Eklat über Tutenchamun-Maske:Beim Barte des Pharaos

Totenmaske von Tutenchamun

Begeistert seit Jahrzehnten die Menschen: die Totenmaske des Kinderpharaos Tutenchamun - hier in einer Nachbildung zu sehen, mit intaktem Bart.

(Foto: dpa)
  • Der Bart der Tutenchamun-Maske brach ab und wurde offenbar stümperhaft mit Epoxidharz wieder angeklebt.
  • Deutscher Restaurator Christian Eckmann stellt klar, dass die Maske nicht irreversibel beschädigt ist.
  • Der Bart war schon bei der Entdeckung der Maske nicht mit ihr verbunden.
  • Für die Restauration muss herausgefunden werden, welche Klebemittel in der Vergangenheit eingesetzt wurden.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Ägyptens Antikenminister Mamdouh el-Damaty muss die eilig einberufene Pressekonferenz im Stehen abhalten. Er würde sonst verschwinden hinter den Dutzenden Mikrofone, die sich auf dem Tisch im Restaurant des Ägyptischen Museums in Kairo vor ihm türmen.

Die ganze Welt und nicht zuletzt Ägypten will wissen, was mit der berühmten goldenen Totenmaske des Kinderpharaos Tutenchamun passiert ist.

Bart scheinbar stümperhaft angeklebt

Wie sonst wohl nur noch die Pyramiden hat dieses mehr als 3300 Jahre alte Stück aus dem Tal der Könige die Faszination am alten Ägypten befördert. Nun soll es angeblich irreversibel beschädigt worden sein - bei Reinigungsarbeiten sei der markante Spitzbart abgebrochen und stümperhaft mit Epoxid-Harz wieder angeklebt worden, hatte die Nachrichtenagentur AP am Donnerstag unter Berufung auf drei namentlich nicht genannte Konservatoren des Museums berichtet.

Die Geschichte machte weltweit Schlagzeilen - dabei war sie gar nicht neu: Bereits im November hatten ägyptische Medien über das Malheur berichtet, doch damals nahm niemand davon Notiz.

Der Minister hatte Verstärkung mitgebracht - den deutschen Restauratoren Christian Eckmann, der am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz angestellt ist und derzeit an einem Projekt zur Erforschung sowie Restaurierung und Konservierung von verzierten Goldblechen aus dem Grabschatz des Tutenchamun im Ägyptischen Museum arbeitet.

Maske nicht in akuter Gefahr

Eckmanns zentrale Botschaft: Die Maske ist weder in akuter Gefahr noch unwiederbringlich beschädigt - und der Bart ist auch nicht zum ersten Mal ab. Die Reparatur wurde allerdings auch nicht besonders professionell ausgeführt.

Eckmann hatte einen Anruf des Ministers bekommen, der ihn bat, das Prunkstück des Museums zu begutachten - am Samstagmorgen konnte er es eine Stunde lang in Augenschein nehmen.

Nach seinen Informationen, die auch nur auf dem beruhen, was ihm die Ägypter berichtet haben, war im August 2014 der Bart - vermutlich ohnehin schon lose - abgefallen, als Mitarbeiter des Museums die Panzerglashaube der Ausstellungsvitrine angehoben hatten. Sie wollten kaputte Lampen austauschen, die das goldene Antlitz des Pharaos in dem schwarzen Raum erstrahlen lassen - und hatten dabei offenbar den empfindlichen Bart berührt.

Die Maske sei dann zur Reparatur in eine der Restaurierungswerkstätten des Museums gebracht worden, so lautet zumindest die offizielle Version. Zunächst habe man wohl versucht, den Bart mit einem anderen Klebstoff, offenbar auf Acryl-Basis, wieder zu befestigen. Nachdem dies nicht gehalten haben, sei dann Epoxidharz verwendet worden. Reste des Klebers lassen sich deutlich erkennen, wenn man die Maske von schräg hinten oder von der Seite betrachtet.

Maske und Bart waren von Anfang an nicht fest verbunden

Eckmann, ein Spezialist für die Restaurierung von Metallobjekten, fügte hinzu, Epoxidharz werde durchaus eingesetzt, sei allerdings unter Restauratoren wegen der Materialeigenschaften seit Jahren stark umstritten.

Der Kleber sei jedoch nicht irreversibel, sondern lasse sich mit mechanischen Methoden oder Lösungsmitteln wieder entfernen, wobei das eine "delikate Operation" werde und er zur ersten Variante tendiere.

Angeblich hatten Mitarbeiter des Museums schon mit einem Spachtel an der Maske herumgeschabt und dabei Kratzer verursacht. Davon hat Eckman allerdings nur einen einzigen erspäht und bei dem müsse erst abgeklärt werden, ob er neu sei oder etwa schon bei der Bergung der Maske entstanden sei.

Um das weitere Vorgehen zu klären, hat der deutsche Restaurator dem Minister vorgeschlagen, ein Wissenschaftlerkomitee einzusetzen. Zunächst müsse man untersuchen, welcher Kleber exakt eingesetzt worden sei - denn Epoxidharz ist nicht gleich Epoxidharz.

Akten zu der Reparatur hat er bislang nicht gesehen; es ist auch unklar, ob diese ordnungsgemäß dokumentiert worden ist. Zudem müsse man versuchen herauszufinden, welcher Klebstoff vor 70 Jahren verwendet wurde - als der Bart erstmals angeklebt wurde.

Ein unbekannter Klebstoff, der 70 Jahre lang hielt

Aufnahmen des Fotografen Harry Burton aus dem Jahr 1922 zeigten, dass der Bart schon nicht fest mit der Maske verbunden war, als Howard Carter das Pharaonen-Grab im Tal der Könige entdeckte; Burton hatte den Sensationsfund damals akribisch dokumentiert.

Der Bart sei dann 1924 "von der Maske separiert" nach Kairo gebracht worden - und diese wurde bis 1941 auch ohne den Bart ausgestellt. Erst 1944 habe man diesen dann mit einem unbekannten Klebstoff fixiert. Und der hatte offenbar nach 70 Jahren seine Hafteigenschaften verloren.

Nun müsse man nach einem geeigneten Material suchen, dass den mit weißem Ton gefüllten und deswegen zwei Kilogramm schweren Bart dauerhaft an der kleinen Auflagefläche am Kinn der elf Kilo schweren Goldmaske fixieren kann, bevorzugt ein löslicher Kleber, sagt Eckmann.

Fürs Erste hofft er, dass die "übertriebene Diskussion" sich wieder legt -und der Bart nach einer fachgerechten Restaurierung mindestens noch einmal 70 Jahre hält.

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