"Er sagt, sie sagt":Es oder ich

popart teaser kolumne "er sagt, sie sagt"

Spätestens in der gemeinsamen Wohnung stellt sich die Frage: Darf das Känguru bleiben?

(Foto: iStock)

Die erste gemeinsame Wohnung. Sie verlangt, dass er das Shirt seiner Ex entsorgt. Er fragt sich: Was macht das blaue Känguru im Bett? Ein Beziehungsdrama in Dialogform über Relikte der Vergangenheit.

Von Violetta Simon

Sie sind eben erst zusammengezogen. Er räumt seine Sachen in ein freies Fach im Schrank, sie bezieht gerade das Bett. Als er sich umdreht, erblickt er ein Plüschtier, das unter ihrem Kopfkissen hervorlugt. Er zieht an einem Bein, zum Vorschein kommt ein blaues Känguru.

Er: Nanu, was ist das denn?

Sie: Ach das, das ist Bernd.

Er: Wer oder was ist Bernd?

Sie: Ein blaues Känguru.

Er: Aber wo kommt es her, das Känguru?

Sie: Aus meiner Wohnung.

Er: Wirklich? Ich sehe es zum ersten Mal.

Sie: Es lag meistens irgendwo zwischen den Kissen. Oder unterm Bett.

Er: Bernd ... Bernd, sag mal: Hat dein Ex nicht so geheißen?

Sie: Unglaublich. Alles vergisst du. Aber sowas kannst du dir merken.

Er: Ich vergesse nur die unwichtigen Dinge.

Sie: Du hast unseren letzten Jahrestag vergessen. Aber daran kannst du dich sicher nicht mehr erinnern.

Er: Könntest du bitte aufhören, vom Thema abzulenken? In unserem Bett liegt ein Kuscheltier, das nach deinem Exfreund benannt ist.

Sie: Der Name war Bernds Idee. Und wenn du es nicht erwähnt hättest, hätte ich gar nicht mehr daran gedacht, dass es ihn gab. Für mich ist Bernd nur noch ein Kuscheltier.

Er: Und warum hast du es aufgehoben?

Sie: Sollte ich es ihm vielleicht zurückgeben? So weit kommt's noch.

Er: Und es zu behalten, findest du besser?

Sie: Immerhin hat er noch mein Fondue-Set.

Er: So, so. Daran kannst du dich noch erinnern.

Sie: Ja, jedes Mal an Silvester.

Er: Hättet ihr nicht einfach tauschen können?

Sie: Auf keinen Fall. Damals war es noch viel zu früh für ein Wiedersehen.

Er: Und danach?

Sie: War es dafür zu spät.

Er: Jedenfalls muss Bernd aus unserem Bett verschwinden. Und zwar sowohl konkret als auch im übertragenen Sinne.

Nur ein Känguru?

Sie: Aber es ist doch nur ein Känguru!

Er: Nein, es ist ein Kuscheltier von deinem Ex! Es erinnert mich daran, dass du früher mit diesem Bernd gekuschelt hast. Außerdem ist es hässlich und geschmacklos.

Sie: Und was ist damit? (Sie zieht ein ausgewaschenes T-Shirt aus seinem Umzugskarton:) Ich dachte, das hätten wir geklärt?

Er: Aber das ist so bequem!

Sie: Es ist von deiner schrecklichen Ex-Freundin.

Er: Wenn du es nicht jedes Mal erwähnen würdest, hätte ich das längst vergessen.

Sie: Hast du etwa die geschmacklose Tasse auch behalten, die dir diese Eva geschenkt hat? (Sie wühlt in dem Karton mit seinem Geschirr und fördert eine Blümchentasse zutage.) Die schaue ich mir bestimmt nicht jeden Morgen zum Frühstück an.

Er: Eva war meine Mitbewohnerin. Ich hatte nichts mit ihr.

Sie: Sie war in dich verliebt.

Er: Das wusste ich damals aber nicht.

Sie schaut ihn ungläubig an.

Er: Also gut, jetzt, wo ich es weiß, werfe ich sie weg.

Sie: Und was wird jetzt aus Bernd?

Er: Der zieht um. Auf den Dachboden. Mindestens.

Sie: Und wenn ich ihn umtaufe?

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