etwas ramponierte, aber absolut originale 250 GT SWB California Spider von 1961 mit der Chassisnummer 2935 gehörte einst Filmstar Alain Delon. Das Estimate notiert bei 9,5 Millionen bis 12 Millionen Euro. Und vermutlich wird der schwarze Spider auch tatsächlich den Besitzer wechseln.

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